In Dankbarkeit für die Heimat
14.10.10
Michael-Weiß-Gedenkfeier in Marienburg
Die jährliche Michael-Weiß-Gedenkfeier fand am Freitagnachmittag (8. Oktober) statt. Etwa 60 Personen nahmen an der Veranstaltung am Studentendenkmal in Marienburg teil: Vertreter und Mitglieder der Honterus- und der Bartholomäer Kirchengemeinden aus Kronstadt und des hiesigen „Johannes Honterus“-Lyzeums, sowie Gäste aus Nußbach, Reps und sogar Hermannstadt. Auch einige Mitglieder der sehr geschrumpften Kirchengemeinde Marienburg waren anwesend.
Die Burzenländer Blaskapelle eröffnete die Feier unter der musikalischen Leitung von Vasile Glavan. Der Kronstädter Stadtpfarrer und Dechant Christian Plajer schloss all diejenigen in sein Gebet ein, die „an den Folgen böser Machtausübung“ und wegen des „Versagens von Menschen und Nationen“ leiden und betonte die Dankbarkeit dafür, „dass wir Heimat haben.“ Wolfgang Wittstock, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt (DFDKK), begrüßte die Teilnehmer im Namen der Veranstalter und bedankte sich bei denjenigen, die zur Gestaltung der Feier beigetragen hatten. Leider nicht zum ersten Mal hatten Landstreicher das eiserne Gitter durchbrochen und das Denkmal beschädigt, jedoch konnte dieses durch den Einsatz von Helfern für die Feier gereinigt werden. Seitens der politischen Marienburger Gemeinde begrüßte Bürgermeister Sorin Taus die Anwesenden. Er unterstrich seine Bewunderung für die Art und Weise, wie die deutsche Gemeinschaft ihre Helden zu ehren versteht. Gleichzeitig gab er bekannt, dass im September 2011 anlässlich des 800jährigen Burzenland-Jubiläums ein Fest in Marienburg veranstaltet werden soll, zu dem er herzlich einlud.
Eva Hampel-Binder und Petra Antonia Sârb, beide Schülerinnen des Honterus-Lyzeums, lasen auf Deutsch und Rumänisch einen Text, der den historischen Hintergrund der Marienburger Schlacht vom 16. Oktober 1612 erläuterte. Hier hatten der Kronstädter Stadtrichter Michael Weiß, Hunderte von Bürgern Kronstadts und des Burzenlandes sowie Schüler des Honterusgymnasiums ihr Leben gelassen. Die damals politisch sehr bedeutende Stadt Kronstadt trat dem siebenbürgischen Fürsten Gabriel Bathory im Kampf um die Freiheit entgegen. Bathorys Truppen hatten wiederholt die Dörfer des Burzenlandes überfallen und verwüstet. Einen weiteren Winter hätte Kronstadt unter den Bedingungen der Belagerung durch Bathorys Truppen nicht überstanden.
Die Entscheidung, die Michael Weiß traf, den Tyrannen anzugreifen, sollte nicht überraschen, obwohl der Stadtrichter selber drei Jahre vor Marienburg geschrieben hatte: „Wer es gelernt hat, mit Maß zu handeln, der wird’s nicht bereuen“. Auch wenn die Schlacht bei Marienburg verloren ging, konnte Bathory die Stadt nicht einnehmen und wurde kurz danach von seiner eigenen Leibgarde ermordet.
Das 1913 eingeweihte Studentendenkmal in Marienburg wurde 1998 mit Mitteln der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung restauriert und steht heute erneut im Mittelpunkt der jährlichen Gedenkfeiern, die das Kreisforum, die evangelische Stadtpfarrgemeinde und das Honterus-Lyzeum Kronstadt gemeinsam veranstalten. Es erinnert an die „Vorfahren, die in den bald vollen acht Jahrhunderten Burzenländer sächsischer Geschichte in der Heimat oder in der Fremde als Opfer von Terror und Gewaltherrschaft, von Diktatur, Krieg und Deportation ihr Leben lassen mussten,“ hieß es in dem am Freitag vorgelesene Text.
Zwei Kränze seitens des Kreisforums und des Marienburger Bürgermeisteramtes wurden beim Studentendenkmal niedergelegt. Petra Sârb las ein Fragment aus Rainer Maria Rilkes erster Duineser Elegie und die Töne der Blasmusik schlossen die Gedenkfeier ab. Im Marienburger Gemeindesaal ließen die Teilnehmer bei Striezel, Kaffee und Tee den Abend ausklingen.
Christine Chiriac
Foto 1
Dechant Christian Plajer, Bürgermeister Sorin Taus, DFDKK-Vorsitzender Wolfgang Wittstock und die Schülerinnen des Honterus-Lyzeums Eva Binder und Petra Sârb (von links) vor dem Studentendenkmal.
Foto 2
Die Burzenländer Blaskapelle begleitete musikalisch die Zeremonie beim Denkmal.
Fotos: die Verfasserin
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
Aktuell
Karpatenrundschau
13.06.25
Die Konferenzreihe ArhiDebate in Kronstadt
[mehr...]
13.06.25
Kronstädter Musikerinnen (XIII): Klavierlehrerin Adele Honigberger (1887-1970)
[mehr...]