In memoriam Gernot Nussbächer
01.08.25
Gedenktafel am Haus seiner Jugend
Am Donnerstag, den 18. Juli 2025, wurde am Haus in der Burggasse Nr. 126 die Gedenktafel für Gernot Nussbächer angebracht. Die Fassade war schon seit Monaten fertig, es fehlten nur noch die neuen Fenster, das Tor und eben die Gedenktafel für die bedeutenden Bewohner dieses Hauses: Gernot Nussbächer und Friedrich Wilhelm Seraphin.
Die Hälfte der Kosten der gesamten Sanierung wird von der Stiftung für historische Denkmäler getragen deren Geschäftsführerin Kristina Creosteanu ist, die andere Hälfte von den heutigen Eigentümern. In der Karpatenrundschau vom 30. Januar 2025 gibt es einen Artikel darüber, wie diese Stiftung funktioniert. Über Friedrich Wilhelm Seraphin (1861-1909) gibt es einen ausführlichen Beitrag in der Karpatenrundschau vom 2. November 2023, sowie auch ein Bild dieses Hauses vor seiner Renovierung.
Geboren wurde Gernot-Kurt Nussbächer im Haus auf der Burggasse Nr. 120, drei Häuser hinaufzu, am 22. August 1939. Dieses Haus gehörte damals Otto Meschendörfer, Sparkasse-Beamter (1878-1931), ein Cousin unseres Dichters Adolf Meschendörfer und es war die erste gemeinsame Wohnung seiner Eltern. Hier hat er aber weniger als ein Jahr gewohnt. Sein Vater, Kurt Erwin Otto Nussbächer, geboren 1909 bei der Zuckerfabrik Brenndorf, war damals Angestellter der Nivea-Fabrik.
Die Mutter, Era Herta geb. Dieners, geb. 1913 in Kronstadt in der Burggasse 52, im Hause des Lederwarenhändlers Ludwig Miess, war damals Hausfrau. Die erste Frau von Ludwig Miess war Hermine geb. Meschendörfer, die Schwester von Otto Meschendörfer.
1940 bekommt der Vater eine Anstellung in Bukarest bei einer Werbefirma. Dort erlebt die Familie das große Erdbeben vom 9. November 1940 und das war der Grund warum sie Bukarest fluchtartig verlassen haben. Sie finden eine Wohnung in der Dorobanzengasse Nr. 18 (heute Titulescu). Das Haus ist auch heute erkennbar durch eine Inschrift über der Eingangstür “Grüß Gott“. In dieser Wohnung wird am 28. Juli 1941 seine Schwester Ute-Era geboren und am 21. März 1944 sein Bruder Ulf Werner. Der Vater war in dieser Zeit Leiter der Verkaufsabteilung der Schokoladenfabrik Hess auf dem Galgweiher (heute Al. I. Cuza).
Als kurz nach Ulfs Geburt die Nachrichten über bevorstehende Luftangriffe auf Kronstadt immer drohender wurden, wollte die Mutter mit drei kleinen Kindern nicht in der Stadt bleiben, da die Wohnung in der Nähe des Bahnhofes, der Schielfabrik und der Kaserne mit den deutschen Soldaten lag, alles mögliche Ziele für Bombenabwürfe. So übersiedelten sie wahrscheinlich kurz nach den deutschen Ostern 9. April nach Rosenau, wo der Bruder seiner Großmutter Wilhelm Georg Seraphin Pfarrer war und wohnten dort im Evangelischen Pfarrhaus. Seine Frau war eine Tochter des früheren Kronstädter Stadtpfarrers Franz Herfurth. Hier wohnten sie während des Luftangriffs auf Kronstadt am 16. April 1944. Im Herbst 1944 übersiedeln sie zur Großmutter mütterlicherseits Herta Dieners geb. Seraphin in die Burggasse 126.
Vor 1890, als die Häuser in den einzelnen Straßen der ganzen Stadt von 1 bis 615 nummeriert waren, trug dieses Haus die Nummer 274. Es war das Zunfthaus der Kronstädter Wollenweberzunft von deren Mitgliedern zahlreiche in der Burggasse wohnten. Es bestand aus einem längeren Gebäude längs der Straße, daneben führte ein großes Bogentor in den Hof, senkrecht dazu gab es einen kürzeren Trakt, so dass das Haus die Form eines L hatte. Der dazu gehörige Garten umfasste auch den Gartenteil hinter dem Haus heute Nr. 128 und hatte mehr als 2000 qm Oberfläche. Im unteren Teil des Gartens befand sich eine Kegelbahn mit einem Häuschen aus Holz am westlichen Ende. Um das Jahr 1894 kaufte Gernots Urgroßvater der Gymnasial-Professor Friedrich Wilhelm Seraphin (1861-1909) mit Hilfe seines Schwiegervaters, des Kaufmanns Julius Müller dieses Haus und ließ es modernisieren.
In diesem Haus lebte Gernot bis 1964, also gute 20 Jahre, zusammen mit den Eltern, Geschwistern und der Großmutter, als sie in die erste gemeinsame Wohnung mit seiner Frau Ada, Maior Cran?a-Straße 39 am Schlossberg übersiedelten.
Es ist die Wohnung die ihn geprägt hat also Grund genug an diesem Haus eine Gedenktafel anzubringen. Am 21. Juni waren es sieben Jahre seit seinem Tod.
Nachdem seine Mutter 2003 gestorben war haben ihre Erben beschlossen das Haus mit den vielen Mietern zu verkaufen. Gernot hatte für sich eine andere Aufgabe vorgesehen als ein zu großes Haus mit zu vielen geerbten Mietern zu verwalten. Die letzten 40 Jahre seines Lebens wohnte er mit seiner Frau als Mieter der Honterusgemeinde, zuerst im Martinsberger Pfarrhaus und anschließend, bis zu seinem Tod, am Honterushof Nr. 6.
Für diese gelungene Aktion gebührt Dank Frau Kristina Creosteanu die sich sofort für die Idee der Gedenktafel begeistert hat, Herrn Architekt Ovidiu Talos für die Gestaltung der Tafel und Herrn Radu Pescaru für die freundliche Bereitstellung von Gernots Logo, welches bei seiner Firma Foton erstellt wurde.#
Peter Simon
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