Laudatio
26.05.23
Laudatio
Für
Herrn Helmuth Wagner, ehemaliger Schulleiter der Honterus-Schule aus Kronstadt, zu Ehren der Verleihung des Apollonia Hirscher Preises von Seiten des Demokratischen Forums der Deutschen aus Kronstadt
Der Lehrerberuf ist nicht nur ein Beruf, sondern auch eine Berufung, bei der es um normative Fragen, Werte und ethische Entscheidungen geht. Er erfordert nicht nur Wissen und Können, sondern auch Herz und Charakter - nicht nur von den Lernenden, sondern auch und vor allem von den Lehrenden. Diese stehen für etwas, haben eine Haltung, die vorbildgebend ist und auch sein muss.
Der Lehrerberuf ist ein Lebensstil, welcher das ganze Leben beeinflusst. Es ist höchste Zeit, dass der Lehrberuf wieder mehr wertgeschätzt wird. Der am wenigsten wichtige Teil, ist dabei das Gehalt. Viel essenzieller sind öffentliche Anerkennung, ausreichend Freiraum für die Lehrpersonen, weniger Dreinreden der Eltern, dafür vermehrte Solidarisierung untereinander. Lehrer sein ist eine Berufung! Lehrer wie Prof. Wagner finden es einfach als ihre Lebensaufgabe, Kinder auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden zu begleiten, ihnen zu helfen, kritisch denken zu lernen, für gute Noten zu kämpfen und eine selbstständige Persönlichkeit zu werden. Prof. Wagner war als Lehrer nicht nur Wissensvermittler im Klassenraum, sondern auch Motivator, Mutmacher und Regisseur, der die Richtung vorgab. Es ist nicht leicht eine Persönlichkeit in ein paar Sätzen zu beschreiben, aus diesem Grund werde ich versuchen einige der bedeutendsten Meilensteine seiner beruflichen Laufbahn hervorzuheben.
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Gäste,
heute sind wir Zeugen eines außergewöhnlichen Ereignisses, die Verleihung des Apollonia Hirscher Preises an Prof. Helmuth Wagner, langjähriger Direktor der Kronstädter Honterus-Schule, Biologielehrer von hunderten Schülern und tausenden Absolventen. Für einige von uns auch Klassenlehrer und Freund.
Geboren wurde Wagner Helmuth am 28.06.1951 in Kronstadt. Nach dem Besuch der Allgemeinschule Nr.12 in der Mittelgasse und anschließend der deutschen Abteilung am Andrei Saguna Lyzeum, studierte er Biologie, ein Fach welches er über das Rentenalter hinaus unterrichtete. Im Lauf seiner Lehrerkarriere hat er nach 1989 verschiedene Ausbildungen mitgemacht und ein Studium im Bereich Bildungsmanagement in einem weiterführenden Studiengang abgeschlossen. Seine Eltern siedelten 1987 in die Bundesrepublik aus, doch für ihn war der Lehrerberuf eben eine Berufung, so dass er diesen Schritt nicht getan hat. Er stand seinen Schülern immer offen gegenüber, hatte ein Gehör für alle ihre Fragen und Probleme und die waren im Lauf der Zeit nicht wenige. Durch seine offene aber bestimmte Art behandelte er sie kollegial auch außerhalb des offiziellen Schulrahmens. Stets zur Seite stand ihm seine Gattin Elena, die jahrelang als Chefassistentin der chirurgischen Abteilung des Kronstädter Kreiskrankenhauses einen wichtigen Beruf ausübte, der auch für sie eine Berufung war.
Das Johannes-Honterus-Lyzeum, für viele von uns, unsere Honterusschule, setzt eine Jahrhunderte alte Tradition der humanistischen Schulausbildung fort. Es reicht, dass seit dem Jahr 2000 unter direkter Anleitung von Schulleiter Wagner herausgegebene Jahrbuch der Schule zur Hand zu nehmen, um einen Einblick in die Geschichte der Schule zu erhalten. Der erste Rektor der Honterus-Schule hieß auch Wagner. Valentin Wagner leitete die Schule 1544. Als Schulleiter und Dank seiner Ausbildung, war Prof. Wagner auch Mitglied der Schulkommission des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, wo er mit Rat und Tat den Unterricht in den Schulen unserer Minderheit unterstützte und zu verbessern versuchte.
Ab 2002 besetzte er den Posten des Schulleiters. Zu der Zeit wurde der Unterricht in der Honterus-Schule sowohl vormittags als auch nachmittags wegen Platzmangel abgehalten. Sein größter Wunsch war, dass alle 1200 Schüler der Schule nur noch vormittags Unterricht haben sollen. Dieser Wunsch ging im Schuljahr 2010/2011 in Erfüllung, als die evangelische Kirchengemeinde A.B. aus Kronstadt, die Gebäude der ehemaligen Sportschule rückerstattet bekam und sie der Honterus-Schule zur Verfügung stellte. Auf diese Weise konnte die Qualität des Unterrichts gesteigert werden, was der Schule einen noch besseren Ruf sicherte.
Als langjähriger, qualifizierter Schulleiter war Prof. Wagner stets achtsam, dass die außerschulischen Tätigkeiten und Veranstaltungen nicht zu kurz kamen oder gar in Vergessenheit gerieten. Bei jeder offiziellen Eröffnung eines Schuljahres, welche im Honterus-Hof stattfand, konnte er seine Freude zum Ausdruck bringen, wenn er die neuen aber auch die alten Schüler in der Menschenmenge ausmachte. Auf die Eröffnung folgte der traditionelle Kückenball im Herbst, dann die Gedenkfeier von Marienburg, wo im Jahre 1612 der Kronstädter Stadtrichter Michael Weiss und an seiner Seite damalige Gymnasiasten der Schule gefallen sind. Es folgten der Weihnachtsbasar der Schule, sowie die Weihnachtsveranstaltungen mit Schülern und Lehrern, aber auch mit dem Elternbeirat in der Aula der Schule. Der Schipokal in den Winterferien, die Faschingsfeiern, der Osterbasar und im Juni das traditionelle Honterus-Fest in der Schulerau rundeten das Schuljahr ab. Mit der Abiturprüfung und den Abschlussfeiern wurde das Schuljahr beendet. Nicht zur vergessen seien hier die Schüleraustausche mit Schulen aus Deutschland, jene aus Geretsried, Bretten und Ulm.
Ich persönlich erlebte Herrn Professor Wagner zuerst als jungen Biologielehrer in der 7. Klasse, dann im Lyzeum als Klassenlehrer, den ich bis heute verehre. Er lehrte uns selbstbewusst aufzutreten, für unsere Fehler geradezustehen und erlaubte auch Spaß in den Grenzen des Möglichen. Nicht zu vergessen sind die Klassenstunden, in denen alle möglichen Themen besprochen werden konnten. Er hatte eine besondere Art Respekt zu vermitteln, welcher unter seinen Schülern bis heute noch anhält. Das Wichtigste muss jedoch hier gesagt werden. In seinen Stunden wurde ausschließlich Deutsch gesprochen, was heute leider in dieser Schule nicht selbstverständlich ist, wegen des Lehrermangels und den vielen Lehrern aus dem Umfeld.
Prof. Helmuth Wagner gab seinen Schülern und insbesondere den Absolventen immer wieder gute Ratschläge für die Zukunft und den weiteren Lebensweg. Beim Schulabschluss pflegte er zu sagen: „Ich hoffe, sehr geehrte Abiturientinnen und Abiturienten, dass die Schule euch gelehrt hat, Verantwortung für euch und für die Gemeinschaft zu übernehmen, dass man Verantwortung nicht einfach abgibt, sondern verantwortlich auch mit der Demokratie umgeht“.
Diese ehrwürdige Schule, in welcher er mehr als 25 Jahre lehrte, prägte sein Leben als Lehrer und Mensch, wofür wir ihm nun heute, die wohlverdiente Auszeichnung aushändigen.
Sehr geehrter Herr Professor, vielen Dank für Ihre Tätigkeit!
Klaus Sifft
Helmuth Wagner (rechts) bei der Apollonia-Hirscher-Preisverleihung zusammen mit zwei weiteren Preisträger: Ingeborg Acker (für 2021) und Eckhart Schlandt (für 2001). Foto: Elise Wilk
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