Loyalität gegenüber Monarchie und Vaterland
12.05.11
Die Beziehungen zwischen Michael I (1940-1947) und den Deutschen Rumäniens (II) / Von Michael Kroner
Einen ähnlichen Appell veröffentlichte Hans Ersch in den „Neuesten Nachrichten“ Temeswar am 5. September.
Es folgten weitere Aufrufe an die deutsche Bevölkerung und Bittschriften an die Regierung und den König, um die Lage der Deutschen zu klären und zu stabilisieren, wobei immer wieder ihre Loyalität bekräftigt wurde. Bischof Glondys schloss seinen Hirtenbrief vom 9. November 1944 an alle Gemeinden der evangelischen Landeskirche mit den Worten: „Unsere Losung hat zu lauten: Treu dem Evangelium und im Geiste des Evangeliums treu dem Staate unter Bewahrung unserer angestammten Volksart.“
Die Lage der Deutschen verschlimmerte sich jedoch, im September 1944 wurden die „Volksgemeinschaft“-Organisation und das Erscheinen des „Siebenbürgisch-Deutschen Tageblattes“ verboten. Die deutsche Minderheit hatte nun keine anerkannte politische Vertretung. Linksgerichtete rumänische Parteien und deren Zeitungen forderten sogar ihre Internierung und Vertreibung bzw. Ausweisung.
Angesichts der allgemeinen antideutschen Hysterie arbeitete Bischof Glondys mit H. O. Roth und dem Hermannstädter Stadtpfarrer Müller ein Memorandum an den König aus, das Hofmarschall Mircea Ioanitiu am 27. November entgegen nahm. Darin wurde die pauschale Beschuldigung, alle Deutschen des Landes seien illoyale Staatsbürger und Kollaborateure Deutschlands gewesen, widerlegt und unter anderem darauf hingewiesen, dass die wehrfähigen rumäniendeutschen Männer zur Einreihung in „fremden Waffendienst“ mit Genehmigung der rumänischen Regierung gezwungen worden seien. Das Memorandum wies ferner auf die verschiedenen Verfolgungsmaßnahmen hin, denen die Deutschen ausgesetzt waren und sprach die Bitte aus, den deutschen Vertretern die Möglichkeit zu geben, mit Regierungsstellen zu verhandeln, um diesen ihre Situation darstellen zu können. Der Hofmarschall zeigte sich verständnisvoll und versprach, die Bittschrift schon am nächsten Tag König Michael I. zu überreichen. Hoffnungsvoll notierte Glondys in sein Tagebuch: „Wenn die Aussagen des Hofmarschalls erfüllt werden, dürfen wir von einem vollen Erfolg des Memorandums sprechen. Roth hat sehr fleißig an der Bekanntgabe der wahren Haltung der Sachsen und Schwaben gearbeitet.“
Es tat sich jedoch nichts, da der König, auch wenn er es gewollt hätte, nicht über so viel Macht verfügte, um den Deutschen Rumäniens den verfassungsrechtlichen Schutz zu gewähren, wie Hofmarschall Ioanitiu versichert hatte. Mehr noch, weder die Regierung noch der König konnte die von den Sowjets angeordnete Deportation der arbeitsfähigen rumäniendeutschen Frauen und Männer zu Zwangsarbeit in die Sowjetunion im Januar 1945 verhindern. König Michael hat nach 1990 in Interviews erklärt, dass er und seine Mutter wie auch die Regierung damals alles unternommen haben, um die Deportation zu verhindern. Es hätten aber nur einige wenige Personen befreit werden können, da die Sowjets, die das Land besetzt hatten, von ihren Forderungen nicht abließen. Am 14. Januar 1945, als die Aushebungen bereits erfolgt waren, richtete Michael I. ein Memorandum an den Präsidenten der USA Franklin D. Roosevelt, in dem er gegen die Deportation der Rumäniendeutschen protestierte, wobei er darauf hinwies, dass die betroffenen Personen rumänische Staatsbürger seien, dass durch ihre Verschleppung die Wirtschaft des Landes gestört werde, dass diese Maßnahme gegen die Bestimmungen des mit den Alliierten abgeschlossenen Waffenstillstandsvertrages verstoße. Der amerikanische Präsident hat auf das Memorandum nicht geantwortet. Der US-Außenminister Edward Reilly Stettinius soll ihm geraten haben, angesichts der guten sowjetisch-amerikanischen Beziehungen es vorzuziehen, auf das Memorandum des rumänischen Monarchen nicht zu antworten.
Friedrich Müller sandte nach seiner Wahl zum Bischof (29. April 1945) und seiner Bestätigung durch den König (31. Mai) ein Rundschreiben an alle Pfarrämter, in dem er die sächsischen Gläubigen wieder an ihre Loyalität gegenüber der Obrigkeit erinnerte. „So wollen wir in Treue zu König und Vaterland die Haltung wieder suchen und finden, die Gott an unseren Vorfahren segnete und in unseren Kirchenburgen sinnbildliche Gestalt gewinnen ließ“.
In den folgenden Monaten und Jahren wurden seitens der katholischen und evangelischen Kirche verschiedene Vorstöße zur Rückführung der Deportierten aus der Sowjetunion unternommen. Dabei wurden auch dem König Bittschriften übergeben. Ende September oder Anfang Oktober 1945 überreichte der neugewählte Bischof Müller dem König eine Petition, die „sehr gnädig“ entgegen genommen wurde. Am 22. Juni 1946 übergab Friedrich Müller anlässlich einer Audienz bei Ministerpräsident Petru Groza und danach bei Seiner Majestät Michael I. dem König ein weiteres Memorandum mit Unterschriften von über 500 Angehörigen „Rußlanddeportierter“ aus dem Banat und Siebenbürgen. Am 6. Februar 1947 ersuchte Bischof Pacha in einer Audienz bei Ministerpräsident Groza, die Heimkehr der nach Russland Verschleppten zu erwirken sowie die geplante Zwangsumsiedlung schwäbischer Bauern zu stoppen.
Ob solche Bittschriften an die Sowjets weitergeleitet wurden, ist fraglich. Bewirkt haben sie nichts. Die sowjetische Regierung hat sich nicht beeinflussen lassen. Groza war zwar immer sehr entgegenkommend und höflich, ob auch ehrlich, bleibe dahingestellt. König Michael hatte in dem mittlerweile von den Kommunisten beherrschten Rumänien keine Macht, schon gar nicht gegenüber den Sowjets. Er selbst wurde am 30. Dezember 1947 zur Abdankung gezwungen und musste das Land verlassen. Alle Angehörigen der Königsfamilie wurden 1948 ausgewiesen.
Auf die weiteren Verfolgungsmaßnahmen gegen die Rumäniendeutschen in den Nachkriegsjahren gehen wir nicht mehr ein. Diese und die kommunistische Diktatur, gepaart mit einer nationalistischen Assimilierungspolitik, haben ihre Loyalität gegenüber dem rumänischen Staat in solchen Maße erschüttert, dass sie ihre ethnische Rettung in der Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland sahen.
Zu der Frage, ob die Loyalität der deutschen Minderheit in den Jahren 1918 bis 1947 im Zusammenhang mit der deutschen Hohenzollern-Dynastie stand, glaube ich, dass meine Darstellung erwiesen hat, dass ihre Treue zu König und Vaterland auf einer Doppelloyalität beruhte, die zumindest seit Mitte des 19. Jahrhunderts die sächsische Politik bestimmte. Für diesem Grundsatz hatte Stephan Ludwig Roth eine griffige Formulierung gefunden: „Wir wollen sein und bleiben, was wir immer gewesen sind, ein ehrliches deutsches Volk und ehrliche Bürger desjenigen Staates, dem wir angehören. Eines verträgt sich sehr gut mit dem anderen: ja eines ist nur möglich mit dem andern.“ Die Königs- und Staatstreue der deutschen Minderheit ist somit durch die Anerkennung ihrer ethnischen Eigenart bestimmt worden. Die deutsche Abstammung der Hohenzollern-Dynastie hat ihre Anhänglichkeit bestenfalls gestärkt. Vor allem bei König Ferdinand fanden die Deutschen viel Verständnis und Zuneigung, aber auch Karl II. hat den Deutschen das Recht anerkannt, ihre ethnische Eigenart zu wahren und zu pflegen, und bei Michael I. suchten sie nach dem Umsturz vom 23. August 1944 Schutz gegen Verfolgungen und die Deportation in die Sowjetunion.
(Schluss)
Heute verbringt Mihai, der letzte König Rumäniens, zusammen mit Königin Ana, die meiste Zeit des Jahres in der alten Heimat.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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