„Man zielt auf auf gesunde und fachgerecht restaurierte Häuser”
31.01.25
Interview mit Kristina Creosteanu, Geschäftsführerin der Stiftung für historische Denkmäler
Als 2012 auf der Langgasse ein großer Teil einer Fassade auf Passanten fiel, wurde wieder die Idee aktuell, dass man einen Manager mit der Betreuung der unter Denkmalschutz befindlichen Fassaden in der historischen Stadt beauftragen sollte.
Allerdings brauchte die Initiative relativ lange bis zur Verwirklichung. Schließlich ist
im Jahr 2021 die „Die Stiftung der Historischen Denkmäler“ entstanden.
Über die Leistungen und Pläne der Stiftung sprach die Geschäftsführerin Kristina Creosteanu mit der KR-Redakteurin Cristina Ciubotaru.
Frau Creosteanu, wie entstand die Stiftung der historischen Denkmäler?
Seit 2001 gab es den Verein AIDC (Zusammen für Gemeinschaftsentwicklung), eine NGO, mit der wir auch die bürgerlichen Straßenvereine gründeten. Ein Pilotprojekt des Vereins in Zusammenarbeit mit dem Bürgermeisteramt war die Ausarbeitung öffentlicher Richtlinien anhand des Gesetzts 166/2016, das die Sanierung von Gebäudehüllen mit Mitteln aus dem lokalen Haushalt vorsieht. Es startete 2018 und dauerte zwei Jahre. Damals fingen wir mit drei Fassaden an. Im Jahr 2020, mit dem Mandat des Bürgermeisters Allen Coliban, entschied man die Gründung der Stiftung der historischen Denkmäler, die die Aktivität von AIDC weiterführt. Die Aktivität unserer Stiftung begann 2021.
In der Innenstadt gibt es 625 Immobilien. Zur Zeit gibt es in Kronstadt über 100 Häuser, die in verschiedenen Stadien der Projektdurchführung sind. Es wurden viele schriftliche Benachrichtigungen an die Eigentümer mit beschädigten Gebäudehüllen verschickt und Beratungen mit ihnen organisiert.
Für die 12 Immobilien, die man sich nur für 2024 vorgenommen hat, finanzierte die Stadt über 6 Millionen Lei – wobei Restauration der Gebäudehüllen die Außenbauteile eines Gebäudes (Fassade, Türen und Dach) beanspruchen. In der Vorjahren wurden durch Finanzierung noch andere 13 Gebäude restauriert.
Wie funktioniert die Stiftung?
Die Stiftung entstand nach dem Modell aus Großwardein. Sie wird von einem Vorstand geleitet, der aus drei Mitgliedern des Stadtrats besteht. Man arbeitet mit Vertretern von Institutionen und Organisationen zusammen, die über Verantwortung und Fachwissen im Bereich Denkmal verfügen. Wir werden auch zu verschiedenen Diskussionen eingeladen, z.B. die Ausarbeitung der Stadtplanung und auch in Angelegenheiten um die Gesetzgebung des Kulturerbes.
Wir behalten den Statut eines NGOs, die von einer öffentlichen Behörde gegründet wurde: unsere Löhne, die Verwaltungsgelder für unser Büro wie auch Summen für Broschüren, für externalisierte Dienstleistungen (Banner auf die Gerüste oder z.B. die Gedenktafel an Gernot Nussbächer, die wir zusammen mit dem Deutschen Forum auf dem Haus in der Burggasse anbringen wollen) kommen vom Stadtrat. Vertraglich mit dem Stadtrat ist z.B. geregelt, dass wir die Basteien und Wehrtürme der Stadt periodisch monitorisieren oder dass wir für bestimmte Immobilien die Vermittlung zu Studien ermöglichen.
Wir dürfen auch selbst Initiative ergreifen – und das haben wir z.B. mit dem Projekt zum Schutz der Art Nouveau Häuser - das sich ab 2023 abwickelt und das den etwa 9-12 Häusern in diesem Stil besondere Aufmerksamkeit sichern will.
Wie setzen Sie das Gesetz 166/2016 konkret um?
Erstens muss gesagt werden: wenn es um Arbeiten geht, die nichts am Aussehen ändern, aber die Struktur des Hauses angehen, kann man mit diesem Gesetz nicht vorgehen – man muss klassisch laut Gesetz 50/1991 vorgehen.
Wir haben die Stadt auf Zonen eingeteilt. Es gibt Gebäude die selbst Denkmäler sind und andere, die sich in denkmalgeschützten Zonen befinden.
Jährlich sehen wir im Haushalt eine Summe für diese Arbeiten vor. Sie wurde bis jetzt nie überschritten, so dass man nie Zuschuss verlangen musste. Wir haben für nächstes Jahr z.B schon Kostenberechnungen die bereitstehen, deshalb ist es uns leichter einzuschätzen. Für 2025 verlangen wir z.B. 9.870.000,00 Millionen Lei.
Nehmen wir an, es gibt auf einer Straße 66 Gebäude und davon sind nach der Monitorisierung 12 als dringend sanierungsbedürftig eingestuf. Wir verständigen
die Eigentümer aller Häuser schriftlich, dass sie 12 Monate zur Verfügung haben, das Projekt zu starten und dass wir sie gerne unterstützen. Sie sind somit verpflichtet zu agieren.
Die andere Variante ist, dass die Bewohner selbst die Finanzierung beantragen. Sie müssen dabei die gleichen Regelungen und Schritte einhalten.
Wenn die Bewohner nicht innerhalb von 12 Monaten ein Projekt einleiten, dürfen sie für weitere 6 Monate verlängern. Allerdings gibt es Fälle, wo sie nicht reagiert haben.
In diesem Fall bestimmt die Reglung, dass unsere Stiftung die Polizei verständigt und Strafgelder eingeholt werden müssen. Was die Polizei bis jetzt aber, trotz unsrer Verständigungen, nicht umgesetzt hat.
Welches sind die Ermäßigungen und Begünstigungen, die diese Prozedur mitbringt?
Es gibt prozedurale und finanzielle Begünstigungen, die vorsehen, dass nötige Dokumente ohne Entgelt und schneller bzw. ohne Vorlage anderer Dokumentationen eingeholt werden können . Die Mitfinanzierung selbst reicht bis zu 50% der Kosten des Wertes zu dem die Arbeiten geschätzt wurden. Auch werden Familien mit finanziellen Problemen unterstützt. Die Übertragung des Anteils an die Staatliche Bauinspektion fällt auch aus. Den Bewohnern werden fünf Jahre lang nach Beendung der Arbeiten keine Steuern angefordert.
Wo allerdings die juristische Situation der Immobilie unklar ist, können wir nicht eingreifen. Vor Gericht dürfen wir also nicht im Namen des Stadtrates handeln, sondern nur die Besitzer beraten, damit sie selbst die rechtliche Lage klären.
Rechtliche Probleme gibt es zum Beispiel wenn nicht alle Besitzer mitmachen wollen oder nicht alle im Grundbuch eingetragen sind.
Welches sind die wichtigsten Schritte einer Finanzierung?
Wir stellen den Bewohnern die nötigen Dokumente und strukturierte Erklärungen zur Verfügung und sie müssen entscheiden, ob sie Finanzierung durch das Gesetz 166/2016 beantragen, oder die Arbeiten selbstständig durchführen.
Wenn sie Finanzirung beantragen, müssen sie laut Prozedur vor dem Notar einen Stellvertreter wählen, die Einwilligung zur Berechnung der Quoten laut Grundbuch geben und ein Konto bei einer Bank eröffnen.
Die Schätzung der Arbeiten entsteht anhand der Feststellungen eines Strukturisten und anhand der daraus ergehenden Arbeiten, die ein Architekt plant und von der Denkmalbehörde und dem Stadtarchitekten des Bürgermeisteramts genehmigen lässt.
Ausgehend von den nötigen Arbeiten sprechen die Bewohner Baufirmen an und wählen eine Firma aus, mit der sie einen Vertrag unterzeichnen.
Der Architekt muss bestätigen, dass die Quantitäten und die Qualität der Bumaterialien für die Arbeiten stimmen. Wir prüfen dann, ob die Preise stimmen.
In der ersten Phase müssen die Bewohner ein Viertel der Summe aus dem Kostenvorschlag
in dieses gemeinsame Konto überwiesen. Die Dokumentation wird unserem Vorstand vorgestellt und dann, anhand eines Stadtratsbeschlusses, wird ein Vertrag unterzeichnet. Danach überweist der Stadt auch 25 % der Summe. Nach Abrechnung dieser Summen werden die weiteren 50% von beiden Seiten eingebracht. Der Abschluß der Arbeiten wird durch ein Protokoll festgehalten, anhand dessen die Bewohner die versprochenen Steuerbegünstigungen beantragen.
Was muss bei der Renovierung mit Finanzierung beachtet werden?
Wichtig ist, dass die rechtliche Lage des Hauses stimmt, dass alle Beteiligten einstimmig handeln. Wo die Stadt durch RIAL ebenfalls Anteile besitzt, verhält sie sich wie ein normaler Besitzer und zahlt ihren Anteil laut Grundbuchaufteilung.
Auch muss beachtet werden, dass die Firma, die die Arbeiten durchführt, autorisiert ist und Garantie der Arbeiten bietet.
Wenn aber etwas in den Abrechnungen der Baufirma nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt, wird nicht bezahlt. Wenn Arbeiten durchgeführt werden, die dem Projekt nicht entsprechen, muss die Baufirma auf eigene Kosten für Wiedergutmachung sorgen.
Auf die Dauer der Arbeit muss ein Bauleiter, der für Monumente beglaubigt ist, angestellt werden, der alles verfolgt. Es müssen auch alle Normen zum Arbeits- und Brandschutz befolgt werden.
Nicht alle Kosten sind förderfähig. Nicht alle Arbeiten und Werkstoffe (z.B. PVC für Fenster) sind erlaubt, darauf muss man achten wenn man die Fachkräfte auswählt. Die Sanierung der Monumente ist in vielen Hinsichten anders als im Falle von Neubauten.
Nichts muss an der Struktur der Immobilie geändert werden, außer man macht nicht historisch gerechte Einsätzte wieder rückgängig.
Man zielt auf ein einheitliches Bild der Straßen, auf gesunde und fachgerecht restaurierte Häuser und eben nicht darauf ab, den Geschmack der Besitzer auszudrücken. Wichtig ist die Tatsache, dass nach den Arbeiten der Wert des Hauses stark zunimmt.
Gibt es besondere Projekte, an die sie sich erinnern?
Das schwierigste Projekt bisher war das Haus auf der Michael Weiss-Gasse nr 35, weil die Dokumentation ständig angepasst werden musste und weil es Diskussionen zur Qualität der Arbeiten gab. Das teuerste Projekt war bisher das Gebäude des Kunstmuseums am Rudolfsring, weil unglaublich viele Details an der Fassade sind. Das Haus mit der absurdesten Abwicklung war am Rossmarkt nr 7, wo man über die Farbe des Hauses nicht entscheiden konnte.
Prestigehaus ist das Hirscher-Haus am Kronstädter Alten Marktplatz, besonders bekannt in den Jahren, als es als Restaurant Karpatenhirsch (Cerbul Carpatin) Touristen aus dem In- und Ausland anlockte.
Das schnellste Projekt - es dauerte nur einen Monat – war das Haus auf der Johannisgasse Nr 10. Ungelungen ist das Projekt für das Tartler-Haus auf der Waisenhausgasse, weil die Behörde für Notsituationen die Anwendung als Schulgebäude nicht befürworten kann und somit das Projekt ins Stocken geraten ist.
Eines meiner Schmerzpunkte – das aber kein Haus ist - ist das Schnurgässchen, dass immer noch ständig bekrizelt ist und wo die Touristen die Bewohner ständig stören. Man kann Grafitti in einem historischen Stadtzentrum nicht akzeptieren und Vandalismus muss laut Gesetz bestraft werden. Das Projekt, diese Straße als Monument einzustufen, liegt immer noch auf dem Tisch der Denkmalbehörde in Bukarest. Gelungen finde ich aber alle Projekte, die wir beenden konnten.
Was muss ich als Bürger im Bereich Denkmalschutz wissen?
Du musst zwei Websites kennen: brasovcity.ro. und fmibv.ro. Du musst praktisch wissen, wo du suchen sollst.
Frau Creosteanu, vielen Dank für das Gespräch!
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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