„Metamorphosen“
19.04.24
27. Auflage der Internationalen Tagung Kronstädter Germanistik
Die bereits zur Tradition gewordene Internationale Tagung Kronstädter Germanistik erreichte ihre 27. Auflage in diesem Jahr. Die Veranstaltung wurde vom 4. bis 6. April 2024 in der Aula Sergiu T. Chiriacescu der Transilvania-Universität unter dem Motto „Metamorphosen – Paradigmen des Wandels in Kultur, Literatur und Sprache" abgehalten und beschäftigte sich mit der Vielschichtigkeit der Metamorphosen aus kultur-, literatur-, sprach-, übersetzungswissenschaftlicher und didaktischer Perspektive. 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und aus In- und Ausland nahmen mit Beiträgen teil. Hinzu kamen Studierende der Transilvania-Universität sowie Freunde der Veranstaltung.
Die Konferenz begann am Freitag, den 5. April um 9.00 Uhr mit einer musikalischen Darbietung von zwei Studierenden der Musikfakultät, Julia Ferencz und Emanuel Bojor. Anschließend richteten der Dekan der Philologischen Fakultät, Doz. Dr. Adrian Lacatus, der Unterstaatssekretär Thomas Sindilariu sowie die Tagungsveranstalterin Doz. Dr. Delia Cotârlea Grußworte an die Gäste.
Im Rahmen des Mottos eröffnete Dr. Szabolcs János (Großwardein) die erste Plenarsektion mit einem Vortrag über Inszenierungen von Cabaret Kafka, wobei der Schwerpunkt auf die Metamorphosen von Kafkas Texten im performativen und postmodernen Modus gelegt wurde. In derselben Vormittagssektion zeigte Dr. Mihai Crudu (Suczawa und Bukarest) das linguistische Potenzial der Affixe met(a) und morph(o) auf und untersuchte die Verwandlungen, die sich im Wort Metamorphosen verbergen. Dr. Gáll Kinga aus Temeswar widmete sich den Tieren in Pflanzennamen und gleichzeitig ihren sprachlichen Veränderungen.
Die Verbindung zwischen Kafka und dem musikalischen Minimalismus des 20. und 21. Jahrhunderts, Gegenstand des Vortrages von Dr. Elekes Robert (Kronstadt), weckte das Interesse des Publikums. Einen didaktischen Einblick in das Rahmenthema bot Dr. Ioana Diaconu (Kronstadt) mit ihrem Vortrag Kafka in Cartoons und Comics. Der Vormittag endete mit dem Vortrag von Dr. Bianca Bican (Klausenburg) über Fragen und Metamorphosen der Autorschaft in postmoderner Literatur am Beispiel des Textes Das Ende des Romans: Eine Novelle des deutschen Schriftstellers Michael Krüger.
Am Nachmittag fanden die Vorträge in Parallelsektionen statt. In der Sektion Literatur- und Kulturwissenschaft untersuchte Dr. Stefan Lindinger (Athen) den Roman Georg Brittings Lebenslauf eines dicken Mannes, der Hamlet hieß, indem die (Ver)Wandlungen der Hamlet-Figur sowie des Hamlet-Motivs nachgezeichnet wurdem. Dr. Ana Karlstedt (Bukarest) sprach über den Roman Alfred Andersch‘ Die Rote und erörterte fremde italienische Rituale und deren Metamorphose. Dr. Eszter Janos (Großwardein) untersuchte den Wandel der sozialen Stellung der Frau anhand der Temeswarer Zeitung in den Jahren 1871-1882 und zeigte interessante Tendenzen in der Mentalität jener Zeit auf.
Anschließend berichtete Dr. Delia Cotârlea (Kronstadt) über Grenzerfahrungen und Transformation in Narrativen der Bergerfahrung, indem sie gängige psychologische und soziologische Modelle der Bergsubjektivierung in Mihail Sebastians Roman Der Unfall analysierte. Dr. Claudia Serbu-Spiridon (Kronstadt) argumentierte für und gegen den Einsatz digitaler Tools zur funktionalen Analyse literarischer Räume und stellte Teilergebnisse eines Forschungsprojektes vor, das sie gerade an der Transilvania-Universität leitet.
Die Nachmittagssektion Sprachwissenschaft umfasste drei Vorträge. Dr. Doris Sava (Hermannstadt) untersuchte in einem spannenden Vortrag das Horoskop als Textsorte des Infotainments aus sprachwissenschaftlicher Sicht, Dr. Maria Muscan (Konstanza) deutete Sprachwandlungen anhand der Muttersprache und der Fremdsprachen der Dobrudscha-Deutschen, Dr. Ileana Ratcu (Bukarest) erkundete beliebteste siebenbürgisch-sächsische Taufnamen im 16. Jahrhundert am Beispiel von Bistritzer, Hermannstädter und Kronstädter Teilungsprotokollen.
Ein Höhepunkt der Tagung war die literarisch-musikalische Performance des Ensembles KABARETT KAKTUS Mozart begegnet Kabarett Kaktus, die am Freitagabend im Apollonia Kulturzentrum stattfand. Das innovative und unterhaltsame Programm bot eine weitere metamorphische Perspektivierung von Mozarts Werken mit kabarettistischen Elementen.
Am Samstagvormittag fanden erneut zwei Parallelsektionen statt. In der ersten Sektion wurden vielfältige, größtenteils auf das Rahmenthema bezogene Schwerpunkte besprochen. Dr. Elena Ginghina (Hermannstadt) Hermannstadt besprach die Schlagzeilen zum Beitritt Rumäniens in den Schengenraum nach der Aufhebung des österreichischen Vetos, um sprachliche Machtspiele zu offenbaren. Dr. Adina-Lucia Nistor aus Jassy lieferte eine interessante Untersuchung zu den Namen Kloos, Klusch, Laas, Niels, Nietsch und ihrer Verbindung zum Rufnamen Nikolaus, während Dr. Andrea Bánffi-Benedek aus Großwardein über einen weniger bekannten Aspekt von Paul Celans Übersetzungspraxis referierte, nämlich die Übertragung von Kriminalromanen. Die Sektion wurde von zwei Beiträgen im Bereich der Didaktik bereichert. Dr. Cecilia Vârlan aus Konstanza beschäftigte sich mit Wandlungsprozessen der Lektüre, indem sie für den Umstieg auf einen multimodalen Literaturunterricht plädierte. Dr. Hermine Fierbin]eanu (Bukarest) hingegen, wandte sich sprachwissenschaftlichen und stilistischen Aspekten zu und berichtete über Methoden und Techniken der Metaphern-Bewusstmachung im DaF-Unterricht anhand von Unterrichtsszenarien.
Die zweite Sektion von Samstag richtete sich an Doktoranden. Unter der Moderation von Dr. Robert Elekes (Kronstadt) stellten fünf Doktorandinnen ihre Promotionsprojekte und die dazu gehörenden Forschungen vor. Kabai-Kiss Yvette (Klausenburg) erörterte mögliche Bezüge zwischen Heimwehlosigkeit und Wurzellosigkeit, Orsolya Tóth (Großwardein) besprach das Siebenbürgen-Bild und dessen Wandel in der Rezeption der siebenbürgischen Minderheitenliteraturen im deutschsprachigen Raum. Zwei weitere Projekte bezogen sich auf sprachwissenschaftliche Forschungsschwerpunkte: Strugaru Alina (Konstanza) untermauerte die Bedeutung von Chunks in deutschen und englischen wissenschaftlichen Texten und Iliescu Maria (Bukarest) widmete sich dem Niederdeutschen im Spannungsfeld von Untergang und Beständigkeit. Nicht zuletzt bot ?erb Sofia (Hermannstadt) eine pragmalinguistische Perspektive auf den Bereich der Werbung, denn sie untersuchte die Sprache in der Werbung für die Autoindustrie am Fallbeispiel PORSCHE. Die Tagung endete am Samstagmittag mit einer Auswertung und einem fröhlichen gemeinsamen Mittagessen.
Die Vielschichtigkeit des Wandels mag mittlerweile ein Gemeinplatz sein. Die fachlichen Auseinandersetzungen und der interdisziplinäre Dialog mit und zu diesem Thema haben jedoch zu einem vertieften Verständnis von Metamorphosen geführt. Die zahlreichen untersuchten Prozesse der (Ver)Wandlungen aus kultur-, literatur- und sprachwissenschaftlicher sowie translatorischer und didaktischer Sicht haben gezeigt, dass Metamorphosen durch Reflexion und Innovation Paradigmen des Wandels schaffen, die auf Perspektivenwechsel sowie -erneuerung beruhen und immer wieder beweisen, dass Veränderung fester Bestandteil individueller wie kollektiver menschlicher Erfahrung ist.
Ein besonderer Dank gebührt den Förderern der Veranstaltung: dem Department für interethnische Beziehungen, der Donauschwäbische Kulturstiftung des Landes Baden-Württemberg, der Michael Schmidt Stiftung, dem Unternehmen Selgros Cash & Carry und dem Apollonia Kulturzentrum.
Stefan Nastac, Student im I. Jahr des Masterstudienganges Interkulturelle Studien zur deutschen Sprache und Literatur, Transilvania-Universität, Kronstadt
Dongni Chen, Gast-Tutorin im Rahmen der Germanistischen Institutspartnerschaft zwischen der Universität Heidelberg und den Univerität Bukarest, Ovidius-Universität Konstanza, Transilvania-Universität Brasov, Universität Craiova, Universität Suczawa
Unter der Leitung von Doz. Dr. Delia Cotârlea, Transilvania-Universität Kronstadt
Foto: Die Internationale Germanistiktagung erreichte ihre 27. Auflage
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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