Minderheitenschutz
02.12.10
Ein Grundpfeiler der Demokratie
Der liberale Abgeordnete des Kreises Muresch, Ciprian Dobre, hat kürzlich gefordert, dass die Fraktion der Minderheiten im Bukarester Parlament aufgelöst werden müsse. Sein Vorschlag hat wohl keine Chance, ist aber kennzeichnend für das, was in manchen Köpfen vorgeht. Dass Minderheitenschutz zur Demokratie gehört und Teil des Völkerrechts ist, hat man wohl noch nicht gehört. Daher lohnt sich einmal ein Blick in den deutsch-dänischen Grenzraum.
Nach dem Ende des ersten Weltkriegs wurde im Versailler Vertrag eine Volksabstimmung für Teile Schleswigs festgelegt. In Nordschleswig votierten 25 Prozent der Stimmberechtigten für Deutschland und 75 Prozent für Dänemark. In Mittelschleswig 80 Prozent für Deutschland und 20 Prozent für Dänemark. Dies führte dazu, dass wir heute in Dänemark eine deutsche Minderheit haben, die „Nordschleswiger" und in Deutschland eine dänische Minderheit, die „Südschleswiger". Beide Minderheiten haben ein reges kulturelles Leben mit Kindergärten, Schulen, Bibliotheken usw. selbst wenn es heute, in Zeiten der fast nicht mehr vorhandenen Grenzen, leicht ist, die „andere Seite" zu erreichen. Im Flensburger Stadtbild sieht man schon einmal Schilder wie „Dansk Skoleforening for Sydslesvig" usw.
Ein wichtiger Bestandteil des Minderheitenschutzes ist jedoch die Repräsentanz in den Parlamenten. Die 5-Prozent-Hürde im schleswig-holsteinischen Parlament wurde z. B. für den „Südschleswigschen Wählerverband" aufgehoben. Die „Schleswigsche Partei" war sogar bis 1964 im Kopenhagener Parlament vertreten, kam zuletzt aber nur noch auf 0,2 Prozent der Stimmen. Im Südjütländischen Amtsrat ist sie mit einem Mandat vertreten und ist in diversen Gemeinderäten im Grenzland aktiv.
Im Parlament in Kiel kommt es gelegentlich zu der Situation, dass die dänische Minderheit zum „Zünglein an der Waage" wird. Auch hier melden sich dann Stimmen, die sich für eine Einschränkung der Rechte der Minderheit stark machen. Es wird dann jedoch schnell wieder zur Tagesordnung übergegangen. Minderheitenschutz geht vor!
Der deutsch-dänische Grenzraum ist seit vielen Jahren Studienziel für Parlamentarier aus vielen Ländern, die sich hier Praxisbeispiele für erfolgreiches Zusammenleben holen möchten. Dieses gelungene Beispiel für Minderheitenschutz ist in diverse Verfassungen und internationale Abkommen eingeflossen. Vielleicht sollten die, die die Rechte der Minderheiten in Rumänien einschränken möchten, auch einmal eine Studienreise in diesen schönen Landstrich machen.
Klaus-Rüdiger Müller
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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