Nicht nur eine Sprache, sondern ein ganzes Weltbild vermitteln
07.02.25
ZfA-Fachschaftsberater Jürgen Burkert seit einem Jahr in Kronstadt
„Die Rumänen haben wirklich etwas Liebenswertes, eine voraussetzungslose Höflichkeit. Und sie haben eine gewisse Unbeschwertheit, freuen sich über die kleinen Sachen des Lebens, wie beispielsweise zusammen zu grillen”, stellte Jürgen Burkert im vergangenen Herbst fest. Damals hat der ausgebildete Deutsch- und Französischlehrer aus Deutschland mit seiner Frau Sophie Kronstadt besucht, um sich zu vergewissern, dass sie tatsächlich einige Jahre in Rumänien verbringen wollen. Jürgen Burkert ist Fachschaftsberater der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen der Bundesrepublik Deutschland in Kronstadt, verantwortlich für die Betreuung von vier Schulen mit erweitertem Deutschprogramm zum Deutschen Sprachdiplom (DSD) an vier Schulen: den beiden Kronstädter Nationalkollegs Johannes Honterus und Dr. I. Mesota, dem Doamna Stanca-Kolleg in Fogarasch und dem Székely Mikó -Nationalkolleg aus Sankt Georgen, Kreis Covasna. Im Februar ist es ein Jahr, seitdem er hier ist und er scheint von seinem Leben und seiner Arbeit sehr angetan zu sein.
Wie macht man Lust auf Deutsch?
„Die Stadt ist sehr kosmopolit und von den Strukturen her relativ westlich. Es besteht ein Riesenangebot an allem, was man nur will: Freizeit-, Einkaufs- und Unterhaltungsmöglichkeiten. Auch der Deutschunterricht ist in festen Strukturen, das ist sehr toll”. Burkert lobt auch die guten Unterrichtsbedingungen und die Sprachkompetenzen der Lyzealschüler. Dadurch, dass die Schüler bereits Deutsch verstehen und sprechen, kann er Inhalte auf einem anderen Niveau in den Unterricht einbringen. „Meist ist es mühsam, bis man die Strukturen aufbaut, damit der Deutschunterricht funktioniert. Aber hier ist schon alles da!”, freut er sich.
Der Gastlehrer implementiert oder unterstützt auf lokaler Ebene auch inter/nationale außerschulische Programme, die den jungen Leuten die deutsche Sprache näher bringen. Es sind meist Projekte, die sehr beliebt sind, wie „Jugend debattiert“, in dem Schülerinnen und Schüler vom Gymnasium und Lyzeum ermutigt werden, durch Debatten-Training ihre sprachliche, politische und persönliche Bildung zu verbessern. Im Dezember brachte das ZfA rund hundert Schüler und Lehrer aus dem Land in Hermannstadt zusammen, im Rahmen eines Pilotprojekts, in dem Jugendliche ihre Schulen in kurzen Filmen vorstellen. „Es sind Vorhaben, die über den Unterricht hinausgehen, die Impulse setzen und Lust auf die deutsche Sprache machen”.
Es beschäftigt Burkert sehr, die passenden Inhalte zu finden, um die Schüler anzusprechen und für das gründliche Lernen der deutschen Sprache zu gewinnen. Er glaubt an die Politik der kleinen Schritte und denkt sich ständig neue Projekte aus, wie beispielsweise eine Lesenacht im Februar, bei der Schüler ihre Lieblingsbücher einander vorstellen. Er denkt auch daran, Theater als Lehrtechnik anzuwenden, wenn Interesse seitens der Lernenden besteht.
„Sobald man sie gewonnen hat, müssen sie aber auch verstehen, dass sie sich hinsetzen und Vokabeln lernen müssen”.Des Vorteils, eine Sprache sehr gut zu beherrschen, müssen sich die jungen Leute erst mal bewusst werden. Sie können in Deutschland studieren, später bessere Arbeitsstellen finden und bekommen „viel mehr als nur eine Sprache vermittelt, sondern eben ein ganzes Weltbild”.
Großes Interesse in ungarischen Schulen
Jede zweite Woche unterrichtet der Gastlehrer seine Muttersprache am Székely Mikó -Nationalkolleg in Sankt Georgen. „Ich bedanke mich jedes Mal bei den Schülern, dass sie so großes Interesse an das Erlernen der deutschen Sprache zeigen. Sie sitzen am Nachmittag, nach dem Unterricht, noch da und sind aufmerksam. Oft sind sie müde, die Augen fallen manchen fast zu, aber sie fehlen nie, arbeiten mit, wollen eine weitere Sprache neben Rumänisch und Englisch lernen”. Auch in Miercurea Ciuc hat er diesen Enthusiasmus erlebt und schätzt ihn bei jedem Treffen. Jürgen Burkert war erstaunt, dass die deutsche Abteilung der Doamna Stanca-Schule in Fogarasch von einer einzigen Lehrkraft getragen wird. „Wenn sie ausfällt, können wir die DSD-Arbeit streichen und das wäre sehr schade, denn die Schule hat eine langjährige Tradition.”
Lehrer in Ecuador und Usbekistan
Die Arbeit mit Schülern auf der ganzen Welt hat den ausgebildeten Lehrer schon immer interessiert, ebenso wie das Reisen. „Ich wollte auch andere Kulturen und Gesellschaften, aber vor allem das Alltagsleben in anderen Ländern kennenlernen”, erklärt Burkert die Entscheidung, auch außerhalb von Deutschland zu arbeiten. Abwechselnd zu der Tätigkeit als Deutschlehrer im Gymnasium in seiner Heimat kamen immer wieder Lehrtätigkeiten im Ausland hinzu. Etwa in Kolumbien, Usbekistan, Ecuador und Russland. Zur Entscheidung, in Rumänien Jugendlichen die deutsche Sprache nahe zu bringen half die Landessprache, eine romanische Sprache, wie das Französische, das er studierte und beherrscht. Gemeinsam mit seiner Frau, gebürtige Französin, sucht er in Rumänien Anschluss durch die Sprache zu finden. Nicht nur die freundlichen Besuche der Vermieter, die dem Ehepaar über Sitten und Bräuche erzählen, freunden sie immer mehr mit der rumänischen Sprache und Kultur an. Sie üben ihr Rumänisch auch im Kronstädter Dramentheater. In den drei Jahren, wie lange der Vertrag in Kronstadt dauert, wollen sie das auch weiterhin tun und haben vor, noch viel vom Land zu besichtigen und darüber zu erfahren. Und, wer weiß, den Vertrag vielleicht zu verlängern.
Laura Capatana Juller
ZfA-Fachschaftsberater Jürgen Burkert unterrichtet Deutsch an drei Schulen im Kreis Kronstadt und an einer Schule in Sankt Georgen, wo er auch für die Vorbereitung für die DSD-Sprachdiplom-Prüfung organisiert und koordiniert. Foto: die Verfasserin
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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