Siebenbürgen - Erbe und Zukunft
18.11.10
Sächsische Dörfer im Mittelpunkt einer Ausstellung in Washington DC
In den vergangenen Wochen sorgte ein zweieinhalbminütiges Video des britischen Thronfolgers für Schlagzeilen in der rumänischen Presse. In der Aufnahme, die im Internet auf www.youtube.com schon 6300 Mal aufgerufen worden ist, spricht Prinz Charles über die siebenbürgisch-sächsischen Dörfer: „Seit meinem ersten Besuch in Siebenbürgen 1997 bin ich von diesem magischen Teil der Welt, von den einzigartigen Naturschönheiten und von dem kulturellen Reichtum fasziniert. Im Laufe des letzten Jahrzehnts hat der Mihai Eminescu Trust dafür gearbeitet, die Zukunft der traditionellen sächsischen Ortschaften und der wunderschönen Natur, von der sie umgeben sind, zu sichern. Diese Dörfer und Landschaften haben das Potenzial, eine Inspiration in der modernen Welt zu sein. Ihr Verschwinden wäre ein Verlust für die ganze Menschheit und ein Zeichen dafür, dass die Welt ihre Seele verloren hat.“ Die bewegende Botschaft wurde für ein besonderes Ereignis aufgenommen: die Eröffnung der Ausstellung „Transylvania – Heritage and Future“ (Siebenbürgen – Erbe und Zukunft) in den USA. Die Ausstellung der Stiftung Mihai Eminescu Trust (MET) wurde vom 14. bis 31. Oktober in Washington in den Räumlichkeiten der Rumänischen Botschaft gezeigt. Das Event, das unter Mitwirkung des Rumänischen Kulturinstituts New York und der Ratiu Stiftung veranstaltet wurde, ist Teil der Veranstaltungen anlässlich des in diesem Jahr gefeierten 130jährigen Bestehens diplomatischer Beziehungen zwischen Rumänien und den Vereinigten Staaten.
Die rund dreißig Stelen der Ausstellung, zu denen als „Exotikum” auch handgemachte Bausteine und Dachziegeln, Fenster- und Türangel, sowie siebenbürgische Tischdecken hinzukamen, illustrierten das vielfältige kulturelle Erbe Siebenbürgens und stellten die Arbeiten des Mihai Eminescu Trusts vor, der für den Erhalt der Dorfarchitektur durch Restaurierungsarbeiten mit traditionellen Bautechniken und für die Wiederbelebung der traditionellen Handwerke sorgt. In Text und Bildern wurden einige der rund 700 abgeschlossenen Projekte des Trusts, die Architektur der Kirchenburgen und Häuser in Südsiebenbürgen und die umgebenden Landschaften präsentiert. Ein Teil der Ausstellung konzentrierte sich auf das jüdische Kulturerbe Transsylvaniens, da der Trust auch die Sanierung der Mediascher Synagoge ins Auge gefasst hat. Sollte auch dieses Projekt gelingen, entsteht hier ein Kulturzentrum, das Jugendarbeit im Sinne der Multikulturalität leisten wird, so Caroline Fernolend, Vorsitzende des MET Rumänien.
Ansprachen hielten auf der Vernissage der Botschafter Rumäniens in den USA, Adrian Vierita, die Leiterin des MET, Jessica Douglas-Home, sowie Eliot Sorel, Professor an der Georgetown University und Mitveranstalter des Ereignisses in Washington. Ein besonderes Dankeschön ging an alle Unterstützer, die zum Gelingen der MET-Arbeit beigetragen hatten. Caroline Fernolend führte die etwa einhundert Gäste durch die Ausstellung und brachte ihnen die „Dorfphilosophie” des MET näher – Führungen dieser Art machte sie täglich im Laufe der folgenden Wochen.
Zwei Vorträge ergänzten das Programm in der Rumänischen Botschaft. Am 15. Oktober referierte Jessica Douglas-Home zum Thema „Der letzte Jude in Schäßburg”. Sie stellte im Kontext des Vielvölkerlands Siebenbürgen die Geschichte der jüdischen Gemeinschaft vor, deren Zukunft im 20. Jahrhundert in Frage gestellt wurde. Erich Raducanu, der letzte Schäßburger Jude, betreute über fünf Jahrzehnte lang trotz aller Schwierigkeiten die Synagoge in seiner Heimatstadt und inspirierte den MET, seine Restaurierungsarbeiten auch auf siebenbürgische Synagogen zu erweitern. Am 21. Oktober hielt Caroline Fernolend den Vortrag „Siebenbürgen – Verloren und wiedergefunden“, in dem sie das für die Dorfarchitektur ungünstige erste Jahrzehnt nach 1989 und die erfolgreiche Arbeit der Stiftung Mihai Eminescu Trust in Siebenbürgen erläuterte.
Die Gelegenheit der Ausstellung in Washington wurde von dem MET auch für ein Arbeitstreffen genutzt. Die Freunde und Förderer der Stiftung sollen sich demnächst in einem „Transylania Open Forum: Culture and Development“ (Offenes Forum Siebenbürgen: Kultur und Entwicklung) für die wirtschaftliche Zusammenarbeit Rumäniens mit ausländischen Partnern einsetzen. Die Korrespondenz mit den Wirtschaftskammern Kronstadts, Neumarkts und Hermannstadts wurde bereits aufgenommen. Auch soll das „Offene Forum“ regelmäßige Informationsblätter herausgeben. Am 28. Oktober konkretisierten sich in Washington die ersten besprochenen Schritte: Caroline Fernolend und Prof. Eliot Sorel führten mit interessiertem Publikum eine Diskussion über die nachhaltige Entwicklung in Siebenbürgen. Ziel des Offenen Forums sei der Fortbestand der Kultur Rumäniens, die Sorel als „überzeugendster Botschafter“ des Landes beschrieb und auch, „Geschäftsleute, Investoren, Freunde für Siebenbürgen und für das MET zu gewinnen“, so die Vorsitzende des Trusts in Rumänien. Zusätzlich zum Tagesablauf der zwei Wochen erfolgte ein Gespräch Caroline Fernolends mit Vertretern der Weltbank, zum Thema „gemeinschaftsbasierte Tourismus-Projekte“ und nachhaltige Entwicklung.
Insgesamt freute sich die Ausstellung auf Interesse vonseiten der Vertreter amerikanischer Institutionen wie die Guggenheim-Stiftung, das „World Monuments Fund”, das „Holocaust Memorial Museum” Washington, Universitäten, Studiennetzwerke, internationale Presse, sowie auf Unterstützung von Diplomaten und Politikern. Ausführlich berichtet darüber der MET selbst auf der Webseite www.mihaieminescutrust.org. Die Leiterin des Trusts in Rumänien, Caroline Fernolend, konzentriert sich nun auf weitere Projekte: in der Zukunft sollen Sommerschulen für politische Bildung in den sächsischen Dörfern veranstaltet werden, um den Jugendlichen diesen Teil Rumäniens und die Werte der Demokratie näher zu bringen. Die MET-Wanderausstellung „Siebenbürgen – Erbe und Zukunft“ soll in Rumänischen Botschaften in Europa gezeigt werden.
Christine Chiriac
Bildtexte Seite 3
Foto 1: Caroline Fernolend betreute im Laufe der zwei Wochen in Washington die Besucher der Ausstellung.
Foto 2: Der rumänische Botschafter in den Vereinigten Staaten von Amerika, Adrian Vierita, eröffnete die Vernissage.
Foto 3: Die Ausstellungseröffnung im barocken Saal der Rumänischen Botschaft erfreute sich großen Interesses beim Publikum.
Fotos: MET
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