Trotz Krise ein sicheres Gemeindebudget
27.05.10
Bürgermeister Ioan Gârbacea spricht über das Heldsdorf von heute
Ioan Gârbacea ist seit 1992 ohne Unterbrechung Bürgermeister der Gemeinde Heldsdorf/Halchiu. Der ehemalige LPG-Chefbuchhalter (in diesem Amt folgte er Helmut Stieler) stammt aus der Törzburger Gegend, lebt aber seit seiner Kindheit in Heldsdorf. Nach der Wende war er zunächst zwei Jahre Mitglied in der Demokratischen Agrarpartei um dann in die Partei der Sozialen Demokratie (PDSR), Vorgängerin der Sozialdemokratische Partei (PSD), überzuwechseln. Dieser ist er treu geblieben, obwohl PSD im Kreis Kronstadt erst als dritte politische Kraft auftritt. „Ich bin nicht in ein anderes Boot gesprungen. Aber ein Bürgermeister soll ja nicht Parteipolitik betreiben, sondern für die gesamte Gemeinde da sein“, sagt Gârbacea. Sicher ist auch ihm zu verdanken, dass die PSD im Heldsdorfer Gemeinderat mit sechs Ratsmitglieder am besten vertreten ist. Die übrigen Plätze sind wie folgt verteilt: Nationalliberale Partei – drei Ratsmitglieder, Demokratliberale Partei - zwei und Ungarnverband – zwei.
Die wichtigsten Investitionen
Der heute 61-jährige Bürgermeister, der auch bei den nächsten Wahlen, 2012, für dieses Amt kandidieren will, kann auf durchaus bemerkenswerte Veränderungen in Heldsdorf zurückblicken: Gas- und Wasserleitungen sind gelegt worden, 90 Prozent der Straßen sind asphaltiert worden, seit 1992 gibt es den Telefonanschluss an eine moderne Zentrale. Seit wenigen Jahren gibt es übrigens auch eine eigene Fernsehkabelgesellschaft in dieser Burzenländer Großgemeinde, die zusammen mit Satu Nou/Neudorf rund 4600 Einwohner zählt. Als weitere Investitionen nennt Gârbacea die Kanalisationsarbeiten in Neudorf (Gesamtinvestition des PHARE-Projekts 1,1 Millionen Euro), den Ausbau des Sozialzentrums Sfântu Nicolae – ein Tageszentrum für Kinder und Senioren, wo auch, für den Kreis Kronstadt eine Seltenheit, in einer eigenen Abteilung Mütter mit ihren Kindern die sich in einer Notsituation befinden, vorübergehend untergebracht werden.
Auch für die Schule (die nun ohne deutsche Klassen geblieben ist) wird Geld von der Gemeinde bereit gestellt: rund 1,3 Millionen Euro stehen für Ausbauarbeiten am B-Gebäude im Dorfzentrum zur Verfügung. Computer, zwei zusätzliche Klassenräume, neue Schulmöbel und neue Stromleitungen sind vorgesehen.
Die Gemeinde wächst: Parzellen zwischen 500 und 1000 Quadratmeter werden für Wohnungsbau außerhalb der Ortschaft verkauft, vor allem an Nicht-Heldsdorfer, und bringen somit zusätzliches Geld ein. Das ist auch mit Problemen verbunden, denn die Gemeinde hat nicht das Geld, für Wasser-, Strom- und Gaszufuhr sowie Asphaltweg zu den neuen Haushalten, so dass die Eigentümer da einen Eigenbeitrag dafür aufbringen müssen.
Heldsdorf stehen aus dem Haushalt des Kreises für dieses Jahr noch 700.000 Lei zu, die aber vorläufig wegen den politischen Querelen blockiert sind. Auch unter diesen Umständen ist man aber beim Bürgermeisteramt nicht im Verzug mit der Auszahlung der Sozialhilfen die fast ausschließlich an Roma-Familien in Neudorf gehen. Bürgermeister Gârbacea meldet dabei aber auch Bedenken: „Damit werden manche ermutigt, ohne Arbeit zu Geld zu kommen. Für dieses Geld müssten sie einige Arbeitstage für die Gemeinde leisten. Das tun sie oder auch nicht. Ich glaube, jeder sollte sich einen Arbeitsplatz suchen, denn Arbeit gibt es, vor allem wenn am Feld viel zu tun ist. Das wäre die ehrlichere Lösung“ Die Landwirtschaft bleibt die Hauptbeschäftigung der Heldsdorfer. Für den Tourismus in seiner Gemeinde sieht Gârbacea Entwicklungsperspektiven eher in Verbindung mit den Seen und dem Schutzgebiet bei Dumbravita – Satu Nou, dem „Karpatendelta“ wie dieses Gebiet wegen den zahlreichen da lebenden Wasservögelarten genannt wird. In Heldsdorf selbst wäre die evangelische Kirche sehenswert. Aber das ist wohl zu wenig um mehreren Gästehäusern Kunden zu sichern. Deshalb gibt es davon in Heldsdorf zur Zeit nur eines.
Mit den Fischteichen in Dumbravita, aber auch mit jenen bei Rotbach verdient seit rund acht Jahren die Firma „Doripesco“ gut. Sie hat ihren Sitz in Heldsdorf, wo auch eine Sammelstelle für Fisch („cherhana“) und ein eigener Verkaufsladen eingerichtet wurde. Eine Anlage für Frischbeton dieser Firma, die auch im Straßenbau mitmacht, ist im Hof der ehemaligen Kavalariekaserne untergebracht. Diese wurde der Gemeinde übertragen, steht aber leer und heruntergekommen da. Ein Teil davon soll von einer Kronstädter GmbH eventuell als Altenheim umgebaut und genutzt werden, berichtet der Bürgermeister. Nicht fern von der Kaserne, im Feld, sind deutsche Kriegsgräber zu sehen. Da haben Soldaten aus dem ersten Weltkrieg ihre letzte Ruhestätte gefunden. Mit Unterstützung der Bukarester Militärakademie, die da Studenten für Säuberungsarbeiten entsandt hat und vor allem mit Hilfe der für das Kronstädter Metropol-Gebiet (zu dem auch Heldsdorf gehört) zuständigen Verwaltungsagentur sollen umfassendere Arbeiten erfolgen, um dem Friedhof das Aussehen von einst wieder zu geben.
Rückerstattungen an die evangelische Kirchengemeinde
Wer Heldsdorf von früher kennt, wird sich wohl fragen, wie es um das bekannte Volksbad steht. „Dieses wurde der evangelischen Kirchengemeinde vor rund eineinhalb Jahren rückerstattet“, sagt Gârbacea. Der neue/alte Eigentümer sei in Verhandlungen mit einer Firma, um das Strandbad wieder herzurichten. Was wurde noch der evangelischen Kirche rückerstattet? Man warte auf die Unterlagen von der Bukarester Landesagentur für Rückerstattung um einen Gebäudekörper der Schule, den Kindergarten und den Gemeindesaal (heute Kulturheim) zu übergeben. „Laut ersten Gesprächen mit den evangelischen Kirchenvertretern sollen diese Gebäude in gegenseitigem Einvernehmen weiterhin so wie bis jetzt genutzt werden“, fügt Gârbacea hinzu. Diese Objekte bringen keinen Gewinn und für Reparaturarbeiten und Ausstattung (Generalüberholung, Zentralheizung, Klimaanlage) der Schule habe die Gemeinde im Laufe der Zeit rund 1.300.000 Lei investiert. Vorläufig wird auch keine Miete gezahlt.
Bei der Bodenrückgabe gemäß den verschiedenen diesbezüglichen Gesetzen gab es für manche sächsische Grundeigentümer auch Unzufriedenheiten: ursprünglich wurden Flächen der ehemaligen LPG die in der heutigen Nachbargemeinde Krebsbach/Crizbav liegen (damals noch zu Heldsdorf gehörend), als Ausgleich rückerstattet, weil in Heldsdorf selbst nicht genügend Grundfläche vorhanden war. Diese Beschlüsse wurden inzwischen rückgängig gemacht. An Sachsen sollen auch Grundflächen rückerstattet werden, die beim ehemaligen „Haus des Agronomen“ (bei der Ausfahrt nach Zeiden) liegen, wo die Hermannstädter Forschungsstelle für Montan-Landwirtschaft rund 58 Hektar verwaltete. Die Unterlagen sind seit mehr als einem Jahr bereits nach Großau/Cristian geschickt worden.
Ioan Gârbacea schätzt die Beziehung mit den ehemaligen, heute in Deutschland lebenden Heldsdorfer Sachsen als gut ein. Er selbst kenne sowohl Karl-Heinz Brenndörfer als auch Hartfried Depner persönlich. „Was wir bezüglich der Anliegen der ausgewanderten Heldsdorfer tun konnten, haben wir getan – im Rahmen unserer Möglichkeiten.“
Heldsdorf hat manch Erfreuliches zu melden: eine neue Milchfabrik mit griechischer Beteiligung soll an der DN 13 Richtung Marienburg entstehen; die Familie Stamate konnte in der Mühlgasse aus Holland gekaufte Glashäuser für Blumen mit Erfolg und mit EU-Mitteln in Betrieb setzen. Sicher gibt es auch Probleme: in derselben Mühlgasse, wie auch im Dorfzentrum fahren tagtäglich viele Laster, weil die Straßenverbindung der DN13 mit der DN1 bei Biengärten/Stupini noch nicht fertig ist. Das ärgert vor allem die Bewohner, die Risse in den Hauswänden feststellen müssen.
In Heldsdorf sind nur noch wenige Sachsen anzutreffen (rund hundert). Das spürt man – auch wenn es nur um Blasmusik ginge. Die letzten Bläser, der zuletzt von Albert Slapnikar geleiteten Blaskapelle sind Ungarn aus Neudorf, die diese Tradition nun weiterführen.
Ralf Sudrigian
Foto 1:
Das offizielle Wappen der Gemeinde Heldsdorf
Foto 2:
Ioan Gârbacea ist seit 1992 Bürgermeister von Heldsdorf.
Foto 3:
Deutsche Kriegsgräber aus dem I. Weltkrieg bei Heldsdorf (Sommer 2007)
Foto 4:
Im Zentrum von Heldsdorf befindet sich der Firmenladen des Fischverarbeitungsunternehmen „Doripesco“. Im Hintergrund - der Turm der evangelischen Kirche.
Fotos: Ralf Sudrigian
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
Aktuell
Karpatenrundschau
13.06.25
Die Konferenzreihe ArhiDebate in Kronstadt
[mehr...]
13.06.25
Kronstädter Musikerinnen (XIII): Klavierlehrerin Adele Honigberger (1887-1970)
[mehr...]