Vor allem das touristische Potential nützen
12.05.11
Gespräch mit dem Bürgermeister des Munizipiums Fogarasch, Constantin Sorin Manduc
Es ist nicht eine leichte Aufgabe einer Stadt vorzustehen in der tausende Arbeitsplätze abgebaut wurden, die wirtschaftliche Entwicklung träge vorwärts geht, anderseits die Bevölkerung viel erwartet. Aufwind kann der Tourismus geben durch eine bessere Erschließung der Baudenkmäler, des Volksbrauches, der Sicherung der Infrastruktur um Bergfreunde in das Fogarascher Massiv zu locken. Constantin Sorin Manduc (37), Mitglied der National-Liberalen Partei (PNL), steht der Stadt seit drei Jahren vor. Als gebürtiger Fogarascher ist er somit auch seelisch dieser Stadt verbunden für die er sich mit Erfolg einsetzt. Mit ihm konnten wir kürzlich folgendes Gespräch führen.
Seit 2008 sind Sie Bürgermeister von Fogarasch, der zweitgrößten Stadt des Kronstädter Kreises. Die vier Jahre davor wirkten Sie als stellvertretendes Oberhaupt dieser Stadt. Jetzt nach mehr als 20 Jahren seit der Wende, was charakterisiert Ihrer Meinung nach diese Ortschaft?
Meiner Meinung nach ist Fogarasch nach der Wende in einer geschichtlichen Epoche stecken geblieben und mein Wunsch war es, der Stadt neue Impulse zu geben. Leider ist es aber gerade eine sowohl für den Kreis als auch für das ganze Land schwierige Zeit. Parallel mit dem Untergang des Chemiekombinats nach 1990, das 12.000 Personen auch aus dem Umfeld Arbeitsplätze sicherte, gab es auch für die Stadt einen wirtschaftlichen Rückschlag. Heute überleben kleine Teile dieses Betriebes und sichern kaum noch 600 Arbeitsplätze. Negativ wirkte sich das vor allem darauf aus, dass ein Großteil der Stadtbewohner den Weg auf Suche für einen Arbeitsplatz ins Ausland, vor allem nach Italien, eingenommen haben. Andere gehen unabhängigen Beschäftigungen nach, andere wurden arbeitslos geschrieben, was dazu führte, dass die Stadt nicht mehr so pulsierend ist wie sie einmal war. Dieses ist der negative Aspekt. Anderseits sind wir nun bemüht, das touristische Potential der Stadt maximal zu nutzen. Der einzige Goldbrocken der Stadt ist die mittelalterliche Festung aus den 13. - 14. Jahrhundert die vielleicht das bestens erhaltene Baudenkmal aus Siebenbürgen und landesweit ist.
Auf dieses Symbol der Stadt wollten wir in diesem Gespräch später zurück kommen. Da Sie es aber angesprochen haben, stellt sich natürlich die Frage, was tut die Stadtleitung, um dieses Baudenkmal zu restaurieren und touristisch entsprechend zu verwerten?
Die Fogarascher Festung sowie die sächsischen Kirchenburgen und die orthodoxen Klöster aus dem Fogarascher Gebiet sind die tragenden Säulen für die touristische Entwicklung, was der Stadt einen wirtschaftlichen Aufwind sichern kann. Auch spricht deren Lage in der Mitte zwischen den beiden Kultur- und Tourismuszentren, Kronstadt und Hermannstadt, dafür. Dank auch der finanziellen Unterstützung seitens des Kronstädter Kreisrates und persönlich durch das gezeigte Interesse von dessen Vorsitzenden, Aristotel Cancescu, eröffneten wir nach 30 Jahren erstmalig wieder die Baustelle in der Burg die 1977 geschlossen worden war. Es handelt sich um einige Bereiche u.zw. den Eingangsturm sowie den südlichen und nördlichen Garde-Turm, vor allem den Eingangsbereich sowie einige Räume die restauriert werden sollen. Zu dem werden wir die Festung in Flutlicht bei Nacht erstrahlen lassen. Die Einführung einer solchen Architekturbeleuchtung wäre auch für die evangelische (A.B.), reformierte, katholische und den zwei historischen orthodoxen Kirchen der Stadt angebracht. Der erste Schritt wurde zur Jahreswende getan als die ganze Fogarascher Festung in einem Lichtervorhang erstrahlte.
Die Burg diente einige Jahre auch als Kulisse anlässlich der Fogarascher Tage die jeden Sommer organisiert werden. Außer einem Besuch in dem darin befindlichen Museum, was bietet noch die Festung?
Ein Teil der Kulturveranstaltungen der Fogarascher Tage wurde in den Innenhof verlegt. Zudem hatten die mittelalterlichen Rittertage die erstmals im Vorjahr mit Unterstützung des Deutschen Wirtschaftsklubs Kronstadt (DWK) in den vier Burgen Rosenau, Törzburg, Fogarasch, Kronstadt organisiert wurden, einen außerordentlichen Erfolg.
Auch bahnte sich dadurch eine sehr gute Zusammenarbeit mit diesem sowie dessen Vorsitzendem Werner Braun, mit Christian Macedonski aus der Klubleitung an. Dieses Turnier soll jährlich stattfinden und hat beim Publikum großen Anklang gefunden. Meines Wissens nach waren an den Tagen sämtliche Plätze in den Hotels der Stadt ausgebucht. Auf meinen Wunsch hin und mit Unterstützung des DWK, auf Initiative von Christian Macedonski, hoffen wir eine Zusammenarbeit mit der deutschen Stadt Bayreuth bei Nürnberg und vielleicht sogar eine Partnerschaft eingehen zu können. Fogarasch hat bisher keine Partnerschaften mit gleichartigen Städten aus dem Ausland, bloß freundschaftliche Beziehungen, darunter gegenwärtig mit einer Institution aus Florenz. Es ist mein Wunsch, bald eine Partnerschaft eingehen zu können.
Ausgehend auch von dem großen Exodus mit wirtschaftlichem Hintergrund, wie viele Bewohner zählt gegenwärtig die Stadt?
Laut offizieller Bestandsaufnahme hat die Stadt 40.000 Bewohner. Doch das sind Personen die einen Personalausweis vorweisen können laut dem sie da wohnen. Doch wie viele davon in Wirklichkeit da ständig leben und wie viele nur gelegentlich sich da aufhalten, kann kaum jemand sagen. Der größte Zustrom wird im Sommer anlässlich der Fogarascher Tage verzeichnet, wenn vor allem die „Fremdarbeiter“ während ihres Urlaubs heimkehren.
Gibt es Perspektiven vor allem für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt?
Perspektiven gibt es, doch große Investitionen durch die hunderte Arbeitsplätze geschaffen werden, sind bisher ausgeblieben. Wir führten Gespräche mit ausländischen Unternehmern einschließlich aus Indien, auch aus Deutschland, aus anderen Ländern, doch handelt es sich immer nur um Investitionen von geringem Ausmaß. Möglichkeiten dafür gibt es beispielsweise im Gewerbepark der Stadt auf dem ehemaligen Industriegelände. Bei der Einfahrt zum Stadtgebiet aus Richtung Kronstadt haben wird das so genannte französische Gebiet das aber auch nur Kleingewerbe umfasst. Auf der anderen Seite der Nationalstraße wird gegenwärtig ein Kaufland-Supermarkt gebaut.
Bevor Sie diese leitenden Funktionen in der Stadtverwaltung übernommen haben, waren Sie als Journalist, als Leiter der hiesigen Mediengruppe die Fernsehen und Presse umfasst, tätig. Sicher haben Sie kritisch viele Dinge ihrer Vorgänger dabei betrachtet. Seit Sie im Amt sind, was konnte davon positiv verändert werden?
Es stimmt, es ist einfacher Kritik auszuüben als sich dieser zu stellen, was ich nun selbst sehe. Als erstes wollte ich das ganze Konzept in der Verwaltung der Stadt, die Beziehung zwischen Beamten des Rathauses und den Bürgern ändern u.zw das letztere überzeugt werden, dass die Beamten ihnen verpflichtet sind und nicht umgekehrt. Ich habe mich für die Reinlichkeit der Stadt eingesetzt und ich hoffe, man sieht es, mindestens teilweise. Auch habe ich von den ewigen Flickarbeiten abgesehen. Wir sind dazu übergegangen, eingeleitete Arbeiten in einem Stadtviertel abzuschließen und erst dann zu einem weiteren überzugehen. Das kann man in den Stadtteilen Tudor Vladimirescu und Gala]i sehen, wo die ganze Infrastruktur erneuert wurde. Aber ich bin noch nicht zufrieden mit dem was wir bisher leisten konnten.
Zwar gehört Fogarasch dem Kronstädter Kreis an, doch ist die Stadt Mitglied des Verein für nachhaltige Entwicklung Hermannstadt. Wie kam es dazu?
Es war auch eine Sache der Konjunktur. Dem Kreis Kronstadt waren schon die finanziellen Mittel zugeteilt worden. Technisch und auch vom Juristischen her war es somit für uns vorteilhaft, uns an Hermannstadt für das Projekt zur Erneuerung des gesamten Trinkwasser- und Kanalisationsnetzes anzuschließen. Zu dem haben wir auch volles Vertrauen in den Bürgermeister von Hermannstadt, Klaus Johannis. Anderseits war dieses auch für Hermannstadt vom Vorteil, da durch den Beitritt unserer Stadt in das Projekt, was auf die Anzahl der gesamtem Bevölkerung bezogen wird, mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Die sächsische Gemeinschaft von Fogarasch ist nach der Wende auch stark zurück gegangen, gegenwärtig beträgt diese noch rund 300 Personen. Wie sind die Beziehungen des Rathauses zu der Evangelischen Kirche A.B. und dem Ortsforum das allerdings Aufwind erhalten muss?
Die guten Beziehungen zwischen der rumänischen Bevölkerung und den Sachsen können nicht gestört werden. Die Beziehungen zwischen Institutionen können unter gegebenen Voraussetzungen vielleicht in Mitleidenschaft gezogen werden, doch das ist hier nicht geschehen. Meines Wissens sind alle Gebäude deren Rückerstattung beantragt wurde, der Kirche auch rückerstattet worden. Mit der Kirche hatten wir diesbezüglich vertraglich geregelte Verhältnisse über Schul- und Kindergarten-Gebäude, wobei das Bürgermeisteramt diesen nachgekommen ist und nun keine Schulden aufzuweisen hat. Auch haben wir diese Gebäude durch die Fusion von Schulen oder Kindergärten frei gestellt. Die Kirche vermittelt immer wieder auch Spenden an das städtische Krankenhaus, ist sozial sehr aktiv. Auf die sächsische Bevölkerung war immer Verlass und ich bin sicher, so wird es auch bleiben.
Vielen Dank für ihre Ausführungen und wir wünschen Ihnen auch im Namen unserer Leser Erfolg in der Erfüllung Ihrer Vorhaben.
Dieter Drotleff
Foto 1:
Mit Interesse blickt der Fogarascher Bürgermeister in die neuste Ausgabe der ADZ mit KR-Beilage.
Foto 2:
Hinter dem Rathaus der Stadt (rechts) ist die in Bau befindliche Kathedrale bald auch ein Wahrzeichen der Stadt.
Foto 3:
Die Stadtleitung von Fogarasch erhofft sich vor allem durch die touristische Verwertung der mittelalterlichen Burg, eines der am besten erhaltenen Baudenkmäler des Landes, auch einen wirtschaftlichen Aufschwung.
Fotos: Dieter Drotleff
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