Auch für langjährige Kulturtätigkeit geehrt
21.01.10
Vor 50 Jahren übernahm Ada Teutsch die Leitung der Kronstädter deutschen Theatergruppe
Anlässlich des 50. Jubiläums des Kronstädter Redoute-Kulturzentrums das am 17. November 2009 in festlichem Rahmen begangen wurde, sind mehrere treue Mitarbeiter dieser Institution als Nachfolger des ehemaligen Kulturhauses geehrt worden. Darunter auch Ada Teutsch die zum ersten Mal 1960, in einer Theateraufführung der deutschen Theatergruppe mit dem Stück „Der Bär“ von Tschechow, damals von Kurt Nussbächer geleitet, auftrat. Anschließend übernahm sie die Leitung dieser damals sehr beliebten Kulturformation, aber auch die Regie, und trat selbst auch als Schauspielerin auf. Nun wurde ihr eine Ehrenurkunde, gezeichnet vom Direktor des Kulturzentrums, dem Schauspieler Marius Cisar, und eine Plakette von diesem überreicht. Schon 1983 wurde Ada Teutsch vom Kulturhaus ein Ehrendiplom für besondere Verdienste verliehen. Ihre gesamte Tätigkeit nicht nur im Bereiche der Kultur, sondern auch als Vorsitzende des Kronstädter Verbandes der ehemaligen Russlanddeportierten, als Bibliothekarin des Forums, fanden eine würdigende Anerkennung 2004, als ihr der Apollonia Hirscher-Preis gestiftet vom Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt, den Heimatortsgemeinschaften Kronstadt und Bartholomae in Deutschland, für das Jahr 2003 verliehen wurde. Diese Anerkennungen nehmen einen Ehrenplatz in ihrer Wohnung am Honterus-Hof von Kronstadt ein, und jeder Gegenstand in dieser ist mit einer Erinnerung verbunden, leider manchmal auch mit Schmerzen. Trotzdem strahlt Ada Teutsch Optimismus aus, auch wenn ihre Kräfte oft ihr nicht mehr erlauben, so aktiv zu sein wie sie es gewohnt war. Bezeichnend ist somit ihr Leitspruch. „Ut desint vires, tamen est laudandam voluntas“ (Wenn auch die Kräfte fehlen, dennoch ist zu loben der Wille).
Wille kennzeichnete sie immer. Die am 2. Oktober 1927, in Karlsburg geborene Ada Teutsch verbrachte ihre Kindheit da, in Mühlbach, Hermannstadt und schließlich ließ sie sich mit ihren Eltern in Kronstadt nieder. Als 17-jährige wurde auch sie nach Russland deportiert, wobei ihr auch heute gleich die Tränen in die Augen kommen, wenn sie sich daran erinnert, an ihre eigene Krankheit, an den ersten Lagergenossen den sie sterben sah. 65 Jahre sind seither verstrichen, nur noch wenige der Leidtragenden von damals leben heute noch, so ist auch ihr Wunsch zu verstehen, dass in allen Ortschaften Gedenktafeln mit den in der Deportation Verstorbenen bestehen müssten, dass jeden Januar diesem Willkürakt in mehreren öffentlichen Veranstaltungen und Gottesdiensten gedacht werden sollte.
Doch zurück zu ihrer Liebe für die Musik, der Freude am Theaterspiel. Schon in Mühlbach hat sie bei ihrem damaligen Musiklehrer Ernst Irtel viel gesungen, beteiligte sich an Ausfahrten in die Dörfer mit dem Chor. Nach ihrer Rückkehr aus der Deportation, 1949 mit einem Krankentransport, fand sie einen Arbeitsplatz im „Drapelul rosu“-Unternehmen in der Mittelgasse, anschließend im Traktoren-Werk und ab 1959 im Kulturhaus, später auch in der Kreisbibliothek. In der Volkskunstschule bildete sie sich im Singen – Koloratursopran – aus. Als 1959 die Kronstädter Deutsche Spielgruppe für Lieder und Tänze gegründet wurde, trat sie gemeinsam mit Hans Dobnig als Solistin auf. Mitgewirkt hat sie auch bei der Aufführung von „Fidelio“ am Musiktheater,wobei sie von Norbert Petri aufgefordert wurde, gelegentlich die Ansage bei Aufführungen zu übernehmen.
Nach ihrem ersten Auftritt als Schauspielerin, im Januar 1960, hat sie auch andere Rollen gespielt: als Königin von England trat sie im Stück „Ein Glas Wasser“ von Scribbe in der Regie von George Gridanusu auf. Es folgten Rollen in der „Geschichte am Meer“ von I. Stock, dann als Margarita in „Die Grobiane“ von Goldoni. Anlässlich eines Rundtischgespräches, 1968 von der Karpatenrundschau mit Mitgliedern der deutschen Theatergruppe organisiert, betonte Ada Teutsch: „Eine Laiengruppe steht und fällt mit ihrem Publikumserfolg. Sie kann sich keine Experimente erlauben“. Das hat sie dann auch immer berücksichtigt, als sie ab 1972 auch die Regie der Aufführungen übernahm. Ihr diesbezügliches Debüt war mit dem Stück „Die Leute von Daangardt“ von Nexö, dem das Lustspiel „Ingeborg“ in drei Akten von Curt Goetz folgte. Hannes Schuster schrieb nach der Aufführung in der Karpatenrundschau vom 23. Februar 1973, anerkennend: „Ada Teutsch, eine Frau mit Erfahrung im Laientheater, hat es verstanden, alles herauszuschlagen was praktisch aus einer Liebhaberaufführung herauszuschlagen ist; das Natürliche war natürlich, die Repliken fielen Schlag auf Schlag, die Inszenierung hatte Rhythmus, es wurde ohne Verzerrungen, aber teilweise überraschend akzentuiert gespielt“. Es folgten weitere Inszenierungen in ihrer Regie: „Die alte Kommode“ von Theodor Beer (1973), „Hokuspokus“ von Curt Goetz (1975), „Der Hund im Hirn“ vom gleichen Autoren (1975). Und immer wieder folgten positive Stimmen über Qualität der Aufführung, über die Leistung der Mitwirkenden. Nach der Aufführung des Märchenspiels „Die Nachtigall“ von Joachim Knauth nach H.C. Andersen (1976), wurde sie zur Securitate zitiert um zu erklären, ob sie Sympathien für Kaiser und Könige habe. Nachdem sie Aufklärung über das Thema des Stückes gab, konnte sie wieder heimgehen. Es folgten weitere Stücke „Die Physiker“ von Fr. Dürrenmatt bei dem sie für die Regie mit Gudrun Schuster zeichnete, „Taillenweite 68“ von Hans Lucke (1988). Ada Teutsch verfasste nach jeder Inszenierung auch Gedichte bezogen auf die Interpreten, die nach den Aufführungen bei Gemeinschaftstreffen bei dem einem oder anderen der Darsteller vorgetragen wurden. Eine große Hilfe hatte sie auch immer seitens ihrer leider viel zu früh verstorbenen Tochter, die die Kostüme für die Aufführungen entwarf und anfertigte. Für das Bühnenbild zeichnete meistens Puiu Moga.
Immer wieder waren anerkennende Chroniken anfangs von Hans Schuller, dann Hannes Schuster und Wolfgang Wittstock über die Vorführungen zu lesen. Auch Rohtraut Wittstock führte mit Ada Teutsch ein Gespräch, das im „Neuer Weg“ (1988) veröffentlicht wurde. Die Existenz der deutschen Theatergruppe wurde auch nach der Wende eine Zeit noch gesichert und wirkte bei der Gestaltung der Bunten Abende des Forums mit. Doch die Aussiedlungswelle hinterließ auch diesbezüglich seine Spuren. Es mangelte nicht nur an Interpreten, sondern auch an Zuschauern. Blättert man heute in dem angelegten Ordner von Ada Teutsch, findet man da nicht nur Chroniken, Plakate und Ankündigungen der Aufführungen, sondern auch zahlreiche Fotos auf denen natürlich bekannte Gesichter zu sehen sind, die in der Theatergruppe mitgewirkt haben: Kurt Nussbächer, Horst Dietmar Barf, Gernot Wagner, Rudolf Herbert, Christa Philipp, Dieter Acker, Esther Sommerauer/Piroska, Wolfgang Drotleff, aber auch unsere ehemaligen Redaktionskollegen Otto Winkler, Michael Jobi, Elke Antosch, Ursula Andree u.a. Parallel dazu setzte sich Ada Teutsch nach der Wende für die Aufnahme in die Evidenz der Russlanddeportierten ein, für die Kontakte zum Verband der ehemaligen politischen Häftlinge, um die Rechte der Betroffenen zu beanspruchen und baute die Forumsbibliothek auf. Erfreut ist sie jedes Mal über ein anerkennendes Wort und besonderes darüber, dass ihre Tätigkeiten nicht vergessen wurden und vieles in Erinnerung ihrer Mitbürger geblieben ist.
Dieter Drotleff
Jede Urkunde, jedes Foto, jeder Gegenstand weckt Erinnerungen: Ada Teutsch in ihrer Wohnung.
Foto: der Verfasser
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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