Billigwaren bei „Maria“
05.08.10
Der Kunde sollte sich aber nicht als König betrachten
Noch bevor die Wirtschaftskrise die Kaufkraft vieler Kunden beeinträchtigt hat und bevor Sparmaßnahmen und Gehaltskürzungen zum Alltag gehörten, gab es Geschäfte die mit niedrigen Preisen einen höheren Absatz verfolgten. Außer den sogenannten „Basaren“ die aber mit der Zeit in Kronstadt/Brasov stark eingeschränkt wurden, oder den Gebrauchtwarenläden, sind das Läden mit Ware aus China und Geschäfte die unter dem Motto „Alles zum Preis von 1 Euro“ oder ähnlichen Benennungen funktionieren.
Die zwei Kronstädter „Maria“-Geschäfte (einer im Victoriei-Boulevard, der andere im Astra-Viertel bei dem früher als „Complexul Mare“ bekannten Einkaufszentrum) sind ebenfalls Geschäfte die Billigware anbieten. Was sie von den anderen unterscheiden, sind die Dimensionen: da handelt es sich nicht um kleine Läden, sondern um größere Geschäfte mit vielen, langen Regalen. Man könnte meinen, dass zu Krisenzeit da mehr Betrieb ist. Das ist aber nicht unbedingt so. Die Kunden scheinen anspruchsvoller geworden zu sein; ein Schnäppchen-Preis ist wohl keine Garantie, dass ein reißender Absatz folgen wird.
Gleich beim Eingang empfängt einen ein Wächter und Fotos von Ladedieben. „Diese Person ist ein Dieb!“ steht über jedem Foto – es folgt Name, Herkunftsortschaft und die Summe um die das Geschäft geschädigt wurde sowie eine Warnung, dass die Polizei über die Ladendiebstähle in Kenntnis gesetzt wird. Dies soll wahrscheinlich abschreckend wirken, wie auch die Tatsache, dass der/die Wächter manchmal auch zu Körperkontrollen zurückgreifen. Taschen und Gepäck mus in einem Schließfach abgegeben werden. Eine solche „Behandlung“ zeigt, dass hier eher Misstrauen als Respekt dem Kunden gegenüber gezeigt wird. Auch sonst ist da der Kunde kein König. Kundenberatung sollte nicht erwartet werden, zu wenige Probekabinen sind vorhanden und die Waren sind da in der Regel wie in einem Depot gelagert, so dass man eher darin wühlen als auswählen muss. Hinzu kommt der charakteristische Geruch von Plastikware, laute Musikbeschallung und (beim Laden im Victoriei-Boulevard) ein heruntergekommener Fußbodenbelag.
Die Preise sind tatsächlich billig, was auf eine bescheidene Qualität der Ware schließen lässt. Schuhe, Hosen, Hemden, Trainingsanzüge, Polster, Decken, Spielsachen, Geschirr und andere Küchenartikel, Schreibware, Kosmetika, Haushaltsgeräte und Werkzeuge sind hauptsächlich chinesischer Herkunft. Manches kann ruhig als Kitsch bezeichnet werden, weil da sogar Gemälde und billiger Schmuck vorzufinden sind.
Das Preisargument (die höchsten Preise liegen bei rund 50 Lei) dürfte wahrscheinlich für viele der einzige Grund sein, in solchen Läden einzukaufen. Dafür gibt es viele andere Überlegungen (vom „fairen Handel“ d.h. korrekte Entlohnung der Arbeitskräfte aus dem fernen und schwach entwickelten Ausland, bis zu gesundheitlichen und ökologischen Aspekten) dieses nicht (oder zumindest nicht ausschließlich) zu tun.
Ralf Sudrigian
Foto: Das erste Stockwerk des „Complex“, früher eines der gut besuchten Geschäfte des sozialistischen Handels, ist heute von Billigwaren monopolisiert.
Foto: der Verfasser
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