Carl Dietrich – Namensgeber in den Karpaten
07.10.10
Taminaschlucht und Huttenfels gibt es auch in Siebenbürgen
Wer kennt sie nicht, die Taminaschlucht am Hohenstein? Zumindest den Wanderern in den Karpaten rund um Kronstadt ist sie bekannt. Dass es eine gleichnamige Schlucht auch in der Schweiz gibt, wissen auch viele. Doch wo liegt die Verbindung zwischen diesen beiden Schluchten mit dem gleichen Namen? Das Bindeglied ist Carl Dietrich, dessen Lebensweg in dem folgenden Beitrag nachgezeichnet werden soll. Dieser erste Bericht muss leider bruchstückhaft bleiben, da vieles aus seinem Leben und Wirken nicht bekannt ist. Er soll daher auch anregen, sich weiter mit dem Wanderfreund zu beschäftigen. Für Hinweise, wie die Lücken in seiner Lebensbeschreibung geschlossen werden können, ist der Autor dankbar. Bitte richten Sie diese an die Redaktion.
Carl August Dietrich wird am 07.01.1813 in Engen geboren. Der Ort liegt am östlichen Rand des Schwarzwaldes. Seine Eltern sind der Bäcker Bernhard Dietrich und Anna Maria Amännin. Zwei Tage später wird er im selben Ort katholisch getauft. Über die nächsten Stationen des Lebens von Carl Dietrich ist wenig bekannt. Er hat wahrscheinlich die Volksschule in Engen besucht und ab 1827 eine Lehre beim Buchbinder Andreas Schuler, ebenfalls in Engen, gemacht. Sein Vater stirbt am 11.11.1834. Eventuell war er zu diesem Zeitpunkt bereits ausgewandert. Ziel und Weg sind nicht bekannt.
Die nächste verlässliche Information stammt bereits aus Kronstadt: Am 27.11.1838 heiratet er dort Anna Juliana Rehner. In den Nachlassakten seiner am 31.05.1840 verstorbenen Mutter ist vermerkt, dass Sohn Carl abwesend ist. Carl Dietrich lebt etwa fünfzig Jahre in Kronstadt und stirbt in seiner Wahlheimat am 28.03.1884.
Ein erstes berufliches Lebenszeichen von Carl Dietrich findet sich im „Adressenbuch der königlich freien Stadt Kronstadt“ von 1850, wo er als Vorsteher der Buchbinder-Innung genannt wird. In seiner Werkstatt in der Purzengasse fertigt er „alle Arten Galanterie- und Futteralarbeiten“. Zwischendurch scheint er seine Werkstatt in die Johannesneugasse verlegt zu haben, ab 1857 ist er wieder mit der Adresse in der Purzengasse im Kronstädter Adressbuch vermerkt. Und dies bis zu seinem Todesjahr 1884.
Ob Carl Dietrich bereits in seiner Schwarzwälder Heimat und in den Schweizer Bergen wanderte, ist nicht überliefert. Die Vermutung liegt jedoch nahe, da er mehrere Orte in den Bergen rund um Kronstadt nach Schweizer Vorbildern benannt hat. Von Kronstadt aus scheint er regelmäßig die Umgebung wandernd erkundet zu haben. Zeugnis davon sind mehrere Namensgebungen: Taminaschlucht, Huttenfels, Rütli. Darüber wird mehrfach berichtet. So schreibt Julius Römer: „Unter den Waidmännern, die vor der gesetzlichen Regelung der Jagd die Burzenländer Berge durchstreiften, gab es auch Ortsfremde, die die Schönheit des Landes priesen, auch wenn es ihnen keine Jagdbeute bot. Es waren die ersten Turisten. Unter ihnen sei hier des Buchbinders Dietrich gedacht, der, ein gebürtiger Schweizer, einige Stellen der Burzenländer Berge nach großartigen Schweizer Vorbildern benannte. So ist es in der Gebirgsbenennung zur Taminaschlucht und dem Huttenfels am Hohenstein und zum Rütli in der Schulerau gekommen.“
Walter F. Gutt schreibt zu diesem Thema: „1864 - Ein aus der Schweiz stammender Buchbinder Hans Dietrich, benennt die von ihm entdeckte Schlucht auf der Tömöschseite des Hohensteins Tamina, nach ihrer Ähnlichkeit mit einer gleichnamigen Schlucht in der Schweiz. Herr Dietrich war ein besonders guter Kenner der Kronstädter Gebirge und Umgebung. Den Aussichtsfelsen der Taminaschlucht benannte er Huttenstein. Auch der Name Dietrich-Felsen wurde benutzt, setzte sich aber nicht durch.“ Die zitierten Autoren – und es gibt noch ein paar mehr, welche sich zu diesen Namensgebungen geäußert haben – erliegen alle dem Irrtum, dass Carl Dietrich aus der Schweiz stammt. Vermutlich hat auch der eine oder andere abgeschrieben, ohne die Angaben zu überprüfen…
Während Taminaschlucht und Huttenfels problemlos lokalisiert werden können, ist dies bei dem angabegemäß in der Schulerau liegenden „Rütli“ nicht so einfach. Ob es sich – wie in der Schweiz – ebenfalls um eine Wiese handelt?
Ob Carl Dietrich auch in den in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandenen Wander- und Bergvereinen aktiv war, ist ungewiss. Unter den (Gründungs-)Mitgliedern des Siebenbürgischen Alpenvereins in Kronstadt ist er jedenfalls nicht zu finden.
Uwe Konst
Foto 1
Die rumänische Tamina-Schlucht am Hohenstein.
Foto: Cristian Frâncu
Foto 2
Die viel bekanntere gleichnamige Schlucht liegt in der Schweiz.
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