Das Grab von Karl Filtsch
19.05.11
Es liegt auf dem venezianischen Friedhof San Michele
Bei meinem Ausflug nach Venedig besuchte ich auch die Insel San Michele, den Friedhof von Venedig. Dieser Friedhof entspricht nur teilweise dem, was wir unter Friedhof verstehen. Nur ein Teil der Fläche ist von Erdgräbern eingenommen, der Großteil der Gräber befindet sich in Kolumbarien.
Kolumbarien wurden im antiken Rom erfunden, als es an Flächen für Erdbestattungen mangelte. Deshalb wurden die Urnen mit der Asche der Verstorbenen in Mauernischen, die in mehreren Stockwerken übereinander angeordnet waren, beigesetzt. So entstand auch auf der Insel San Michele in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als ein Krematorium gebaut wurde, eine Anlage mit Kolumbarien.
Das Edikt Napoleons I. vom 11.06.1804 über die Säkularisierung der Klöster war auch für Venedig, das damals zu Frankreich gehörte, gültig. Das führte zu der Auflösung des Kamaldulenserklosters San Michele auf der gleichnamigen Insel.
1837 wurde, nachdem die Insel San Michele mit der Insel San Christophoro verbunden worden war, der Zentralfriedhof Venedigs gebaut. Dieser ist in Parzellen eingeteilt, darunter gibt es auch eine evangelische und eine orthodoxe Parzelle, auf der unter andern Igor Strawinsky und Djagilew ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Erwähnt sei noch, dass auch der deutsch-italienische Komponist Ermano Wolf – Ferrari auf diesem Friedhof 1948 bestattet wurde.
Eine andere berühmte Persönlichkeit die hier 1853 bestattet wurde, ist Christian Doppler, der durch seine Arbeiten den nach ihm benannten Doppler-Effekt vorausberechnet hat, durch den viele Gebiete der modernen Physik revolutioniert wurden. Dieser Effekt ist heute aus Medizin, Meteorologie, Flugtechnik und noch vielen Gebieten des täglichen Lebens nicht mehr wegzudenken.
Als ich die evangelische Parzelle besuchte, war ich über deren Anblick geschockt. Sie sieht mit den vielen umgestürzten Grabzeichen, Kreuzen und Stelen, den geborstenen Grabplatten und den eingestürzten Gräbern verwahrlost aus. Die meisten Inschriften sind unleserlich. Was noch erkennbar ist, sind meistens englische Namen, nur hie und da ein deutscher. Nachdem ich mich vom ersten Schreck erholt hatte, stand ich plötzlich vor dem Grab von Karl Filtsch (1830-1845). Dieses sah besser aus als seine Umgebung, wie es aus den beigefügten Fotos ersichtlich ist. Sogar Blumen standen davor, das heißt, dass Filtsch auch hier nicht ganz vergessen ist. Leider ist nicht ersichtlich, von wem das Denkmal gebaut wurde.
Ich war froh, dass ich dieses Grab zufällig gefunden habe, denn ich hatte nicht daran gedacht, obwohl mir dann nachher einfiel, dass ich es eigentlich gewusst hatte.
Erwin Hellmann
Foto 1
Auf Filtsch's Grabstein steht, außer den Lebensdaten, folgende Inschrift: „Der Künstler schlaeft, es ruhn die theuren Haende die maechtig einst beherrscht der Töne Meer. Doch immer wache tiefe Herzen Sehnsucht. Nennt seinen Namen, segnet ihn und weint.“
Foto 2
Blumen am Grab des siebenbürgischen „Wunderkindes“
Foto 3
Alte, vernachlässigte Gräber am selben Friedhof in Venedig
Fotos: der Verfasser
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