Das Kloster der Heiligen Corona und die Anfänge von Kronstadt (1203-1235)
23.09.10
Klosteranlage und städtische Entwicklung (III)
Wie aus den Arbeiten von Paul Niedermaier zu entnehmen ist, ist die erste Siedlung, die mit dem Kloster in der heutigen Inneren Stadt im Zusammenhang stand, in der Umgebung der Bartholomäer Kirche zu suchen – möglicherweise gab es auch ein pastorales Betreuungsverhältnis zwischen Kloster und Pfarrgemeinde in Bartholomä, was allerdings die Anwesenheit von Prämonstratenser Mönchen zur Voraussetzung hätte. Wie bei der Kirche der Hl. Corona gilt auch für jene unter dem Gesprengberg eine peinlich genaue Beachtung in der Ausrichtung der Kirchenachse auf den Punkt am Horizont, an dem die Sonne am Bartholomäustag (24. August) aufgeht. Das Kloster in der Inneren Stadt und eine diese umgebende mögliche Handwerkersiedlung und die von der Parzellenstruktur her bäuerliche Siedlung um die Bartholomäer Kirche sind somit in gegenseitigem Bezug für die Zeit vor dem Mongoleneinfall von 1241/42 zu sehen. Infolge des Einfalles kam es dann im Bereich Bartholomä zu einer Siedlungsverlagerung, deren Bezugspunkt der Martinsberg war, für den als Komitatssitz eine Reihe von Indizien sprechen, die von Niedermaier in überzeugender Weise zusammengetragen wurden („Der mittelalterliche Städtebau in Siebenbürgen“, 3 Bde., 1996-2004). Das Burzenland war infolge der Vertreibung des Deutschen Ordens in die für Ungarn damals übliche territoriale Organisationsform, das Komitat, eingegliedert worden. Der Szeklergraf war zumeist in Personalunion auch Graf des neuen Kronstädter Komitats. Die zugehörige Siedlung ist mit Niedermaier in einem Areal um die Langgasse auszumachen, das von der Kreuz-, Mittel- und Schützgasse abgegrenzt wird.
Beide Siedlungen lagen somit in einer ausreichenden Entfernung zum Kloster der heiligen Corona, so dass sie das monastische Leben nicht störten. Aus der Siedlungsverlagerung entlang der Langgasse im 13. Jahrhundert erwächst wohl auch die Unschärfe in der genauen Lokalisierung der Vorortbezeichnungen „Bartholomä“ und „Altstadt“.
Die genaue Ortswahl für das Kloster im Zinnental bestimmte das Plateau, das sich heute zwischen Katharinentor und [aguna-Lyzeum erstreckt. Als Fläche mit geringer Neigung war es wahrscheinlich versumpft und bot als solches auch Schutz für das Kloster. Zugleich erleichterte die Plateaulage das menschliche Eingreifen zur Regulierung des Bachbettes durch Kanalisierungsmaßnahmen. Es spricht einiges dafür, den ursprünglichen Verlauf des wasserreichen Baches im Zinnental im Bereich der Waisenhausgasse bzw. Schwarzgasse zu suchen. Bezeichnenderweise heißt das Hauptgewässer im Zinnental erst ab dem Eintreten in den Bereich der Inneren Stadt „Graft“. Das Wort weist in den norddeutschen Bereich und ist eine Bezeichnung die dem Kanalbau zugehört. Die Künstlichkeit des Bachbettes hinter der Stadtmauer wird auch durch die Geländeneigung in der Inneren Stadt bestätigt. Durch den Eingriff konnten zwei wichtige Ziele für die Gesamtheit der Bewohner um 1200 erreicht werden: Das Kloster sowie frühe Hofstellen auf der Zeile der späteren Klostergasse/Marktplatzt/Rossmarkt waren beidseitig durch Wasserläufe geschützt. Entlang der Wasserläufe und des zugehörigen Baumbestandes konnten Verhaulinien errichtet werden, die vor ungebetenen Gästen schützten, nämlich vor wilden Tieren. Ferner wurde der Wasserreichtum im Zinnental, der bei Wolkenbrüchen schnell zur Gefahr werden kann, kanalisiert und damit kontrolliert. Gleichzeitig konnte mit der Maßnahme die relative Wasserarmut für die Siedlungen im Bereich der Langgasse behoben werden, ohne Überflutungen zu riskieren. Im Bereich der Inneren Stadt entstand erst durch diese Maßnahme Sicherheit für die Umsetzung großer Bauvorhaben, v.a. der Kirche.
Der obige Rekonstruktionsversuch entstand im Austausch mit Harald Roth bzw. im Rahmen der Betreuung seines neuen Kronstadtbuches durch das Archiv der Honterusgemeinde. Sein Buch, in dem vielen spannenden Fragen nachgegangen werden wird, die man sich bei der Lektüre der obigen Zeilen durchaus stellen muss, soll noch im Herbst 2010 im Böhlau Verlag erscheinen. Die spannendsten darunter dürften die folgenden sein: Wie schlimm sah es in Kronstadt nach dem Mongoleneinfall 1241 aus? Wann wurden die Prämonstratenser von den Zisterziensern abgelöst? Wann geriet die Hl. Corona in Vergessenheit und wurde durch die Hl. Maria ersetzt bzw. verdrängt? Wie wurde aus den verschiedenen mittelalterlichen Siedlungszentren auf dem Stadtgebiet von Kronstadt tatsächlich eine Stadt, die sich gegenüber Marienburg und Zeiden durchsetzen konnte? Die Quellenlage, wie sie sich derzeit darstellt, wird zweifelsfreie Klärungen nicht in jeder Hinsicht ermöglichen. Besonders karg fließen die Informationen zur zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Das Suchen nach weiteren Hinweisen, schriftlicher wie nicht schriftlicher Art und das immer wieder neue Denken und Durchdenken des Problems dürfte und sollte weiter gehen.
(Schluss)
Thomas Sindilariu
Foto: Diesem Modell hätte die Bartholomäer Kirche gleichen müssen, wenn die Mongolen 1241 den Bau nicht unterbrochen hätten. Rekonstruktion nach Paul Niedermaier
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