„Die Mitarbeiter sind viel wichtiger als das Geld“
12.02.09
Ein Gespräch mit Richard Sterner, dem Geschäftsführer des DFDKK
Er ist 31 Jahre jung, verheiratet, spricht Ungarisch (als Muttersprache), Rumänisch, Deutsch und Englisch. Richard Rezsö Sterner hat 2002 sein Studium (Geographie-Englisch) an der Klausenburger „Babes-Bolyai“-Universität beendet und anschließend an der dortigen deutschsprachigen Abteilung der Erdkunde-Fakultät unterrichtet. Zu seiner Lehrertätigkeit kommen auch zwei Jahre am Honterus-Lyzeum hinzu. Außerdem war er als Reiseveranstalter und -führer tätig. Mehrere in den USA verbrachte Monate haben seinen Horizont erweitert. Obwohl er auch nach Kanada auswandern konnte, sieht Sterner seine Zukunft hierzulande. Über den jungen Mann mit vielen Hobbys (Höhlenkunde, Wandern, Computer, vietnamesische Kampfsportart Qwankido) könnte viel geschrieben werden. „Richard Sterner ist ein stolzer Siebenbürger“ ist die Schlagzeile seiner Webseite (www.sternertravel.ro). Im folgenden Interview mit ADZ/KR-Redakteurin CHRISTINE CHIRIAC spricht Sterner über seine Tätigkeit als Geschäftsführer des Kronstädter Forums – ein neues, aber ihm nicht fremdes Betätigungsfeld, das nun seit Jahresanfang in seinem Lebenslauf erscheint. (RS)
Sie hatten bis jetzt so vielseitige Tätigkeiten. Wie haben Sie sich für die Arbeit als Geschäftsführer im Demokratischen Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt entschlossen?
Wahrscheinlich hängt das auch mit der Identitätssuche zusammen. Ich habe verstanden, dass für mich nicht unbedingt allein der materielle Wohlstand zählt und das hat auch meine Familie verstanden. Wenn man viel Geld hat und nicht froh ist, bringt das auf die Dauer auch nicht viel.
Ich muss zugeben, die letzten Jahre im Tourismus haben mich fast erschöpft. Viele sagen: wie schön die Arbeit im Tourismus sein kann, als Reiseveranstalter fährt man überall hin. Wenn man aber der Tätigkeit als Reiseführer näher kommt, dann merkt man, es ist eine sehr schwere Arbeit. Man arbeitet von morgens um 7 bis um 10 in der Nacht; man ist ständig unter Druck, unterwegs; man hat kein Familienleben; man hat eine sehr volle Saison, dann einen traurigen Winter... Das ist zu viel.
Ich wollte meine Ruhe finden; ich wollte keine Reisebehörde mehr, sondern eine Arbeit die mir ein stabiles Programm zubringt. Das heißt acht Stunden täglich und dann habe ich den Abend frei und kann mich auch meinen Hobbys widmen. Jetzt ist meine Woche sehr gut eingeteilt und ich habe auch Freizeit.
Und wie kamen Sie zum Forum?
Beim Forum habe ich mich vorher ehrenamtlich mit der Webseite beschäftigt, ich war in Kontakt mit Frau Anna Sylvester (der ehemaligen Geschäftsführerin) und mit Fabien Stephan (dem damaligen ifa-Kulturmanager). Ich hatte eigentlich vor, meinen Lebenslauf bei verschiedenen Firmen einzureichen und mal sehen, was sich ergibt. Dann habe ich erfahren, dass Frau Sylvester ihr Amt im Forum niederlegen wollte und da habe ich begonnen, es mir zu überlegen: wie wäre es als Geschäftsführer beim Deutschen Forum? Ich war aber noch nicht entschlossen.
Irgendwann im Oktober, gegen Ende der Saison und Abschluss meiner letzten Tour, war ich gerade bei der Heldenburg bei Krebsbach/Crizbav. Da rief mich der Kronstädter Forumsvorsitzende Wolfgang Wittstock an und fragte, ob ich nicht interimistisch die Stelle als Geschäftsführer übernehmen wollte. Alles kam sehr schnell, dann war ich schon hier, es ging los. Es gefällt mir sehr, ich mache meine Arbeit hier sehr gerne.
Sie sind oft auch über das Acht-Stunden-Programm hier, es gibt Veranstaltungen, Sitzungen... Welche sind denn Ihre Aufgaben?
Ich muss die finanzielle Lage des Forums immer vor Augen haben, sehen ob alles stimmt, ob wir genügend Geld für alle Ausgaben haben, ob die Mieter rechtzeitig zahlen - jetzt gibt es gerade einige Probleme mit manchen Mietern, aber sonst zahlen sie rechtzeitig.
Dann muss ich ständig in Kontakt mit der Buchhalterin sein. Ich beschäftige mich auch mit der Webseite (www.forumkronstadt.ro und www.forumbrasov.ro). Ich pflege sie, denn es gibt jeden Tag Kleinigkeiten, die man auf der Seite ändern muss, die „Karpatenrundschau“ aufladen, die Veranstaltungen bekanntmachen...
Ich sorge für die Logistik, die die verschiedenen Veranstaltungen bedient, also für alles, was Computer betrifft, Drucker vernetzen, Werbung, Korrespondenz, Anschaffen von verschiedenen Gegenständen...
Hinzu kommen die Projekte des Forums Kronstadt und der Ortsforen. Ebenfalls die Regierungsgelder, die man beantragen muss... Alle diese Projekte laufen über meine Dienststelle. Das ist nicht schwer, nur bedeutet es viel Schreibarbeit. Oft mehr Arbeit als das Geld wert ist, das man von der Regierung erhält. Aber das muss gemacht werden.
Ich überprüfe auch die Heizung, ob sie an ist, ob sie richtig funktioniert, Dach, Schlösser, Postlädchen... Dann noch die Autos, die wir haben (drei Busse und ein PKW), die muss ich auch betreuen.
Ich merke, dass Sie hier im Büro alle Schlüssel haben...
Ja, das habe ich so „geerbt“. Der Geschäftsführer öffnet alle Türen des Forums so zu sagen.
In Ihrem Büro sind fast immer Leute, Sie sind hier eine wichtige Kontaktperson...
Ja, hier sind ständig Leute. Vor allem die Gruppen, die ihre Tätigkeit hier im Forum durchführen: der Handarbeitskreis, die Blaskapelle, das Jugendforum, die Russlanddeportierten... Ich bin acht Stunden am Tag hier, aber ich brauche auch Zeit außer dem Programm mit den Leuten. Ich muss oft in die Bank oder zu verschiedenen Behörden. Die Geschäftsstelle ist also fürs Publikum etwa von 10 bis 15 Uhr offen...
Welche Pläne haben Sie, was würden Sie im Forum noch verändern, eventuell verbessern?
Erstens habe ich vor, die Leute zu mobilisieren, damit sie auch Anderes im Rahmen des Forums unternehmen.
Ich will die Tabellen und die verschiedenen statistischen Daten des Forums auf den Rechner eintragen, damit man einen Überblick hat und alles viel einfacher managen kann. Zum Beispiel die Evidenzen der Forumsmitglieder sollen auch im Rechner geführt werden. Ich will die Webseite weiterhin betreuen und für sie so viel wie möglich werben. Ich möchte dann eine Vernetzung der deutschsprachigen Bibliotheken in Kronstadt einrichten, ein virtuelles Verzeichnis, wo die Bücher des Forums, des Archivs, des Deutschen Kulturzentrums, der Kirchengemeinden usw. eingetragen sind, und wo der Leser via Internet das gewünschte Buch aussuchen und lokalisieren kann... Ich habe auch ein Buchhaltungsprogramm gestaltet, wodurch jede Gruppe des Forums die eigene Geldevidenz führen kann. Für die Jugendlichen zum Beispiel, finde ich es gut, denn es macht sie verantwortlich gegenüber ihren Ausgaben und Einnahmen.
Ebenfalls will ich die Jugendarbeit aktivieren, soweit ich es kann.
Es wäre vieles im Plan, aber für nur zwei Leute, Herr Wittstock und ich, ist es schwer alles zu machen, was das Forum betrifft und was man sich hier vornimmt. Mein Problem ist, dass die Leute fehlen...
Die Leute, also nicht unbedingt das Geld?
Das Geld fehlt immer, vor allem in dieser Phase (wo wir einige Probleme mit den Mietern haben), aber meiner Meinung nach kann man auch mit wenig Geld relativ viel machen, wenn man nur ein gutes Team hat. Die Mitarbeiter sind viel wichtiger als das Geld.
Wie geht die Jugendarbeit im Forum?
Das war eigentlich meine erste Annäherung zum Forum, als Frau Sylvester noch hier war: ich wollte bei der Jugendarbeit helfen...
Die Jugend-Volkstanzgruppe soll ihre erste Probe, nach einer längeren Pause, am 27. Februar halten. Wir haben auch Gelder beantragt, damit wir die Trachten machen lassen. Ich koordiniere die Jugendzeitschrift „Clique“ so viel ich kann, die neue Nummer ist unlängst erschienen. Ich will bald auch ein Workshop abhalten, um den Jugendlichen ein Computerprogramm vorzustellen, sodass ihnen die Arbeit mit dem Rechner einfacher wird - und die Kosten bei der Druckerei geringer. Vielleicht wird es mir in Zukunft gelingen, einen Webdesign- und Fotoklub für sie zu organisieren. Denn die Jugend ist sehr wichtig, man sollte ihr unbedingt etwas Interessantes anbieten. Wenn man die Jugend nicht hat, die nachkommt, dann fragt man sich, wie sinnvoll der Einsatz ist.
Arbeiten Sie gut mit den anderen deutschsprachigen Institutionen in Kronstadt zusammen?
Ja, selbstverständlich, und auch mit den anderen Foren im Land. Viele Leute kenne ich von vorher, als ich noch im Tourismus arbeitete. Und der Forumsvorsitzende hilft mir viel, denn er kennt die Leute besser als ich und seit längerer Zeit.
Ich wünsche mir, dass unser Forum ein Treffpunkt für alle Deutschen im Kreis Kronstadt wird, ein Ansprechstelle für alle, die sich der deutschen Minderheit verbunden fühlen.
Hat das Interesse der Leute zugenommen, seit Sie hier sind?
Ich bin erst seit kurzer Zeit hier und ich kann das noch nicht beurteilen. Das Feedback ist etwas passiv, aber die Sachen bewegen sich. Auch auf der Webseite hatten wir im Januar einen Rekord der Besucheranzahl. Ja, die Leute sind neugierig geworden. Ich kann sagen, wir gehen in die gute Richtung.
Richard Sterner ist ab dem 1. Januar 2009 der Geschäftsführer des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt
Foto: Ralf Sudrigian
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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