Ein Burzenländer Bürgermeister stellt sich vor
04.02.10
Sorin Taus erzählt über seine Arbeit in Marienburg
Seit Juli 2008 ist Sorin Taus (Jahrgang 1966) Bürgermeister in der Gemeinde Marienburg/Feldioara im Burzenland, zu der auch der Ortsteil Reconstructia – die Wohnkollonie bei der ehemaligen Ziegelfabrik – und das Dorf Rothbach/Rotbav gehören. Insgesamt hat die Gemeinde Marienburg rund 7000 Einwohner, davon ungefähr 30 Sachsen. Taus hat sich vorgenommen, die Gemeinde auf mehreren Ebenen zu entwickeln: in erster Linie wirtschaftlich, um in den Unternehmen der Investoren Arbeitsplätze für die Marienburger und Rothbacher zu schaffen und zu sichern; kulturell, damit die Schüler und Lehrer in guten Bedingungen Unterricht halten können und die Einwohner der Gemeinden ein interessantes Angebot für ihre Freizeit genießen; letztendlich touristisch, um die drei Dörfer in die Aufmerksamkeit der Besucher zu rücken.
Wie ist der Gemeinderat in Marienburg zusammengesetzt?
Der Gemeinderat Marienburg besteht aus fünfzehn Mitgliedern. Davon sind sieben von der PNL, fünf von der PDL und drei von der PSD. Seitdem ich Bürgermeister bin, wurden alle Entscheidungen des Gemeinderates einstimmig getroffen. Das ist bemerkenswert. Für mich bedeutet es, dass die Dinge richtig funktionieren und dass wir in den wichtigen Angelegenheiten übereinstimmen. Außerdem wurde bislang keine Entscheidung unseres Gemeinderates von der Präfektur Kronstadt vor Gericht gebracht – in anderen Ortschaften kommt es leider oft vor.
Welche Ihrer Projekte sind schon in Marienburg, Reconstructia und Rothbach abgeschlossen?
Die Gemeindesäle aus Rothbach und Reconstructia, sowie das Kulturhaus aus Marienburg wurden in relativ kurzer Zeit von Grund auf instandgesetzt. Das Kulturhaus Marienburg hat drei Stockwerke und verfügt über einen sehr modernen Saal mit geräumiger Bühne. Bei der Eröffnungsfeier im Juni 2009 sind hier die Schauspieler Emilia Popescu und Florin Piersic aufgetreten. Im Dezember hatten wir Ducu Bertzi mit einem Weihnachtskonzert zu Gast.
Im Kellergeschoss wurde ein Fitness-Saal gebaut, auf den ich stolz bin. Die allerwenigsten Gemeinden verfügen über einen neu eingerichteten Sportsaal.
Die Lehreinheit im Wohnblockviertel Brazilor ist wiederhergerichtet worden. Sowohl der Kindergarten, als auch die Schule, die dort funktionieren, verfügen über Zentralheizung und wurden mit allem Notwendigen ausgestattet.
Zentralheizung haben wir auch im „B“-Gebäude eingebaut, wo die Schulklassen fünf bis acht unterrichtet werden. In Kürze sollen dort auch die Außenwände saniert werden.
Für die Reparatur der ehemaligen Ackerbauschule, wo jetzt die Klassen eins bis vier lernen, hat das Bürgermeisteramt ein Projekt für EU-Gelder entwerfen lassen. Es wurde bereits als verwalterisch angemessen und wählbar erklärt und damit in die Etappe der technischen und finanziellen Evaluierung aufgenommen. Wenn uns das Projekt gelingt, wird die Grundschule sehr modern sein.
Außerdem haben wir rund um die wichtigen historischen Bauten Scheinwerfer eingerichtet, die evangelische und orthodoxe Kirche aus Marienburg werden beleuchtet und können auch nachts von weitem, von der Landstraße, gesehen werden. Bald folgen die Burg, das Studentendenkmal und die evangelische Kirche aus Rothbach.
Wie ist die Situation des Schulgebäudes „A” im Zentrum von Marienburg, wo das Lyzeum untergebracht ist?
Das Gebäude ist von der Evangelischen Kirche, dem eigentlichen Eigentümer, mit unbestreitbaren Akten beansprucht worden. Ich möchte das Gebäude kaufen, hoffentlich zu einem nicht sehr hohen Preis, und es dann gründlich sanieren. Dort soll auf jeden Fall das Lyzeum bleiben. Aber um reparieren zu können, muss ich zu erst Eigentümer sein.
Welches sind die laufenden Projekte des Bürgermeisteramtes?
Wir haben ein Projekt im Wert von 200.000 Euro für die Tourismusförderung bei der zuständigen Behörde eingereicht. Wir möchten im Zentrum von Marienburg einen Informationspunkt einrichten lassen, wo die Besucher erfahren können, was in der Gemeinde und der Umgebung zu besichtigen ist. Dort sollen nicht nur die historischen Bauten aus Marienburg und Rothbach und die Teiche erwähnt werden, sondern auch die touristischen Ziele in den Nachbardörfern. Somit soll Marienburg etwas mehr in den Mittelpunkt des Burzenlandes rücken. Es wäre von Vorteil auch für die Nachbargemeinden, denn die Touristen wären auf Anhieb über alles Sehenswerte informiert. In Rothbach und Reconstructia möchten wir Info-Kiosks bauen lassen, so wie sie im Ausland sind.
Die Wasserkläranlage ist ein weiteres sehr wichtiges Projekt, im Wert von 18 Millionen Euro. Im November hat die Versteigerung stattgefunden. Hoffentlich wird die Planung nicht länger als fünf-sechs Monate dauern und noch in diesem Jahr die Gewinnerfirma mit den Bauarbeiten beginnen.
Wir wollen die Kanalisationsarbeiten und den Anschluss an die Methangasleitung parallel laufen lassen. Das Kanalisationsnetz ist schon in Planung und im Mai oder Juni soll die Versteigerung für die Ausführung stattfinden. Rothbach und Reconstructia sind in dieses Projekt nicht miteinbezogen, für sie müssen wir ein zweites Projekt entwerfen lassen.
Zudem hat die Asphaltierung der Strasse, die von Marienburg nach Krebsbach führt, seit einer Weile begonnen.
Im Umland entsteht ein Industriepark. Welche Investoren konnten für Marienburg und die Umgebung gewonnen werden?
Zu erst kam die Firma H & E Reinert, ein Fleischverarbeitungsunternehmen mit ausschliesslich deutschem Kapital. Im November vergangenen Jahres fand auch die Eröffnung des Produktionswerkes Miele statt. Die Firma Terra, die in der österreichischen Baugeräteindustrie den zweiten Platz belegt, hat ebenfalls in unserer Gegend investiert. Die österreichische Firma Log Center will einen Logistikpark auf 20 Hektar bauen. Condmag, ein Unternehmen, das im Bereich der Gasinstallationen arbeitet, hat schon ein Grundstück gekauft und arbeitet an der Planung. Ich hoffe, dass auch andere Investoren hinzu kommen, vor allem aus dem deutschsprachigen Raum, auch weil die Gemeinde ursprünglich eine sächsische war.
Im vergangenen Herbst haben Sie die erste Auflage des “Marienburgfestes“ veranstaltet. Wie soll es damit weiter gehen?
Das war ein vielversprechender Anfang. Das Feuerwerk, die Live-Konzerte (u.a. auch mit Holograf), die Wettbewerbe und die Überraschungen sowie der Pferderundgang hatten bei den Leuten grossen Erfolg. 2010 möchten wir die zweite Auflage organisieren. Hoffentlich kann das Festival trotz der krise, mit Hilfe seitens der Sponsoren, weitergeführt werden. Das Jahr 2011 soll ein Gipfel sein – dann werden wir 800 Jahre seit der ersten urkundlichen Erwähnung des Burzenlandes feiern. Wir haben auch die Marienburger aus Deutschland eingeladen und werden voraussichtlich einen Bustransport organisieren. Je mehr Gäste kommen, desto besser ist es für unsere Gemeinde.
Vielen Dank für Ihre Antworten und weiterhin viel Erfolg!
Die Fragen stellte
Christine Chiriac
Foto 1
Die Marienburger Kirche in der Sommersonne
Foto:Waldemar Stadler
Foto 2
Bürgermeister Sorin Taus, Dechant Christian Plajer und Forumsvorsitzender Wolfgang Wittstock (v.l.n.r.) bei der Michael-Weiss-Gedenkfeier in Marienburg
Foto: Ralf Sudrigian
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
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E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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