Eine vergessene Schriftstellerin
05.05.23
Vor 90 Jahren starb am 27. Februar in Kronstadt im Alter von nur 27 Jahren Karola Nagy Hunyadi. Geboren wurde sie 1906 in Schässburg. Ihre Kindheit verbrachte Karola Nagy in Kronstadt in mehreren Pflegefamilien unter Anderem auch in jener des Klempners Georg Wagner in der heutigen Cuza-Voda-Straße. Sie besuchte das römisch-katholische Mädchengymnasium und eignete sich als Autodidaktin eine reiche Allgemeinkultur an mit guten Sprachkenntnissen auch in Französisch, Englisch, Deutsch, Russisch. Nach in Mediasch und Bukarest verbrachten Jahren kehrte sie nach Kronstadt zurück, wo sie ab 1930 für „Brassoi lapok“ und „Népújság“ Reportagen und Essays schrieb und Interviews führte. Beigesetzt wurde sie am römisch-katholischen Friedhof oberhalb der Postwiese.
Ihr Wirken als Dichterin, Theaterautorin, Journalistin und Übersetzerin stand im Zeichen des sozialen Engagements und einer leidenschaftlichen Weiblichkeit, so dass sie mit der russischen Malerin Maria Bashkirtseff (1858 – 1884) verglichen wurde - eine Vorkämpferin für Frauenrechte deren postum veröffentlichtes Tagebuch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts als Kultbuch galt. Zum Bekanntenkreis von Nagy Karola gehörte auch der Rechtsanwalt und spätere rumänische Premierminister der 1960-er Jahre Ion Gheorghe Maurer der mit folgender Aussage über die ungarische Schriftstellerin zitiert wird „Ich hatte sie in mein Gedächtnis, zugleich in mein Herz geschlossen“.
Die Nichte der Dichterin, Eva Glatthaar-Telicsak Hunyadi, widmete ihrer Tante ein Gedicht das Anfang März in der Kronstädter Wochenschrift „Brassoi lapok“ veröffentlicht wurde. Sie stellte der KR auch die von ihr verfasste deutsche Fassung zur Verfügung sowie ein Foto von Karola Nagy und weitere Details aus der Familiengeschichte in Zusammenhang mit der nun in Vergessenheit geratenen Kronstädter Schriftstellerin. (RS)
Ziegeln
in memoriam Nagy Karola Hunyadi
Zerrissene Ziegelmunde gaffen mich an
blass, nackt, durstig, hungrig
Karola, „Komm mal“, erinnerst du dich, so
hast du deiner jüngsten Schwester Mandi
gesagt, meine Mutter, und sie zu mir.
Halte fest meine Hand. Ich fühle schon
zerrissenes Ziegelmund-Geschwätz.
„Ich war da“, dein Buch. Nein, du bist da
in der ungarischen Literatur
zwischen den Berühmten im
Lexikon-Ansturm:
Nagy Karola Hunyadi - ungarischer Adel.
Das Theater ist heute zu, „Bandi und Claire“
warten auf die mutwillige Claire.
Ady‘s Dichtungsabend auf der Bühne -
Das Publikum ist aus dem Häuschen.
Zerrissenes Ziegelmunde-Geschwätz hässlich.
„Schau mir nicht nach“, ein anderes Buch.
Du kannst mich sowieso nicht sehen.
Dazu braucht man nicht nur Augen
Sondern viel Anderes mehr.
Ich trag dir Mimosen, aber nur in Gedanken
Anders geht‘s nicht; verstehst‘s nun schon.
Dein Platz bei Gottes Sohn ist hoch verdient.
von Eva Glatthaar-Telicsák Hunyadi
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