Erstmals eine zusammenfassende, umfangreiche Darstellung
24.12.09
„Geschichte der Nordsiebenbürger Sachsen“ von Dr. Michael Kroner in Nürnberg erschienen
Nicht zum ersten Mal wird die Geschichte der Nordsiebenbürger Sachsen im allgemeinen Kontext der Geschichte Siebenbürgens behandelt. Letztlich war es in der „Geschichte der Siebenbürger Sachsen“ von Dr. Michael Kroner der diese ursprünglich in einer Serie von 12 Broschüren, im Vorjahr dann in zwei Bänden, ebenfalls in Nürnberg veröffentlichte. Schon 1976 widmete er in der „Sächsisch – schwäbische Chronik. Beiträge zur Geschichte der Heimat“ (Mitherausgeber Eduard Eisenburger), einen geschichtlichen Rückblick dieser Bevölkerungsgruppe und dem Gebiet in dem sie lebt. Nun widmete er eine spezielle Untersuchung die in einem 400 Seiten umfassenden, gut dokumentierten und illustrierten Band unter dem Titel „Geschichte der Nordsiebenbürger Sachsen“ in diesem Jahr erschienen ist. Herausgegeben wurde dieser vom Haus der Heimat Nürnberg und den Heimatortsgemeinschaften Nordsiebenbürgens. Es ist zum ersten Mal, dass eine solche umfangreiche, zusammenfassende Darstellung der beiden Gebiete, Nösnerland und Reener Ländchen, erstellt wurde. Einige von dem Autoren angesprochenen und analysierten Fakten, wurden auch von Alexandru Pintilei und Horst Göbbel in ihrem zweisprachigen (rumänisch-deutsch) Band „Wendepunkt in Siebenbürgen“ analysiert.
Dr. Michael Kroner strukturiert den aufliegenden Band in sechs Teile um alle Aspekte der Geschichte der Bevölkerung und dieses Gebietes einer genauen Untersuchung unterziehen zu können, dem Leser oder Geschichtsforscher die Möglichkeit zu bieten, rasch einen Überblick über die Fakten zu gewinnen die ihn thematisch von Fall zu Fall interessieren. Die reiche Illustration, bestehend aus Archivfotos aber auch ganz aktuellen Aufnahmen, Karten, Tabellen, Dokumenten, dem Literaturnachweis, machen den Band zu einem wichtigen Arbeitsinstrument.
Viele Aspekte der Geschichte nicht nur der Siebenbürger Sachsen finden Antwort im ersten Teil „Politische, rechtliche und gesellschaftliche Entwicklung von der Ansiedlung bis Anfang des 21. Jahrhunderts“. Dabei klärt der Autor auf, dass erst der Sachsengraf Frank von Frankenstein und andere Historiker am Ende des 17. Jahrhunderts, bezüglich der bis dahin verbreiteten Theorien über die Herkunft der Siebenbürger Sachsen, diesen ein Ende setzten und „wiesen das Deutsche Reich als Auswanderungsgebiet aus. Umstritten blieb aber das genaue deutsche Urheimatgebiet“. Der Erforschung dieser Urheimat widmeten sich dann mehrere Sprachforscher der „Nösner Germanistenschule“ wie Friedrich Kramer (1843 – 1911), Georg Keintzel (1858 – 1925), Gustav Kisch (1869 – 1938), Richard Huss (1878 – 1941), Hermine Pilder-Klein (1901 – 1998), Ernst Wallner (geb. 1912) und Friedrich Krauss (1869 – 1978). Nach den Mongoleneinfällen von 1241 und 1285, wird 1287 der Distrikt Bistritz erstmals urkundlich genannt und dessen Aufgaben festgelegt. Michael Kroner bietet weiter eine Einsicht in die Organisationsform dieses Gebietes, bezieht sich auf die Nösner Gräfen- und Patriziergeschlechter, einschließlich auf die des Reener Ländchens, und den Ortschaften die dem Reener Kapitel angehörten. Weiter kommen die Sonderrechte und Lasten der sächsischen Gemeinden die sich auf Komitatsboden befanden , die Rechtssprechung und Gerichtsbarkeit zum Ausdruck. Die Zeitepochen in denen Petru Rares im Besitz des Bistritzer und Rodnaer Distrikts war, der des Einflusses des ungarischen Adels (1541 – 1691) mit zahlreichen Thronkämpfen, Bürgerkriegen und Raubzügen im Fürstentum Siebenbürgen, die des Kuruzzenkrieges (1703 – 1711), die Zeitspanne unter österreichischer Herrschaft (1691 – 1867), werden weiter ausführlich untersucht. Die Folgen der Revolution von 1848/49, dann die Zeit unter der österreichisch-ungarischen Monarchie (1867 – 1918), die Vereinigung mit Rumänien, bis hin zum Wiener Schiedsspruch 1940, sind Fakten die in einer solchen Abhandlung nicht übergangen werden konnten und somit untersucht werden. Auch die Sachsen aus dem Bistritzer und Reener Gebieten wurden, so wie allgemein die deutschsprachige Bevölkerung des Landes, zahlreichen Repressivmaßnahmen ausgesetzt. Über die politischen Prozesse Ende der 50er Jahre die hier stattgefunden haben, in denen mehrere Sachsen verurteilt wurden, ist bisher weniger geschrieben worden, so dass der Band auch diesbezüglich Auskunft bietet. Der Autor geht weiter auf die Ereignisse nach 1989 ein, auf die massive Aussiedlung, auf den heutigen Stand der Aussiedler in den Ländern die zu ihrer neuen Heimat wurden.
Die wirtschaftlichen Leistungen in diesem Landstrich schildert der Autor ausführlich und bezieht sich auf Landwirtschaft, Zünfte, Handwerk, Handel, Bankwesen, einschließlich auf die Zeit der sozialistischen Wirtschaft. Beträchtlich ist die Entwicklung die die Marktwirtschaft in den Jahren nach der politischen Wende von 1989 erfahren hat. Die deutsche Firma Leoni ist der größte Betrieb der in Bistritz ansässig wurde und Kabelsätze für die Autoindustrie herstellt. In Sächsisch-Reen wurden nach 1990 die bestehenden Betriebe privatisiert. Nächster Teil ist Naturkatastrophen, Seuchen,Bränden gewidmet und endet mit dem im Vorjahr stattgefundenen Großbrand der in Restaurierung befindlichen evangelischen Stadtpfarrkirche von Bistritz dem der Kirchturm zum Opfer fiel. Der vierte Teil des Bandes wird dem Kirchenleben und den Kulturleistungen der Sachsen in diesem Landstrich gewidmet. Der Autor schildert in diesem Kontext auch das Schulwesen im Gebiet, stellt die da erschienenen deutschsprachigen Publikationen vor, geht auf Baudenkmäler in den verschiedenen Ortschaften ein, stellt Kirchenburgen vor. Aufschlussreich ist auch die demographische Entwicklung die es in diesem Gebiet gab. Hier lebten Völkerschaften wie Deutsche, Ungarn, Zigeuner, Juden, Armenier mit den mehrheitlichen Rumänen zusammen. Auch werden die Konfessionen denen die verschiedenen ethnischen Gruppen angehörten, vorgestellt.
Im sechsten und letzten Teil des Bandes, bietet Dr. Michael Kroner einen dokumentarischen Anhang. In diesem sind nachzulesen: der Freibrief des Königs Ludwig I. aus dem Jahre 1366 für die Sachsen des Bistritzer Distrikts, einige Artikel aus dem Eigenlandrecht (1583), die Feuerordnung der Stadt Bistritz (1733), die Sächsische Anschlusserklärung an Rumänien von Mediasch (8. Januar 1919), das Zusatzprotokoll zum Wiener Schiedsspruch über die Rechtsstellung der deutschen Volksgruppe in Ungarn (30. August 1940), Auszüge aus dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa die sich auf die deutsche Minderheit in Rumänien beziehen (1992), und andere Berichte.
Der Historiker und Autor des Bandes war selbst zehn Jahre (1958 – 1968) Geschichtslehrer und Direktor der Deutschen Abteilung des Lyzeums von Bistritz, so dass er konkret Leben und Sitten der Nordsiebenbürger Sachsen erleben konnte. In diesem Geschichtsbuch ist gleich feststellbar, dass der Autor, außer eingesehenen Dokumenten und Urkunden, persönliche Bindungen zu dem Gebiet hat. Michael Kroner der bisher über 20 Geschichtsbücher veröffentlicht hat, legt mit seiner kürzlich veröffentlichten „Geschichte der Nordsiebenbürger Sachsen“ (der Vertrieb erfolgt über das „Haus der Heimat“ Nürnberg, Imbuschstraße 1, Telefon 0911/8002638), einen weiteren Baustein zum Puzzle der Siebenbürgischen Geschichtsschreibung.
Dieter Drotleff
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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