“Es gibt nichts Schöneres als Kinder und Bücher”
13.05.21
Eine Kronstädterin wurde zur Bibliothekarin des Jahres ernannt
Melania Luana Butnariu ist Bibliothekarin mit Leib und Seele. Seit 23 Jahren arbeitet sie bei der Kinder- und Jugendabteilung, mittlerweile Exzellenzzentrum für Kinder und Jugendliche, der Kreisbibliothek „George Baritiu”aus Kronstadt, wo sie zahlreiche Veranstaltungen für Kinder und Teenager organisiert. Anfang des Monats wurde sie vom Verein Rumänischer Bibliothekarinnen und Bibliothekaren (Asociatia Nationala a Bibliotecarilor din România) zur Bibliothekarin des Jahres 2020 gewählt, die Auszeichnung wird im Herbst, in festlichem Rahmen überreicht werden. Die 45-jährige, die vor der Pandemie bis zu Tausend Kindern wöchentlich in der Bibliothek empfing, übertrug schon zu Beginn des Lockdowns ihre gesamte Tätigkeiten online und blieb somit den Lesern nahe. Zum Kindertag überraschte sie junge Leser mit einem achtstündigen Lesemarathon, im Rahmen dessen 70 Bibliothekar/innen von öffentlichen und Schulbibliotheken aus Rumänien und der Republik Moldau, Fünf-Minunten Geschichten vorgelesen haben. Die Liveübertragung erreichte rund 25.000 Zuschauer. Die Zusammenarbeit des Exzellenzzentrums und einer Kronstädter Schule wurde im UNESCO-Führer zur Anwendung von Bildungsverfahren während der Corona-Pandemie als Modell empfohlen. Über die Bedeutung dieser Auszeichnung, sowie über ihre laufenden und zukünftigen Projekte sprach Melania Butnariu mit KR-Redakteurin Laura Capatana Juller.
Frau Butnariu, herzlichen Glückwunsch für diese Auszeichnung. Laut Angaben von Mitgliedern des Vereins Rumänischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare hat die Jury fast einstimmig für Sie gestimmt. Was bedeutet dieser Preis für Sie?
Es ist eine Ehre für mich, diese Prämie zu erhalten, doch, ehrlich gesagt, werde ich täglich durch das Lächeln der Kinder, der kleinen Leser, die die Kinderbibliothek besuchen, ausgezeichnet. Der Preis ist eine Bestätigung dafür, dass ich gute Arbeit geleistet habe. Gleichzeitig nehme ich sie als Verantwortung auf, noch besser zu werden.
Im März 2020, während des Lockdowns, haben Sie Ihre Tätigkeit gänzlich ins Online übertragen. Wie kam es so schnell zu dieser Umstellung?
Die Pandemie hat neue Gelegenheiten gebracht, auf die sich alle Initiativen, Projekte und Programme von 2020 gestützt haben. Am 13. März 2020 begann der Lockdown, vier Tage später sollten wir landesweit die erste Bibliothek sein, die in virtueller Verbindung mit den großen und kleinen Nutzern getreten ist. Ich habe versucht, alle bereits geplanten Programme online durchzuführen. Das war inspirierend, ich hatte immer mehr Ideen wie ich meinen Lesern die geistige Nahrung, die alle mehr denn je nötig hatten, nahebringen kann.
So habe ich schon im März 2020 die öffentlichen und Schulbibliotheken aus Rumänien und der Republik Moldau in einer Gruppe, “Sfoara virtuala”/Das virtuelle Seil vereinigt.
Wir führen gemeinsam Projekte durch, nehmen an Werkstätten teil und wachsen gemeinsam. Und so können wir auch den Lesern mehr bieten. In diesen Zeiten kann nur das Miteinander den Beruf des Bibliothekaren auf so hohem Niveau halten.
Sie lieben es, mit Kindern zu arbeiten. Wie verlaufen die Online-Treffen für Sie?
Ich liebe diesen Beruf, einen der schönsten überhaupt. Es gibt nichts Schöneres als Kinder und Bücher. Das ist meine Berufung, der ich meine gesamte Zeit und mein Interesse widme. Wie in allen anderen Bereichen, mussten auch wir unsere Arbeit an diese Zeiten anpassen, Möglichkeiten ausdenken schnellstens mit den Lesern in Verbindung zu gelangen. Eine Herausforderung. Die Online-Treffen waren immer schön, aber auch traurig. Die Kinder, die bis dahin zum Umarmen, Lesen, Spielen in die Bibliothek kamen, waren nun auf einem Bildschirm zu sehen. Ich sah ihre traurigen Augen, hörte mir ihre lieben Wörter an, was mich ermutigte noch schönere Aktivitäten zu organisieren, ihnen Geschichten zu lesen, ihnen nahe zu stehen.
Hat das Exzellenzzentrum in diesen Monaten Leser verloren?
Die Freude, ein Buch zu suchen, es zu durchblättern, qualitative Zeit mit dem Lesen zu verbringen, aber auch die Treffen mit Lesern und das Plaudern, das ist verloren gegangen. Andererseits habe ich die Zeit genutzt, fast ununterbrochen virtuelle Treffen mit Lesern, Bibliothekaren, Lehrern, Kindern aus der ganzen Welt zu haben: von Österreich, über Bulgarien und der Türkei, nach Kanada und bis nach Indien haben wir miteinander gelesen.
Derzeit läuft die neunte Edition des internationalen Projekts “Freundschaft auf einem… virtuellen Draht”(Prietenie pe o sfoara...virtuala) ab. Wie verläuft das Projekt und wie können Kinder daran teilnehmen?
Das Projekt läuft zwischen dem 2. April und dem 15. Juni und richtet sich an Lehrkräfte und Bibliothekare, die Interesse haben, mit Kindern zu arbeiten. Jedes Jahr wählen wir einen Autor aus, aus dessen Werken wir gemeinsam mit den Kindern lesen. Am Ende der Lektüre zeichnen, malen oder basteln die Teilnehmer etwas zum Gehörten. Die teilnehmenden Institutionen tauschen die entstandenen Werke untereinander aus und stellen sie auf einem Seil, in ihrer Institution, aus. Fotos von den Veranstaltungen sowie von den Ausstellungen wird online gepostet, wobei im Juni ein virtuelles Album aufgestellt wird. Dieses Projekt habe ich am 2. April 2013, dem Internationalen Kinderbuchtag, ins Leben gerufen. Dieses unterstützt die Freude am Lesen und fördert das Interesse an Kinder- und Jugendliteratur. Da dieser Tag am Geburtstag des bekannten Dichters und Schriftstellers Hans Christian Andersen stattfindet, haben wir bei der ersten Edition den dänischen Schriftsteller gefeiert. Seither haben wir unter anderen die Gebrüder Grimm, Carlo Collodi, Roald Dahl gelesen. Dieses Jahr widmen wir dem rumänischen Autor Petre Ispirescu. Bislang haben über 200 Schul- und öffentliche Bibliotheken aus 40 rumänischen Kreisen und aus der Republik Moldau und mehr als 100.000 Kinder mitgemacht. Heuer nehmen Bibliotheken aus jedem einzelnen Kreis teil. Nähere Informationen sind von montags bis freitags zwischen 10 und 14 Uhr, unter der Telefonnummer 0268.474081, oder per e-Mail, copii@bjbv.ro, erhältich.
Werden Sie den im Vorjahr während der Pandemie gestartete „Lesemarathon“ weiterführen?
Ehrlich gesagt, würde ich noch nichts über die diesjährige Edition verraten, nur soviel: es werden auch Geschichten in deutscher Sprache vorgelesen werden.
2020 wurde die Wissenschafts-Ecke im Rahmen des Projekts „Experimentarium“ eröffnet. Worum geht es da?
Den bisherigen Programmen und Diensten schließen wir nun auch eine wissenschafliche Ebene hinzu, die in Zusammenarbeit mit dem Kronstädter “Fondul [tiintescu” verläuft. Kinder und Erwachsene werden erwartet, an Vorstellungen und Aktivitäten teilzunehmen. Derzeit verlaufen sie online, sobald es erlaubt wird, werden wir uns treffen.
An welchen Projekten arbeiten Sie noch?
Ich bereite etwas sehr interessantes und herausforderndes für die Nutzer der rumänischen Bibliotheken vor, etwas das von der Rezension des Buches “Dash & Lily: Ein Winterwunder” von Rachel Cohn und David Levithan ausgeht. Dash findet in einer Buchhandlung ein rotes Notizbuch, in dem ein Mädchen namens Lily den Finder zu einem geheimnisvollen Spiel auffordert. Würdest du die Herausforderung annehmen, oder das Buch zurück ins Regal stellen? Das ist unsere Herausforderung an die Kinder und Jugendlichen, Überraschungen für die Sommerferien bereiten wir allerdings auch für Eltern, Großeltern und Lehrer vor.
Welches ist Ihr Lieblingskinderbuch?
Das ist eine ziemlich schwere Frage. Ich liebe Geschichten, aber wenn ich nur eine nennen sollte, dann ist es Andersens “Der standhafte Zinnsoldat”. Ein glückliches oder ein trauriges Ende, eine Geschichte die jedem, unabhängig vom Alter, gefällt.
Frau Butnariu, wir danken für das Gespräch!
Der Verein Rumänischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare zeichnet seit 2010 die beste wissenschaftliche Arbeit, den besten Artikel, oder wissenschaftliche Studie, das beste Programm/Projekt einer Gemeinde-, Stadt-, Kreisbibliothek, die besten innovativen Dienste einer Bibliothek (samt digitale Dienste, wie beispielsweise die Internetseite der Bibliothek), wie auch den Bibliothekar des Jahres aus. Es werden auch außerordentliche Verdienste für die gesamte Aktivität im Bereich Bibliothekswesen prämiert, sowie die aktivste Filiale. In den Vorjahren wurden die Tätigkeit zweier Bibliothekarinnen der Kronstädter Kreisbibliothek vom ANBR belohnt: Johanna Haltrich (2004) beeindruckte die Jury durch ihre Aktivität in den letzten 10 Jahren, Ruxandra Moasa Nazares wissenschafltiche Arbeit “Chronologie der deuschsprachigen Presse in Stadt und Kreis Kronstadt” galt 2014 als beste. ANBR erhält jährlich Nominierungen von Bibliothekaren/innen, aufgrund deren die Preise vergeben werden. Die Kinder- und Jugendabteilung der Kronstädter Kreisbibliothek ist 2013 zum Exzellenzzentrum geworden, infolge eines Projekts, das es bei einem internationalen Wettbewerbs der Stiftung Irex, von Bill und Melinda Gates gewann.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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