Geschichtsmuseum gut im Kulturgeschehen verankert
10.02.10
Direktor Radu Stefanescu promovierte mit Dissertation über Julius Teutsch und dem Burzenländer Sächsischen Museum
Nach Abschluss des Geschichtsstudiums an der Universität von Bukarest, 1972, kam Radu Stefanescu - geboren 1949 in Kronstadt - drei Jahre später an das Geschichtsmuseum des Kronstädter Kreises, und steht diesem nun seit Oktober 1998 als Direktor vor. Diese Institution mit ihren Unterteilungen ist seither gut im Kulturgeschehen der Stadt und des Kreises verankert. Kürzlich promovierte ihr Direktor an der Valahia-Universität von Târgoviste, an der Fakultät für humanistische Wissenschaften, Fach Geschichte, mit der Dissertation „Julius Teutsch si Muzeul Sasesc al Tarii Bârsei in contextul muzeisticii românesti si straine de la sfârsitul secolului al XIX-lea si prima jumatate a secolului XX“ (Julius Teutsch und das Burzenländer Sächsische Museum im Kontext der rumänischen Museologie am Ende des XIX. und in der ersten Hälfte des XX.Jahrhunderts). Wissenschaftlicher Leiter der am 21. Oktober 2009 verteidigten Dissertation war Univ.-Prof. Dr. Ioan Opris. Mit Radu Stefanescu führten wir folgendes Gespräch.
Wie haben Sie sich für dieses Thema entschlossen, das übrigens sehr aktuell ist, da vor zwei Jahren ein Jahrhundert seit der Gründung des Burzenländer Sächsischen Museums begangen wurde?
Beeindruckt wurde ich schon vor einigen Jahren von dem Band „Das Burzenland“, dann von der Korrespondenz die von den Gründungsmitgliedern dieses Museums geführt wurde als ich dabei feststellte, dass allgemein sehr wenig über die Tätigkeit der Sachsen auch in diesem konkreten Fall geschrieben worden ist. Deshalb habe ich auch einem Kapitel meiner Arbeit den Titel „Ein fast vergessenes Museum“ gegeben. Sehr hilfreich waren mir dabei meine Kenntnisse der deutschen Sprache, die ich noch im Kindergarten und anschließend an der deutschen Schule von Martinsberg erworben habe. Die Einsicht in das von Friedrich Stenner hinterlassene Inventar, andere Archivmaterialien, die zum Teil vandalisierten Sammlungen die nach der Auflösung des Museums bei verschiedenen Institutionen landeten, reiften in mir den Entschluss meine Dissertation dem Begründer dieser Institution und ihrer europäischen Bedeutung, wobei ich nicht übertreibe, zu widmen. Wurde 1916 beim Einzug der rumänischen Truppen in Kronstadt das Burzenländer Sächsische Museum unter deren Schutz gestellt, geschah nicht das gleiche auch 1944. Dabei beging auch die Deutsche Volksgruppe einen Fehler als sie beschloss, die Sammlungen nach Heldsdorf zu überführen, was aber nicht unter Fachaufsicht geschehen ist.
Ihre Dissertation stellt die Gründer des Burzenländer Sächsischen Museum vor, die aus unterschiedlichen Bereichen kamen und sich zusammen schlossen um diese Kulturinstitution zu schaffen. Sie umfasst eine ausführliche Bibliographie, Fotos, Korrespondenz die einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden sollten, um mehr Verständnis für die Stadtgeschichte aufzubringen. Haben Sie die Absicht die Arbeit zu veröffentlichen?
Heute kann man sich solche beherzte Menschen nur wünschen die aus unterschiedlichen Bereichen kamen doch besonderes Interesse an dem Anlegen von Sammlungen zeigten, aus eigenen Mitteln Forschungen vornahmen, namhafte Forscher aus dem Ausland eingeladen haben zu verschiedenen Tagungen die das Museum veranstaltete, um einen fachlichen Meinungsaustausch zu sichern. Nehmen wir das Beispiel von Julius Teutsch (1867 - 1936) dem Direktor des Burzenländer Sächsischen Museums das am 12. Juli 1908 am Rosenanger eröffnet wurde. Er war Magister der Pharmazie, übernahm die Likörfabrik seiner Mutter. Er hat aber Abhandlungen zu ethnographischen Themen verfasst, er war der Entdecker der Schneckenberg-Kultur. 1937 hat Dr. Erich Jekelius nach dem Tod von Julius Teutsch, die Leitung des Museums bis zu dessen Schließung übernommen. Die Jahrbücher die unter seiner Aufsicht herausgegeben wurden, sind auch heute wichtige Nachschlagwerke für die Geschichte des Burzenlandes. Friedrich Deubel (1845 - 1933) war Selchwarenerzeuger, doch einer der besten Kenner der Käferfauna. Teile der Sammlungen des Burzenländer Sächsischen Museums befinden sich heute bei verschiedenen Besitzern. Die Einrichtung eines naturwissenschaftlichen Museums wäre ein dringliches und dankbares Projekt bei dem das Geschichtsmuseum, mit Unterstützung des Kreisrates und der Honterus-Kirchengemeinde, auch Teile der Bestände des BSM bestens verwerten könnte.
Meine Dissertation möchte ich als Buch unter der Schirmherrschaft des Geschichtsmuseums veröffentlichen, doch mangelt es an der finanziellen Unterstützung. Der Kreisrat dem wir unterstellt sind, ist allgemein großzügig mit unserer Finanzierung, doch macht sich auch da die Wirtschaftskrise bemerkbar.
Was für Ausstellungen sind im Geschichtsmuseums des Kronstädter Kreises untergebracht?
Die Basisausstellung befindet sich in dem Gebäude des alten Rathauses von Kronstadt das selbst Befestigungsarbeiten benötigt. Nach dem Erdbeben von 1977 wurden an dem Turm sieben Stahlbewährungen angebracht, um diesen zu sichern. Eine weitere ständige Ausstellung haben wir in der Weberbastei. Dann verwalten wir auch die Ausstellungen und Verkaufsstellen im Weißen und im Schwarzen Turm, in der Graft-Bastei die durch Mittel des Kreisrates kürzlich restauriert worden sind. Unser Kollektiv besteht gegenwärtig insgesamt aus 60 Mitarbeitern, einschließlich Forscher, Restauratoren, Verwaltungs- und Dienstpersonal. Leider konnten wir wegen den begrenzten Mitteln unser Jahrbuch „Cumidava“ nicht mehr herausbringen, obwohl wir über zahlreiche Studien verfügen die von unseren Forschern ausgearbeitet wurden. Trotzdem setzen wir die vor Jahren eingeleiteten Grabungen bei Raco{ und dem Castrum von Rosenau fort. Auch beteiligen wir uns an archäologischen Grabungen mit Fachkräften der Valahia-Universität.
Haben Sie eine gute Zusammenarbeit mit den Institutionen die die deutsche Minderheit vertreten?
Sowohl mit dem Stadtpfarramt der Honterus-Gemeinde, dem Pfarramt der Bartholomaer Kirchengemeinde und mit dem Demokratischen Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt, haben wir seit Jahren eine fruchtbare Zusammenarbeit. Gemeinsam haben wir verschiedene Veranstaltungen fördern können. In den Museumsräumen im Alten Rathaus haben wir zusammen mit dem Forum die Ausstellung von Aktien und Wertpapieren von Helmar Wester gezeigt, dann die Fotoschau von Willy Pragher; Literatur und Musikabende fanden da statt. Desgleichen bieten wir dem deutschen Forum als Veranstaltungsort der „Bunten Abende“, unentgeltlich den Hof der Weberbastei an einem Nachmittag an. Gegenwärtig läuft das Projekt zur Restaurierung der Glocke im Turm des alten Rathauses und wir hoffen, dass diese, nach 320 Jahren, bald wieder zu hören sein wird. Die erforderliche Summe kam zum Teil aus Spenden, Benefizkonzert, der Großteil von der Firma Velux die nicht nur an der Unterstützung dieses Projektes der Reparatur der ältesten Kronstädter Turmglocke ihr Interesse gezeigt hat.
2010 ist für die Stadt ein Festjahr, da das 775. Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung gefeiert wird. Was tut diesbezüglich das Geschichtsmuseum?
Wir haben diesbezüglich eigene Vorhaben, beteiligen uns aber auch an allen anderen Veranstaltungen wo wir beratend hinzugezogen werden. Wir eröffnen eine Ausstellung die der Stadtgeschichte und deren Menschen gewidmet sein wird. Desgleichen werden wir eine Jubiläumsmedaille prägen. Geplant sind auch wissenschaftliche Tagungen, Kulturveranstaltungen und andere Projekte die dem Jubiläum gewidmet werden.
Wir danken für Ihre Ausführungen!
Die Fragen stellte
Dieter Drotleff
Die aus der Musikbox strömende sinfonische Musik schafft dem Museumsdirektor beste Arbeitsatmosphäre.
Foto: Dieter Drotleff
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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