Glocken eine Sonderdokumentation gewidmet
13.05.22
Dr. Volker Wollmann setzt seine Forschungsreihe „Vorindustrielles und industrielles Erbe in Rumänien“ mit Band VIII fort
Der Wirtschaftshistoriker Dr. Volker Wollmann hatte ursprünglich beabsichtigt seine den Industriebereichen in Rumänien gewidmeten Forschungen in sechs Bänden zu veröffentlichen. Da er zur Einsicht kam, daß einige Zweige nicht behandelt oder vernachlässigt wurden, hat er einen siebenten Band dem Post-, Telegraphie- und Telefonbereich, Radiosender und deren Ausstrahlung, Radiogeräte gewidmet den wir in unserer Wochenschrift (KR 11 vom 21. März 2019) vorgestellt haben, und als letzte Folge angekündigt worden war. Doch blieb es nicht dabei und nun ist die Serie mit zwei neuen umfassenden Bänden ergänzt worden. Band 8 ist den Glocken, deren Gießen und Gießern gewidmet worden, dem wir nun ebenfalls eine besondere Bedeutung zollen da in diesen auch die unzähligen Glocken der evangelischen Kirchen in Siebenbürgen, aber auch katholischen, orthodoxen und griechisch-katholischen landesweit aufgenommen und beschrieben worden sind. Im 9. Band stellt er vor allem technische Bauten und Ausstattungen vor die die Zeit überdauert haben und als Kulturgüter eingeschätzt eine besondere Rolle in der Vergangenheit des Landes gespielt haben. Doch diesem Band werden wir einen weiteren Beitrag widmen.
Beginnend mit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist die industrielle Glockenherstellung in Kleinbetrieben und privaten Gießerei sprunghaft gestiegen. Doch das Interesse der Forscher war an diesem Produktionszweig bisher relativ gering und so wurde dieser Zweig auch vernachlässigt. Einen Grund dafür gibt der Autor des aufliegenden Bandes darin an, daß Glockengießer nicht wie die Handwerker anderer Bereiche in Zünfte organisiert waren. Volker Wollmann hat sich während seiner Dokumentation die sich in den bisher veröffentlichten Bänden niedergeschlagen hat, auch diesem Zweig, dem Klang dieser Bronzekörper gewidmet. Bronze eignet sich besonderes gut als klingendes Metall für die Herstellung von Glocken. Schon im Altertum gab es Glocken in China die als Instrumente an Herrscherhöfen verwendet wurden und unterschiedliche Tonarten hervorbrachten. Ob diese einen wesentlichen Einfluß auf die spätere Entwicklung der Glocken in Europa hatten, ist nicht nachweisbar. Fest steht aber, daß die Form und Ton der uns bekannten Turmglocken im Laufe der Jahrhunderte mehrfache Entwicklungen durchgemacht haben. Außer der Bedeutung als Kirchenglocke haben diese auch zu anderen Zwecken gedient um die Bevölkerung auf besondere Gefahren und Ereignisse aufmerksam zu machen. Geläutet wurden diese auch bei Naturkatastrophen, Feuerausbrüchen, Feindgefahr, bei Todesfällen. Viele wurden aber auch Opfer der beiden Weltkriege als sie zum Gießen von Kanonenrohren und anderen Verteidigungszwecken gedient haben.
Erste Informationen über das Gießen von Glocken sind in Dokumentationen von Friedrich Müller (1859), Patay Pal für die Zeitspanne bis 1711 zu finden die 1989 veröffentlicht wurde, aber auch bei Autoren aus den rumänischen Fürstentümern. Dokumentationen und Inventare von Glockengießern vom Anfang und Mitte des 20. Jahrhundert, von Firmen wie Anton Novotny aus Temeswar, Hans Schieb, Fritz Kauntz, Berger& Spindler aus Hermannstadt sind nicht einzusehen, da deren Archive nach der 1948 erfolgten Nationalisierung nicht von den Nationalen Archiven sicher gestellt worden sind. Außer einigen schon erwähnten Arbeiten, sind Volker Wollmann die vorgenommen Aufzeichnungen in den Jahren 1967 – 1968 von der damaligen Denkmaldirektion, den Ortschroniken von Hellmut Klima für die evangelischen Kirchen aus Siebenbürgen besonderes nützlich gewesen.
Dr. Volker Wollmann der kürzlich seinen 80. Geburtstag begehen konnte – geboren wurde er am 17. April 1942 in Hermannstadt und der in Klausenburg Geschichte studierte -, hat sich auch der Bergbautechnik gewidmet, wurde zum Ehrenbürger von Mühlbach, Brad, Reschitza ernannt, erhielt mehrere Anerkennungspreise, war nach seiner Aussiedlung ab 1989 Leiter des Siebenbürgischen Museums auf Schloss Horneck, widmet sich unermüdlich weiteren Forschungen.
Vorgestellt werden die Glocken ausgehend von ihrem Gewicht und Dimensionen, technische Daten die aber nicht bei allen ausgekundschaftet werden konnten. Auch wurden einige die Inschriften der Glocken festgehalten, teilweise übersetzt Diese haben auch dokumentarischen Wert, bieten Namen von Würdenträgern und Pfarrern jeweiliger Ortschaft. Allgemein wurden Glocken von den Kirchengemeinden bestellt, abhängig von deren finanziellen Möglichkeiten. Aber es gab auch Spender. Beispielsweise der Bürgermeister von Hermannstadt, in Kronstadt der Unternehmer Georg Scherg, in Mühlbach der Fabrikbesitzer Gustav Dahinten, die Sächsischen Frauenvereine in einigen Ortschaften, ebenso die Bruder- und Schwesternschaften. Eine Liste der wichtigsten Glockengießer im Laufe der Jahrhunderte bietet weiteren Aufschluß. In Kronstadt im 16.-17. Jh. waren es Paulus Neidel und Sohn, Johann Maurer, Johannes Weissenberger in Schäßburg, im 19.-20.Jh. Familie Andraschofschi in Kronstadt und Klausenburg. Glocken wurden auch in Deutschland beispielsweise bei Schilling und Lattermann, in Österreich u.a. bei David Wesnitzer, in der Ukraine bei Andreas Gieb, in Ungarn bei Friedrich Seltenhofer bestellt. Mehrere diesbezügliche Beispiele bietet der Verfasser des Bandes in Bildern und kurzen Texten. Anderseits wurden Glocken in Siebenbürgen für die rumänischen Fürstentümer bestellt.
Mehrere statistische Daten werden geboten. So sind die Glocken in den evangelischen Kirchen vermerkt die 1917 im Ersten Weltkrieg nicht konfisziert worden sind. Vermerkt werden Glocken die nach 1700 gegossen worden sind und vom künstlerischen und historischen Standpunkt besonderes wertvoll sind. Aufgezählt werden Glocken die durch verschiedene Katastrophen verloren wurden. Bei dem großen Brand in Kronstadt am 21. April 1689 wurden fünf Glocken vernichtet. Ebenfalls bei einem Brand 1623 ist eine Glocke in Hamruden geschmolzen. So auch die kleine Glocke in Rosenau 1718 auch durch einen Brand. Da wurde die Inschrift angebracht „Durchs Feuer zerflossen 1718/ wird neu gegossen 1720“. Die Liste der Glockengiesserei in Siebenbürgen ist besonderes reich. Bezug nimmt der Autor auch auf die Herkunft, die Gießer von Glocken in den anderen konfessionellen Kirchen. Die zahlreichen Archivfotos beispielsweise von der Festlichkeit als die vier Glocken für die Michael-Kirche in Klausenburg vor Ort gebracht und anschließend auf den Turm gehoben worden sind, dienen weiter der Geschichte dieses Bereiches. Einigen der bedeutenden Glockengießer werden längere Abschnitte im Band gewidmet, Glocken aufgezählt die von diesen gegossen worden sind und dem Standort wo sich diese zum Großteil auch heute noch befinden. Zu den bedeutenden Glockenherstellern gehörte Anton Novotny aus Temeswar der auch ein eigenes Patent dabei verwendete und somit auch sehr viele Aufträge verzeichnete. Die von ihm gegossenen Glocken werden vorgestellt mit Daten über Dimensionen, Inschriften, Jahresangaben. Nur bei wenigen Glocken die aus seiner Gießerei herrühren ist das Erstellungsjahr nicht bekannt. Ebenfalls aus dem Banat wird auch die Gießerei der Brüder Friedrich vorgestellt. Es folgen Gießerein aus Hermannstadt. Die von Hans Schieb, dann der Firma Schieb und Kauntz, die Firma für landwirtschaftliche Maschinen Ferroagricola, bei Berger& Spindler. Zahlreiche Glocken wurden importiert, besonderes viele von der Firma Schilling & Lattermann aus der Stadt Apolda in Thüringen die auch aufgezählt werden. In einem in Deutschland erschienen Band über diese Firma, sind leider keine Angaben enthalten über die von der Firma gegossenen Glocken die nach Siebenbürgen geliefert wurden. Einige von diesen befinden sich auch im Burzenland in Rotbach, Neustadt, Wolkendorf, Bartholomae, auf Martinsberg, Nußbach, Brenndorf, Heldsdorf, Weidenbach u.a. Glocken wurden auch nach dem Zweiten Weltkrieg im Lande gegossen.Auch diesbezüglich wird eine Auflistung geboten. Abgeschlossen wird der Band mit bibliographischen Angaben und einem Ortsnamenregister.
Der aufliegende Band der über das Hermannstädter Deutsche Forum vom Departement für interethnische Beziehungen im Generalsekretariat der Regierung Rumäniens finanziert worden ist, ist eine einzigartige, umfassende Dokumentation wobei diese auch den Ortschroniken dienlich ist, zu dem besseren Kennenlernen der Heimatgeschichte beiträgt.
Dieter Drotleff
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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