Herkunft prägt Zukunft
27.01.11
Vorbereitungen für das Sachsentreffen 2011 in Kronstadt/Gespräch mit dem Kronstädter Forumsvorsitzenden Wolfgang Wittstock
Für Kronstadt und das Burzenland wird das Jahr 2011 ereignisreich sein. Geplant sind zahlreiche Veranstaltungen im Zeichen des Jubiläums „800 Jahre Burzenland“, die ihren Höhepunkt im 21. Sachsentreffen am 17. September d.J. in Kronstadt finden werden. Über die Vorbereitungen für dieses große Gemeinschaftsfest, aber auch andere Forumsangelegenheiten führten wir mit Wolfgang Wittstock, seit 2006 Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Kreis Kronstadt (Deutsches Kreisforum Kronstadt, DFDKK) und seit 2009 Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Kronstadt (Deutsches Ortsforum Kronstadt) nachfolgendes Interview.
2011 erfüllen sich 800 Jahre seit der ersten urkundlichen Erwähnung des Burzenlandes. Es handelt sich um die Urkunde vom Jahr 1211, durch die der ungarische König Andreas II. den Deutschen Orden mit dem Burzenland belehnte. Dieses Jubiläum war ausschlaggebend für den Beschluss, das traditionelle Sachsentreffen diesmal erstmals in Kronstadt zu veranstalten. Wie bereitet das DFDKK dieses Treffen vor?
In der Tat: Das Sachsentreffen, das seit 20 Jahren, beginnend mit dem Jahr 1991, in jährlicher Folge im September in der Regel in Birthälm stattfindet - es gab bisher nur zwei Ausnahmen (2007 Hermannstadt, 2010 Bistritz) -, wird heuer am 17. September, wieder als Ausnahme von der Regel, in Kronstadt über die Bühne gehen. Wie immer, so wird auch heuer das Demokratische Forum der Deutschen in Siebenbürgen, kurz: das Siebenbürgenforum, für die Veranstaltung dieses Festes die Verantwortung übernehmen. Die Aufgabe der Kronstädter Forumsgliederungen (Kreisforum, Ortsforum) wird es sein, als Mitveranstalter vor Ort dem Siebenbürgenforum Vorschläge für die Programmgestaltung zu unterbreiten und bei der Vorbereitung der einzelnen Programmpunkte mitzuwirken. Zu diesem Zweck wurde ein lokales Organisationskomitee gegründet, das bereits seine Tätigkeit aufgenommen hat. Schon anlässlich der ersten Sitzung dieses Komitees, im Oktober 2010, wurde das Programm des Sachsentreffens 2011 in großen Zügen festgelegt. Der Festgottesdienst wird in der Schwarzen Kirche stattfinden. Anschließend formiert sich der Festzug, voran die Burzenländer Blaskapelle und die Trachtengruppen, gefolgt von den übrigen Teilnehmern, und begibt sich auf den nahen Marktplatz, das historische Stadtzentrum. Hier findet ein Aufmarsch der teilnehmenden Volkstanzgruppen statt, wonach die Blasmusik „Siebenbürgen, Land des Segens“ anstimmen wird und alle mitsingen werden. Anschließend setzt sich der Festzug wieder in Bewegung, über Rossmarkt und Beethoven-Zeile, durch das Waisenhausgässer Tor oder das Katharinentor zum Sportplatz der Sportschule, der inzwischen der Evangelischen Stadtpfarrgemeinde A.B. Kronstadt (Honterusgemeinde) rückerstatteten ehemaligen Innerstädter evangelischen Volksschule. Hier, auf dem Sportplatz, werden ein Festzelt (für die Beköstigung der Teilnehmer), eine Bühne (für die Grußworte und künstlerisch-kulturelle Darbietungen) sowie Verkaufsstände (z.B. für das Angebot der Handarbeitskreise oder der Verlage, die deutsche Bücher veröffentlichen) aufgestellt. Geplant ist desgleichen, am Nachmittag, eine Festveranstaltung im Kulturzentrum „Redoute“ in der Hirschergasse. Deren Programm umfasst u.a. die Festrede zum Hauptthema dieses Sachsentreffens (800 Jahre Burzenland) und die Verleihung der Honterusmedaille. Selbstverständlich erhoffen sich die Organisatoren die moralische und, wenn möglich, auch die materielle Unterstützung der Kronstädter Kommunalverwaltung.
In diesem Sinne wurde bereits mit dem Bürgermeisteramt und dem Kreisrat Kontakt aufgenommen. Insgesamt rechne ich damit, dass das Sachsentreffen in Kronstadt eine eindrucksvolle Bekundung unseres siebenbürgisch-sächsischen und vor allem auch unseres Burzenländer sächsischen Gemeinschaftsbewusstseins darstellen wird.
Wurde bereits das Motto des Sachsentreffens festgelegt?
Diesbezüglich ist noch kein Beschluss gefasst worden. Ein Vorschlag lautet „Herkunft prägt Zukunft. 800 Jahre Burzenland“. Ich würde diesen Vorschlag befürworten, sofern es keinen besseren gibt.
Mit wie vielen Teilnehmern wird gerechnet?
Wie Sie sehen, orientieren wir uns in der Programmgestaltung an dem „klassischen“ Birthälmer Modell. Wir gehen auch davon aus, dass beim Sachsentreffen in Kronstadt mindestens so viele Teilnehmer dabei sein werden wie bei den gut besuchten Sachsentreffen in Birthälm. Ich rechne schon mit 1800 bis 2000 Landsleuten, die anlässlich des Sachsentreffens nach Kronstadt kommen werden. Auch aus dem Ausland hat sich bereits Besuch angemeldet. Die Nachbarmütter und Nachbarväter der Burzenländer Heimatortsgemeinschaften in Deutschland werden anlässlich des Sachsentreffens eine gemeinsame Busreise nach Siebenbürgen unternehmen. Karl-Heinz Brenndörfer, Vorsitzender der Regionalgruppe Burzenland im Verband der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften e.V., teilte mir mit, dass mehrere Blasmusikanten aus Deutschland anreisen werden, um unsere Burzenländer Blaskapelle beim Sachsentreffen zu unterstützen. Damit das Zusammenspiel gut klappt, soll unserer Blaskapelle demnächst ein Satz Noten überbracht werden, der für die Vereinigten Burzenländer Blaskapellen in Deutschland erstellt wurde.
An den zwei Tagen, die dem Sachsentreffen vorausgehen, veranstaltet der Arbeitskreis für siebenbürgische Landeskunde e.V. Heidelberg (AKSL) ebenfalls in Kronstadt, voraussichtlich in der Aula der Honterusschule, eine wissenschaftliche Tagung zum Thema „Der Deutsche Orden und das Burzenland“. Der Arbeitskreis organisiert aus diesem Anlass eine Studienreise, die Teilnehmer werden per Großraumbus von Deutschland nach Kronstadt kommen und auch beim Sachsentreffen dabei sein.
Zu erwähnen ist auch, dass wir die Kronstädter Museen, die Kreisbibliothek und das Staatsarchiv aufgefordert haben, das Jubiläum „800 Jahre Burzenland“ in ihrer Tätigkeit etwa mit Sonderausstellungen zu berücksichtigen. Das Echo auf diesen Vorschlag war sehr gut. Das Kunstmuseum z.B. hat uns mitgeteilt, dass es am 15. September, zwei Tage vor dem Sachsentreffen, die Ausstellung „Siebenbürgisch-deutsche Kunst in den museumseigenen Beständen“ eröffnen wird. Das Deutsche Jugendforum Kronstadt, erfreulicherweise in letzter Zeit wieder aktiv, beabsichtigt, anlässlich des Sachsentreffens die Burzenländer Gemeinden auf zweisprachigen Bild/Text-Tafeln, die auf dem Marktplatz aufgestellt werden sollen, vorzustellen. An einem ähnlichen Projekt - für den Heimattag der Siebenbürger Sachsen zu Pfingsten in Dinkelsbühl (Deutschland), der ebenfalls im Zeichen des Burzenland-Jubiläums stehen und wo auch der Kronstädter Jugendbachchor auftreten wird - arbeitet Dr. Harald Roth vom Deutschen Kulturforum östliches Europa (Potsdam). Vielleicht kommt diesbezüglich eine Zusammenarbeit zwischen dort und hier zustande. Schließlich sei angedeutet, dass es heuer außer dem Sachsentreffen auch andere künstlerisch-kulturelle Veranstaltungen geben wird, in deren Rahmen das Burzenland-Jubiläum gefeiert werden soll, und das sowohl in Kronstadt als auch in anderen Ortschaften des Burzenlandes.
Wie schätzen Sie die Tätigkeit der Kronstädter Foren im vergangenen Jahr ein?
Sowohl das Deutsche Kreisforum Kronstadt als auch das Deutsche Ortsforum Kronstadt blicken auf ein Jahr intensiven Einsatzes in verschiedenen Bereichen des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens zurück. Die Vorstände der beiden Forumsgliederungen werden demnächst über ihre Tätigkeit öffentlich Rechenschaft ablegen müssen: der Vorstand des Ortsforums im Rahmen der Mitgliederversammlung oder Jahreshauptversammlung (voraussichtlich am 21. Februar), der Vorstand des Kreisforums anlässlich der nächsten Vertreterversammlung (voraussichtlich am 11. April).
Inwieweit gibt es Hoffnungen, dass die vom Forum gestellten Rückgabe-Anträge von Immobilien in Kronstadt erfolgreich sein werden?
Kürzlich ist einer unserer Anträge auf Rückgabe von nationalisiertem Immobiliar-Gemeinschaftseigentum der deutschen Minderheit erfolgreich erledigt worden. Das DFDKK ist nun Eigentümer eines Hauses und des dazugehörigen Grundstücks (etwa 1400 Quadratmeter) in der Transilvaniei-Straße in Kronstadt. Eigentümer der Immobilie vor der Nationalisierung war der Siebenbürgisch-Sächsische Landwirtschaftsverein, dessen Rechtsnachfolger - für den Bereich des Kreises Kronstadt - das DFDKK auf Grund eines Gerichtsbeschlusses ist. In dem rückerstatteten Haus, das sich in einem desolaten Zustand befindet, wohnen zwei Familien, und außerdem ist hier ein staatlicher Kindergarten untergebracht. Wir bemühen uns zurzeit, mit den jetzigen Bewohnern bzw. Nutzern Mietsverträge abzuschließen. Einige unserer vor etwa fünf-sechs Jahren eingereichten Restitutionsanträge haben noch Chancen auf eine positive Erledigung, andere sind aus unterschiedlichen Gründen eher als chancenlos einzuschätzen.
Sie werden nicht für ein weiteres Mandat als Vorsitzender des Kronstädter Ortsforums kandidieren. Warum verzichten Sie auf eine sehr wahrscheinliche Wiederwahl in dieses Amt?
Diese Frage hat für mich ein bisschen einen perfiden Beigeschmack. Ich könnte mit einer Gegenfrage antworten: Warum haben sechs ehrenwerte Forumsmitglieder, die anlässlich der Mitgliederversammlung im Februar 2009 für das Ehrenamt des Ortsforums-Vorsitzenden vorgeschlagen wurden (darunter, wenn ich mich richtig erinnere, auch Sie, der mich Befragende), die Kandidatur nicht angenommen? Es sei daran erinnert, dass damals Pfarrer Kurt Boltres, Kronstädter Ortsforumsvorsitzender bis 2009, die Mitgliederversammlung mit der Mitteilung überraschte, dass er sich für ein weiteres Mandat als Vorsitzender nicht mehr zur Verfügung stellt. Als siebter Vorschlag wurde damals, nachdem es, wie gesagt, sechs Absagen gab, mein Name, jener des Kreisforumsvorsitzenden, ins Gespräch gebracht. Ich akzeptierte, weil es unter den damaligen Umständen keine andere Chance gab, dem Ortsforum einen Vorsitzenden und damit eine Zukunft zu geben. Der Unterschied zur damaligen Situation besteht nun darin, dass ich dem Ortsforums-Vorstand schon vor etlichen Monaten mitgeteilt habe, dass ich mich für eine Wiederwahl in dieses Ehrenamt nicht mehr zur Verfügung stelle. Die Vorstandsmitglieder hatten demnach Zeit, sich nach einem geeigneten Nachfolger im Amt des Ortsforums-Vorsitzenden umzuschauen. Mein Hauptargument, eine erneute Kandidatur abzulehnen, ist folgendes: Ich glaube, es dient weder dem Forum, noch der Gemeinschaft, für die das Forum da zu sein hat, wenn zu viel Verantwortung auf den Schultern einer einzigen Person abgeladen wird. Ich habe auch früher schon, als ich die Ämter des Landesvorsitzenden und des Parlamentsabgeordneten zeitweilig in Personalunion ausgeübt habe, mit ziemlicher Konsequenz zu beweisen versucht, dass ich von Ämterhäufung nicht viel halte. Ich meine, dass es unserer gemeinsamen Sache dienlich sein wird, wenn die Ehrenämter des Ortsforums-Vorsitzenden und des Kreisforums-Vorsitzenden wieder von zwei verschiedenen Personen ausgeübt werden.
Die Fragen stellte Ralf Sudrigian
Foto : DFDKK-Vorsitzender Wolfgang Wittstock bei der Verleihung des Apollonia Hirscher-Preises (2009).
Foto: Hans Butmaloiu
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
E-Mail:kronstadt@adz.ro
Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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