I t a l i e n i s c h e R e i s e b r i e f e
11.06.15
Von Prof. Friedrich Lexen (Auszüge/2)
Das ganze Bauwerk will gleichsam auch äußerlich dem Besucher eine Vorstellung beibringen von der weitgehenden Macht, die der Papst in der vergangenen Zeit hatte – leider auch noch hat. Er wollte den irdischen Herrschern auch äußerlich zum Bewusstsein bringen, dass die Macht des Papstes über die Macht der Herrscher geht, wie ja auch die dreifache Papstkrone dies der weltlichen Macht seit vielen
Jahrhunderten deutlich zur Empfindung brachte. Auch in anderer Beziehung war dafür gesorgt, dass die weltliche Macht in fast beschämender Weise die höhere geistliche Macht empfand. Gleich in der Nähe der Mitteltür, also unmittelbar nach dem Eingang der Kirche, stand und steht noch eine runde Porphyrplatte,
auf der die Könige von Gottes Gnaden vom Papste gekrönt wurden. Wie oft haben die weltlichen Herrscher diese Übermacht empfunden und empfinden sie leider auch heute oft genug im staatlichen Leben recht drückend. Für diese Macht spricht der der Peterskirche eng anliegende vatikanische Palast, mit beiläufig 1000 Zimmern, Sälen und Palästen und 20 Höfen, die zum Teil als Wohnung des Papstes und seines Hofhaltes, zum Teil der Unterbringung der Sammlungen und Bibliothek dienen.
Ganz sonderbar mutete einen beim Eintritte die päpstliche Leibgarde an, die, aus lauter deutschen Schweizern bestehend, im eigenartigen, buntfärbigen Landsknechtskostüm den Papst und seine Umgebung beschützen sollen. Wir besichtigten diesmal nur die herrlichen Werke eines Michelangelo und Raffaels.
Wie freuten wir uns, als wir die Werke dieser berühmten Künstler, die wir in photographischen Nachbildungen zum Teile schon kannten, nun wirklich sehen konnten; sie waren auf uns alle von überwältigender Wirkung.
XIV.
Rom, 14. Juli 1905
Mit dem heutigen Tage war der letzte Tag für unseren Aufenthalt in Rom gekommen. Diesen benutzen wir, um noch einmal den monumentalen Bau der Peterskirche aufzusuchen und uns an ihren gewaltigen Dimensionen zu erfreuen. Und wieder mussten wir uns sagen, es ist ein Riesenbau, wie es
seinesgleichen in der ganzen Welt nicht hat. Ihr inneres Aussehen war inzwischen verändert, der purpurne Belag war von den marmornen Wänden entfernt und jetzt erglänzten diese herrlichen Säulen in ihrem matten, graulichen Lichte. Auch die sixtinische Kapelle hatte ein anderes Aussehen bekommen, ihre Wände waren mit Baldachinen und den herrlichen Raffaelischen Teppichen geschmückt worden. Es war nur gut, dass wir schon einige Tage früher die Kapelle ungeschmückt gesehen hatten. Bald waren wir wieder bei den Stanzen Raffaels, suchten für kurze Zeit Raffaels Loggien auf und stiegen eine weitere Treppe hinauf zur vatikanischen Gemäldegalerie, um einzelne Meisterwerke ersten Ranges kennen zu lernen. Zum Schlusse machten wir noch einen Gang in die einzig dastehende Antikensammlung und nahmen schweren Herzens Abschied von all diesen Herrlichkeiten. Am Nachmittage noch einen Gang in die Villa Borghese und wir hatten das gestreckte Ziel erreicht. Nur sechs Tage hatten wir in Rom verlebt, aber eine gewaltige neue Geisteswelt kennen gelernt, die auf uns alle den tiefsten Eindruck machte. Auch für unsere leiblichen Bedürfnisse war in dem Hotel „Ligurie Vallini“ gut gesorgt, und es wird wohl keiner in unserer 28-gliedrigen Reisegesellschaft sein, der irgendwie unbefriedigt von hier wegziehen würde.
(Fortsetzung folgt)
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