I t a l i e n i s c h e R e i s e b r i e f e
18.06.15
Von Prof. Friedrich Lexen (Auszüge/3)
Unsere Koffer sind bereits gepackt, in der Nacht geht´s weiter einem neuen Ziele, dem so wunderschön gelegenen Neapel zu. Wir waren bisher auch vom herrlichen Wetter begünstigt. In den Tagen unseres Aufenthaltes in Rom konnten wir über drückende Hitze eigentlich nicht klagen, es war hier nicht
wärmer, als es zu selben Zeit in unserer Heimatstadt gewesen sein mag. In dem Augenblicke, wo ich schreibe, donnert und blitzt es draußen und reichlich lässt der Himmel sein Segen spendendes Nass auf die Erde herabströmen, eine angenehme, geradezu kühle Temperatur durchströmt mein Zimmer, und ich fühle mich ganz behaglich in ihm, während meine Reisebegleiter hinaus sind in die Stadt, um sich kleine Andenken in Form von Fotografien u. a. zu kaufen.
Wie oft habe ich in meiner Heimatstadt gehört, dass eine Reise nach Italien sich in dem Monate Juli nicht empfehle wegen der allzu großen Hitze. Es scheint aber nicht so zu sein, denn allenthalben begegnen wir Engländer, Deutsche, Franzosen u a., die gerade so wie wir es gewagt haben, nach Rom zu fahren, um diese Stadt auch in dieser Zeit zu bewundern. Wir haben bisher geradezu prächtiges Wetter gehabt und wollen nur wünschen, dass es auch weiterhin so bleibe. Alle befinden sich wohl und sind froher und guter Stimmung. Montag, den 24. d. M., also schon in 10 Tagen werden wir mit Gottes Hilfe hoffentlich glücklich mit dem Nachmittagsschnellzuge in Kronstadt ankommen. Seid gegrüßt, ihr Lieben in der Heimat!
XV.
Neapel, 15. Juli 1905
Gestern abends noch um 10 Uhr begaben wir uns zum Bahnhofe, wo schon früher für uns ein separater Eisenbahnwagen bestellt war. Auf unserer ganzen Fahrt von Kronstadt aus, war es unser Bestreben, schon im voraus einen Eisenbahnwagen für die 28-gliedrige Gesellschaft zu bestellen. Es ist uns dies auch bisher immer gelungen und gerade die italienischen Eisenbahnbeamten zeigten sich uns gegenüber recht entgegenkommend. Als wir nach einigen Tagen nach dem zwei Stunden entfernten Tivoli fuhren und wir wegen dieser geringen Entfernung nicht daran dachten, uns einen besonderen Wagen zu bestellen, ließ im letzten Augenblicke auf unser Ersuchen der Eisenbahnbeamte einen Wagen zweiter Klasse für uns schleunigst ankoppeln, trotzdem wir nur ein Billet dritter Klasse hatten. Und dem italienischen Publikum genügt der Zuruf „separata“ oder „reservata“, um es vor dem Eindringen in einen solchen Wagen abzuhalten. So saßen wir bald in den verschiedenen Abteilen des Wagens und ein jeder suchte nach Möglichkeit im Schlafe Erholung zu finden.
Und dies gelang uns auch recht gut, wenngleich wir uns auf den harten, hölzernen Bänken, die wir mit unseren Plaids und Havelocks bedeckten, nicht gerade weich und bequem lagen. Aber die Mühen vergangener Tage ließen auch diese Schwierigkeiten gut überwinden und so schnarchten gar bald einige ganz vernehmlich. Als wir am frühen Morgen erwachten, waren wir schon in dem überaus fruchtbaren Campanien eingefahren, einen der fruchtbarsten Teile ganz Europas. Milde Morgenluft umwehte uns und weit vor uns ausgebreitet lagen die schönen Gefilde, die im Jahre zwei Ernten und eine Nachernte an Futterkräutern ermöglichen. Auf ein und demselben Felde erblickt man Maulbeerbäume, die reich umrankt sind von Weinstöcken mit armdicken Stämmen.
(Fortsetzung folgt)
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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