I t a l i e n i s c h e R e i s e b r i e f e
09.07.15
Von Prof. Friedrich Lexen (Auszüge/6)
Klar lächelte der tiefblaue Himmel über uns, unter uns das saphirne Meer und im Hintergrunde der heute stärker qualmende Vesuv. Und um die Fahrt noch mehr zu verschönern, erklangen die sanften Weisen der Mandoline und Gitarre, zu denen ein Italiener seine tremolierenden Lieder sang.
Unten am Schiffe spielte sich das bekannte Bild ab. Einige Italiener, Männer und Kinder, ermunterten uns, ihnen Geldstücke zuzuwerfen, nach denen sie tauchten und bald hervorholten. Sie zeigten sich als ausgezeichnete Schwimmer und Taucher, denn immer wieder holten sie die Geldmünzen hervor und freuten sich über unser Staunen, wohl noch mehr über die so leicht verdienten Soldis.
Jeder einzelne von diesen würde einen ausgezeichneten Schwimmmeister für unser Bad in der Heimat abgeben. Das Schiff setzte sich in Bewegung, in immer prachtvollerer Weise entfaltete sich das Bild des Neapelgolfes, der sich in rundlichem Bogen weithin erstreckt. Während wir so stehen entwirft ein Italiener zur Erheiterung seiner rings um ihn stehenden Freunde eine Anzahl von Skizzen. Auch zwei Glieder unserer Gesellschaft fielen seiner Freude zum Opfer und bald zirkulierten die Karikaturen in unserer Gesellschaft, die gar bald in eine Lachsalve ausbrach. Sie werden noch manche unserer Bekannten nach unserer Ankunft in der Heimat erfreuen. Auf dem Schiffe traf ich auch einen meiner früheren Universitätsgenossen, den ich zu meiner Freude schon gestern bei Besichtigung der zoologischen Station gesprochen hatte. Er hatte eine weite, 1 1/2 Jahre dauernde Reise hinter sich, war in Viktoria-Nyassa in Afrika, dann in Vorderindien und Ceylon, schließlich in Neapel , um seinen zoologischen Studien obzuliegen und wollte bald zurück in seine deutsche Heimat. Wie freute er sich, als unsere Schüler ihre schönen Lieder erklingen ließen, über die heimatlichen Melodien, die er so lange entbehren musste. So waren wir inzwischen in heiterem Gespräch auch zur berühmten Grotte gekommen. Je zwei Mann setzten sich in den Kahn und wurden mit großer Kenntnis der brandenden Wogen mit vielem Geschick in die in tiefem Blau erstrahlende Grotte hineingegondelt. Wir sahen das herrliche indigoblau gefärbte Wasser, freuten uns an dem in hellem Silbergrau erglänzenden untergetauchten Ruder und fuhren nach kurzem Aufenthalte unserem Schiffe zu, das auf uns wartete.
Bald landeten wir in Capri und saßen nach kurzer Zeit bei dem sehnlichst erwarteten Mittagstische im „Hotel Bristol“. Es ist ein recht nettes und freundliches Hotel, in dem wir auch gut untergebracht sind. Wie wir bei Tische saßen, überblickten wir die reiche Vegetation und entzückten uns an den in
nächster Nähe an den Bäumen hängenden gelblichgrünen Zitronen.
XVIII.
Capri, 16. Juli 1905
Der heutige Tag – es war ein Sonntag - war ein Ruhetag. Nach dem Mittagessen hielten wir eine etwa zweistündige Rast, dann ging´s hinab in die blauen Wellen des nahe gelegenen Meeres, um wieder einmal uns durch ein Bad zu erfrischen. Welch fröhliche Leben herrschte bald an der von uns aufgesuchten Küste. Weit hinaus schwammen unsere guten Schwimmer, andere sahen die reiche Fauna des Meeres an. Was im Aquarium in dem engen Becken aufbewahrt wurde, fanden wir auf dem Meeresboden wieder. Schöne Seeigel, Seesterne, kleine Einsiedlerkrebse in Schneckenschalen, Schnecken und Manteltiere aller Art, Moostierchen, Krabben, verschiedenen Algen, Aktinien wurden aufmerksam betrachtet und mancher hat eine kleine Auslese von all diesen Tierchen mitgenommen. In der Nähe des Meeresstrandes stehen eine ganze Anzahl von Hotels für die zahlreichen Fremden, die diese eigenartige Insel aufsuchen: Gleich beim Betreten dieser Insel fiel uns auf, dass die Bewohner dieser Insel ausnahmsweise auch Deutsch verstanden und man sich mit ihnen recht gut auch in deutscher Sprache verständigen konnte.
(Fortsetzung folgt)
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