In Sofia führte sie eine eigene Musikschule
23.05.25
Kronstädter Musikerinnen (X): Konzertpianistin und Musiklehrerin Leontine Johanna Hesshaimer (1855-?)
Leontine Johanna Hesshaimer ist die älteste der drei Hesshaimer-Schwestern, die im Rahmen unserer Artikelfolge „Kronstädter Musikerinnen“, einer Dokumentation aus dem Jahr 1943, vorgestellt werden. Ihre beiden Schwestern Julie (siehe KR 19/16.05.2025) und Marie Justine waren zum Zeitpunkt, als nachfolgender Beitrag von einem uns nicht bekannten Autor verfasst wurde, bereits verstorben. Von Leontine Johanna Hesshaimer wird gesagt, dass sie „nach einem reichen, wechselvollen Leben“, 88 Jahre alt, nun wieder in der Heimat lebt. Diese Behauptung muss angezweifelt werden. In Kronstädter genealogischen Unterlagen konnte kein Vermerk über ihren wohl ab 1943 erfolgten Tod gefunden werden. Andrerseits enthält die von der Opern- und Konzertsängerin Ella Gmeiner (siehe KR 10/13.03.2025) verfasste „Familien-Chronik“ (Zürich 1934) auf Seite 219 den Hinweis, dass die Hesshaimer-Schwestern Leontine, 78-jährig, und Julie, 74-jährig, ihren Lebensabend in einem Stift in Rämismühle bei Winterthur (Schweiz) verbringen. Daraus ergibt sich der naheliegende Schluss, dass Leontine Johanna Hesshaimer vermutlich nicht in Kronstadt gestorben ist und darum Ort und Datum ihres Ablebens bisher nicht ermittelt werden konnten.
Leontine Johanna Hesshaimer, geb. 1855 in Kronstadt (1). Vater: Johann Ludwig Hesshaimer, Kaufmann, Mutter: Julie geborene Schnell.
Leontine Johanna erhielt ihre Ausbildung im „Institut Humpel“ (2) in Kronstadt, samt ihren beiden Schwestern Julie und Marie. Nach Übersiedlung des Institutes Humpel in die Moldau nach Jassy erfolgte die musikalische Ausbildung in Jassy weiter, obwohl Leontine Hesshaimer schon in Kronstadt und nachher in Jassy gleichzeitig selbst Musikunterricht erteilte. Weitere Ausbildung erhielt sie in München bei Meister Stavenhagen (3).
Die große musikalische Begabung befähigte Leontine Hesshaimer, schon mit knapp 16 Jahren Musikunterricht zu erteilen. Ihre musikalische Tätigkeit war eine außerordentlich abwechslungsreiche. Zunächst mit zeitweiliger Unterbrechung 14 Jahre in Jassy am Institut Humpel, dann war sie in Wien ebenfalls Musiklehrerin, alsdann führte sie in Sofia jahrelang eine Musikschule selbständig. Hierauf folgte ein jahrelanger Aufenthalt in Genf in der Schweiz, wo sie zunächst noch drei Jahre bei Meister Stavenhagen – der inzwischen nach Genf übersiedelt war – weiter studierte, dabei aber gleichzeitig Musikunterricht erteilte. Nach sechsjährigem Aufenthalt in Genf, wo sie hauptsächlich Ausländerinnen aus Übersee als Schülerinnen hatte, übersiedelte sie nach Neuchâtel, auch hier als Musiklehrerin sehr gesucht und geschätzt. Schließlich kam sie in die Heimat zurück und ließ sich als Musiklehrerin in Kronstadt nieder.
Leontine Hesshaimer trat zwischendurch auch als Konzertpianistin in verschiedenen Städten vor die Öffentlichkeit. So z.B. in Sofia bei Hofkonzerten, bei welchen Gelegenheiten sie von König Ferdinand (4) stets ausgezeichnet wurde. So erhielt sie auch als Zeichen besonderer Anerkennung eine Brosche vom Herrscher.
Leontine Hesshaimer ist die einzige noch lebende der drei musikalisch so hochbegabten „Schwestern Hesshaimer“ und lebt nun nach einem reichen, wechselvollen Wanderleben in der Heimat in geistiger und körperlicher Rüstigkeit, trotz ihrer nunmehr 88 Jahre, in Erinnerung an all das Schöne, das ihr das Leben geschenkt hatte.
(Anfang d. Jahres 1943)
(Vorspann, redaktionelle Bearbeitung und Anmerkungen:
Wolfgang Wittstock)
Anmerkungen:
(1) Das genaue Geburtsdatum von Leontine Johanna Hesshaimer ist der 10. August 1855.
(2) Wilhelm Humpel – siehe Folge IX, Anmerkung 2, der Artikelserie „Kronstädter Musikerinnen (KR 19/16.05.2025).
(3) Bernhard Stavenhagen (1862-1914) war ein deutscher Pianist (Liszt-Schüler), Komponist und Dirigent; ab 1898 in München (königl. Hofkapellmeister, Direktor der Königlichen Akademie der Tonkunst), ab 1907 in Genf (Betreuung der Meisterklassen für Klavier am Konservatorium).
(4) Ferdinand I. (1861-1948) aus der Dynastie Sachsen-Coburg-Koháry war ab 1887 Fürst (Knjaz) und 1908-1918 Zar von Bulgarien. Nachdem sich Bulgarien am Ende des Ersten Weltkrieges auf der Seite der Kriegsverlierer befand, dankte Ferdinand I. zugunsten seines Sohnes Boris III. ab.
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