Interkulturelle Beziehungen im XIX. und XX. Jahrhundert
02.06.11
Gedenkhausmuseum „Casa Muresenilor“ organisierte zehnte Auflage der wissenschaftlichen Tagung „Burzenland“ auch in Bezug auf das 800-jährige Jubiläum der Berufung des Deutschen Ordens
Charakteristisch für das Gedenkhausmuseum „Casa Muresenilor“ ist die rege Forschungstätigkeit seines relativ kleinen, aber sehr aktiven Forscherkollektivs. Das wird bestens durch die immer wieder neuen, zeitweiligen oder langfristigen Ausstellungen sowie den wissenschaftlichen Tagungen die da organisiert werden, illustriert. Die Referate werden im eigenen Jahrbuch „Tara Bârsei“ zusammengefasst und veröffentlicht, eine Sammlung die sich als ein wichtiges Arbeitsinstrument erweist. Thema der kürzlich stattgefundenen wissenschaftlichen Tagung waren diesmal die interkulturellen Beziehungen in den letzten zwei Jahrhunderten. Die Tagung war übrigens eine Jubiläumsveranstaltung - die zehnte Auflage - und fand unter dem Sammelbegriff „Tara Bârsei“ (Burzenland) am 19. und 20. Mai d.J. statt.
Nachdem Dr. Valer Rus, Direktor des Gedenkhausmuseums, die über 40 angereisten Referenten aus den wichtigsten Universitätszentren, Museologen und Forscher begrüßt hat, betonte er, dass das Tagungsthema nach einer langwierigen Debatte festgelegt wurde. Dieses auch in Absprache mit dem Demokratischen Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt (DFDKK) anlässlich der diesjährigen 800. Jahresfeier seit der Berufung des Deutschen Ordens in das Burzenland. Das ganze Jahr hindurch werden Veranstaltungen zu diesem Anlass organisiert, um einen Höhepunkt mit dem Sachsentreffen am 17. September zu erreichen.
Lucia Bunaciu, Ehrendirektorin des Museums und letzter Nachkomme der Muresenilor-Familie, betonte, dass in ihrem Hause die Multikulturalität immer eine große Rolle gespielt hat. Sie selbst hatte sehr gute und freundschaftliche Beziehungen zu Gleichaltrigen auch während ihrer Kindheit in Klausenburg und anschließend in Kronstadt, u.a. zur Tochter von Victor Bickerich. Diese Aspekte behandelte sie auch in ihrem Referat. Prof. Dr. Vasile Ciobanu von der Hermannstädter Lucian Blaga-Universität und dem Hermannstädter Forschungsinstitut für sozio-humane Wissenschaften, unterstrich in seiner Begrüßung die Rolle, die dieses kleine, aber fleißige Kollektiv in der Geschichtsforschung spielt. Der Musikwissenschaftler Dr. Constantin Catrina, unterstrich, dass es immer eine produktive Zusammenarbeit zwischen den da lebenden Ethnien in allen Bereichen, besonderes dem der Kultur, gab. Alle vorgelegten Referate innerhalb der zwei Tage dauernden Tagung widerspiegelten die verschiedensten Aspekte dieser interkulturellen Beziehungen, allerdings nicht nur im Burzenland, sondern in ganz Siebenbürgen. Einige bezogen sich auf andere Landesgebiete, da die Referenten auch aus Bukarest, Jassy/Iasi, Klausenburg, Schäßburg, Hermannstadt, Alba Iulia, Sacele, Târgoviste, Agnetheln, Temeswar, Konstanza angereist waren. Die Beiträge werden in der nächsten Ausgabe des Jahrbuchs „Tara Bârsei“ des Museums erscheinen. Möglich ist auch, wie Direktor Dr. Valer Rus betonte, dass dieses nicht mehr die genaue Periodizität einhält. Dafür wird aber eine jeden zweiten Monat erscheinende Publikation des Hauses, so wie das in den Zwischenkriegsjahren war, herausgebracht, in der mehr Information über das Museum, allgemein über die Kronstädter Kulturtätigkeit in Kronstadt enthalten ist.
Zweiter Referent nach Lucia Bunaciu war Doktorand Thomas Sindilariu, Leiter des Archivs der Schwarzen Kirche, der sich auf die Anfänge der Freimaurer in Kronstadt in der Loge „Die drei Säulen“ und auf deren toleranten Geist bezog. Dr. Nicolae Tescula (Schäßburg) sprach über den Ethnographen Josef Haltrich und die Zigeuner in Siebenbürgen, Dr. Radu Stefanescu, Direktor des Kronstädter Geschichtsmuseums berichtete über Julius Teutsch und Kronstädter Sammler. Über die Urzeln sprach Mihaela Nevodar vom Museum des Harbachtales aus Agnetheln. Anca Maria Zamfir vom Kronstädter Kunstmuseum bezog sich auf die Kaffeestuben jener Zeit in der Stadt; Ovidiu Savu vom Gastgebermuseum analysierte die Beziehungen zwischen Rumänen, Ungarn und Sachsen laut den Dokumenten aus dem Archiv des Muresenilor-Gedenkhausmuseums. Doktorand Marian Zaloaga (Neumarkt/Tg. Mures) bezog sich auf die Musik der Zigeuner. Aber auch die Armener, Juden,Türken, Tataren als in verschiedenen Landesteilen lebenden Ethnien waren Thema einiger Referate.
Am zweiten Tag der wissenschaftlichen Tagung bezogen sich die Referate auf die Musikforschung. Musikwissenschaftler Dr. Steffen Schlandt, Organist an der Schwarze Kirche, hatte ein Referat über den Komponisten Rudolf Lassel vorgelegt, doch wegen Zeitverschiebungen konnte er dieses nicht mehr präsentieren, sondern es nur den Teilnehmern zur Verfügung stellen. Dr. Maria Cristina Bostan von der Kronstädter Musikfakultät bezog sich auf die Einflüsse die die Ethnien im Schaffen von Paul Richter gespielt haben. Dr. Petre Marcel Vârlan von gleicher Fakultät analysierte die vielseitige musikalische Tätigkeit im Kronstadt der beiden Jahrhunderte. Alle Referate kamen mit neuen Erkenntnissen, die Vortragenden illustrierten diese mit Lichtbildern.
Das Gedenkhausmuseum „Casa Muresenilor“ und dessen Forscherkollektiv, das sich besonderes für die gute Organisation der Tagung eingesetzt hat, verdienen es auch durch die zentrale Lage am alten Marktplatz von Kronstadt, im Herzen der Inneren Stadt, öfters besucht zu werden. Außer den permanenten Ausstellungen, bezogen auf die Geschichte der Muresenilor-Familie und deren wichtige kulturelle Rolle, sowie dem „Haus der Musik“, finden im Museum wöchentlich Konzertnachmittage statt; Vorträge werden geboten; anlässlich de Weihnachtsfeiertage oder Ostern werden Aktivitäten mit Kindern organisiert, um diese mit dem Brauchtum der Feiertage vertraut zu machen.
Dieter Drotleff
Foto 1:
Das Gedenkhausmuseum „Casa Muresenilor“ am alten Kronstädter Marktplatz (Piata Sfatului) Nr. 25, verdient besucht zu werden.
Foto 2:
Lucia Bunaciu, Ehrendirektorin des Museum und letzter Nachkomme der Muresenilor-Familie (links) und Dr.Valer Rus, Direktor des Museums, eröffneten die wissenschaftliche Tagung.
Fotos: der Verfasser
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