Kenia: Abenteuer im Tierparadies
09.08.24
Teil 1: Elefanten vor der Haustür
Auf der Zugreise von Hermannstadt nach Kronstadt ziehen mit gelben Blumen übersäte Wiesen, ein dunkelblauer Himmel und viele Wolken vorbei. Ich schaue durchs Fenster auf die schöne Landschaft und erwarte, in jedem Moment eine Giraffe neben einem Baum zu erblicken. Oder ein paar Zebras, die neben dem Gleis grasen. Oder dass wir anhalten müssen, damit eine Elefantenherde die Zuglinien überquert.
Nach einem Kenya-Urlaub, in dem man sich daran gewöhnt, die Tiere die man sonst nur aus dem Fernseher oder aus dem Zoo kennt, überall zu sehen, ist das vielleicht normal. So wie es vielleicht normal ist, wenn man in Rumänien ankommt und alle Leute auf der Straße mit „Jambo!“ und einem breiten Lächeln begrüßen will. So wie man in Kenya grüßt. Oder dass man den unvergleichlichen Geruch von frischen Wiesenblumen noch fühlt, lange Zeit nachdem das Flugzeug, das uns wieder nach Hause bringt, vom Flughafen in Nairobi abgehoben hat. Oder dass vor der Haustür Affen herumturnen.
In Afrika haben wir einen der Momente erlebt, an den wir uns vielleicht bis ans Lebensende erinnern werden: während einer Sonnenaufgangs-Fahrt mit dem Geländewagen in der Nähe des Nakuru-Sees haben wir einen schlafenden Löwen erblickt. Wir haben gewartet, dass er aufwacht und danach ist er minutenlang neben unserem Wagen getrottet, bis er einen anderen Löwen getroffen hat. Einmal eine Safari-Fahrt durch Kenyas Nationalparks zu unternehmen, danach an der Küste des Indischen Ozeans ein paar Tage verbringen ist ein Traumurlaub. Doch bringt er, wie jeder Urlaub in einem Land mit fremder Kultur, manchmal gemischte Gefühle.
Die „Big Five“ aus der Savanne
Alljährlich zieht die Große Wanderung der Tierwelt, The Great Migration, die Safariwelt in ihren Bann. Millionen von Wildtieren marschieren über 1000 Kilometer durch die Naturparks Serengeti und die Maasai Mara. Dieses Naturspektakel wollen wir uns auch ansehen. Weil die Menschen immer weiter in die Natur vorgedrungen sind, hat man angefangen, eigene Schutzgebiete für die Tiere zu schaffen. Man nennt sie Nationalparks. Dort dürfen in der Regel keine Menschen mehr siedeln und die Natur soll sich selbst überlassen bleiben. Und in diesen Nationalparks kann man auf einer Safari den Tieren ganz nahe kommen. ,Nach einem Eingewöhnungs-Tag in Nairobi, der Hauptstadt Kenias, (wo es im Wintermonat Juli nur kühle 21 Grad waren) und Besuch eines Giraffen-Zentrums wartet das Abenteuer auf uns. In Toyota-Geländewagen fahren wir noch vor Morgengrauen von unserem Hotel Richtung Nationalpark Massai Mara ab. Für die rund 200 Kilometer brauchen wir etwa sieben Stunden auf holprigen Straßen. Der Begriff „Mara“ bedeutet „gefleckt“ in der Sprache der Masais. Das beschreibt exakt das Landschaftsbild, bei dem sich Akazien und Sträucher in der offenen Savanne wie kleine Punkte abzeichnen. Durch die weite Ebene fließt der Fluss Mara. Hier, in der Massai Mara, sind die Voraussetzungen perfekt, um die „Big Five“ (Elefant, Löwe, Leopard, Nashorn und Büffel) aus der Nähe zu beobachten. Aber auch andere Raubtiere wie Geparden, Hyänen und Schakale sowie Herdentiere wie Zebras und viele Antilopenarten sind hier in großer Anzahl beheimatet. An und in Flüssen leben zahlreiche Flusspferde und Krokodile. Zu den bekanntesten Vertretern der Vögel gehören der Strauß, Geier, Flamingo und Kronenkranich.
Safari ist eine besondere Reise
Übernachten werden wir in sogenannten Safari-Lodges- touristische Unterkünfte, die einem Zelt gleichen und in Wildnisregionen angebracht sind. Das erste Lodge, in dem wir einquartiert werden, ist nicht eingezäunt, was theoretisch bedeutet, dass man am frühen Morgen Löwen auf der Haustreppe finden kann. Damit man keine Angst hat, wird jeder Tourist nach dem Abendessen von einem mit Speer bewaffneten Massai bis vor die Haustür gebracht und am Morgen von dort abgeholt. Während wir auf der Terrasse unserer Lodge eine Cola trinken, ziehen Elefanten an uns vorbei und wir fühlen uns wie in einem Abenteuerfilm. Danach werden wir zum ersten Game-Drive abgeholt. Ein Game Drive ist, wie das Wort bereits andeutet, eine Autofahrt, bei der man nach Tieren Ausschau halten kann. Game ist die englische Bezeichnung für Wild bzw. Wildtiere. Henri, ein Mann mittleren Alters der aus Nairobi stammt, ist Chauffeur und Guide in einem. Er erzählt uns, dass man in den 80er und 90er Jahren nicht einmal die Umgebung der Lodges verlassen musste, denn ganz in der Nähe gab es schon viele Tiere. Nun müssen wir etwas weiter fahren, um sie anzutreffen. Denn Population und Lebensraum vieler wilder Tiere schwinden dramatisch. Das Dach des Geländewagens wird abgehoben, und wir können im Auto aufstehen und die vielen Tiere mit dem Fernglas beobachten. Die Natur hat keinen Zeitplan, kein Game Drive gleicht dem anderen. Aber genau das ist ja auch das Faszinierende an einer Safari.
Über 40 Tierarten
Das Wort „Safari“ stammt aus der Swahili-Sprache und steht dort für eine Reise jeglicher Art. Allerdings ist es eine besondere Reise, auf der man Elefanten, Giraffen, Zebras, Löwen, Leoparde, Nilpferde, Büffel und Krokodile hautnah erlebt. Der Begriff Safari wurde in Ostafrika in der Zeit des Kolonialismus geprägt, indem es vor allem für Jagdreisen verwendet wurde, deren Ziel der Abschuss von Großwild war. Das Reisen zu dieser Zeit war das Privileg der Reichen. Ursprünglich waren Safaris in diesem Sinne nur den wohlhabenden Jägern vorbehalten, da nur sie sich die Ausrüstung sowie die Kosten für die zahlreich benötigten Träger leisten konnten. Dies hat sich im Laufe der Jahre drastisch geändert. Heutzutage darf man das in den meisten Parks nicht mehr. Statt einem Gewehr haben die Safari-Touristen einen Fotoapparat und ein Fernglas dabei. Meist ist man dabei in einem Geländewagen unterwegs, und den darf man auch nicht verlassen. Sonst kann es schnell gefährlich werden, denn mit den Tieren Afrikas ist nicht zu spaßen.
Es gelten strikte Regeln. Zum Beispiel soll man auf keinen Fall weiße oder schwarze Kleidung tragen. Schwarz nicht, weil man Mücken anzieht und Weiß nicht, weil das manche Tiere reizt. Ideale Töne sind erde, sand, beige, braun und khaki. Lange Hosen und Oberteile schützen zusätzlich vor Stechmücken. Vermeiden Sie dunkle Farben wie schwarz und dunkelblau, diese ziehen Mücken, vor allem in den Abendstunden, magisch an. Nach nur vier Tagen im Nationalpark Massai Mara zählten wir über 40 Tierarten, denen wir begegneten. Und alle „Big Five“ sahen wir schon nach zwei Tagen. Um 18 Uhr wird es schon dunkel, und nach dem Abendessen bieten uns die Massais, die im Lodge angestellt sind, einen traditionellen Tanz an. Am nächsten Nachmittag werden wir eines der Dörfer besuchen, wo die Massais wohnen. Und von hier werden wir mit gemischten Gefühlen zurückkehren.
Elise Wilk
Fortsetzung folgt
Giraffen sind sehr freundlich. Foto: die Verfasserin
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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