Loyalität gegenüber Monarchie und Vaterland
10.02.11
Die Beziehungen zwischen den Königen von Hohenzollern-Sigmaringen und den Deutschen Rumäniens/ Von Michael Kroner
Ferdinand I. (1914-1927) (I)
Eine ganz andere Dimension erhielt das Verhältnis von König Ferdinand I. zu den Deutschen Rumäniens, da nach dem Anschluss Siebenbürgens, des Banats, der Maramuresch, der Bukowina und Bessarabiens an Großrumänien die Zahl der Deutschen Rumäniens im Jahr 1920 rund 760.000 betrug. Nachdem sich die Rumänen der genannten Provinzen auf verschiedenen Versammlungen und deren Gremien für deren Anschluss an Rumänien ausgesprochen hatten, stimmten auch die deutschen Mitbewohner durch repräsentative Vertretungsorgane für die Vereinigung ihrer Provinzen mit Rumänien. Angesichts der schlechten Erfahrung, die den Banater- und Sathmarschwaben sowie den Siebenbürger Sachsen als Folge der Magyarisierungspolitik in Ungarn und den Bessarabiendeutschen mit Russifizierungsmaßnahmen widerfahren war, hofften sie nach den Zusagen der jeweiligen rumänischen Vereinigungserklärungen und deren Bestätigung durch königliche Dekrete Ferdinands I. im neuen Vaterland freiere Entfaltungsmöglichkeiten zu erhalten. Da der König ein Hohenzoller war, gewährte man den Versprechungen besonderes Vertrauen. In dem Leitartikel „Zum Gedächtnis König Ferdinands“ bei dessen Tod sollte das „Siebenbürgisch-Deutsche Tageblatt“, Hermannstadt, eingestehen: „Wir scheuen das Bekenntnis nicht, dass unsere Hingabe an den dynastischen Gedanken wesentlich dadurch erleichtert war, dass wir den Spross eines deutschen Fürstenhauses als Träger der Krone Romäniens (sic!) wussten. Als wir unseren Anschluss an ein Staatswesen erklärten, dem wir bis dahin fremd gegenüber standen, da hat die Person des Königs aus deutschem Fürstenblut eine Brücke gebildet, über die unsere politische Erkenntnis und unser politisches Wollen einen erleichterten Weg fand“.
Von besonderer Bedeutung für das gesamte Vereinigungswerk war die rumänische Nationalversammlung in Karlsburg (Alba Iulia) vom 1. Dezember 1918, die den Beschluss zur Vereinigung Siebenbürgens und des Banats mit Rumänien mit großzügigen Versprechen für die Behandlung der nationalen Minderheiten verband. Für alle „mitwohnenden Völker" wurde die „volle nationale Freiheit" in Aussicht gestellt. Es hieß wörtlich in der Erklärung: „Jedes Volk wird den Unterricht, die Verwaltung und die Rechtspflege in seiner eigenen Sprache durch Personen aus seiner eigenen Mitte erhalten, und jedes Volk wird das Recht der Vertretung in den gesetzgebenden Körperschaften und in der Regierung im Verhältnis zur Zahl seiner Volksangehörigen haben." Ein weiterer Artikel versprach „Gleichberechtigung und volle autonome konfessionelle Freiheit für alle Konfessionen im Staate". Am 27. Dezember bestätigte der König per Dekret die Entschließung von Karlsburg. Die nationalen Minderheiten gingen davon aus, dass die Verheißungen der Proklamation in die Verfassung eingehen würden.
Nun waren die Siebenbürger Sachsen gefordert, Stellung zum Vereinigungsakt zu beziehen. Der „Sächsische Nationalrat" beschloss, der vollzogenen Vereinigung zuzustimmen und zu diesem Zweck eine sächsische Nationalversammlung einzuberufen. Diese trat am 8. Januar 1919 in Mediasch zusammen und ihre Vertreter bekannten sich zu folgender Erklärung: „Das sächsische Volk in Siebenbürgen spricht, indem es sich auf den Boden des Selbstbestimmungsrechtes der Völker stellt, seinen Anschluss an das Königreich Rumänien aus und entbietet dem rumänischen Volke seine brüderlichen Grüße und herzlichen Glückwünsche zur Erfüllung seiner nationalen Ideale. Das sächsische Volk Siebenbürgens trägt damit nicht nur der weltgeschichtlichen Entwicklung Rechnung, sondern auch dem inneren Rechte des rumänischen Volkes auf Vereinigung und Staatenbildung und spricht die zuversichtliche Erwartung aus, dass sich das rumänische Volk und der rumänische Staat, dem das sächsische Volk seine altererbte Tüchtigkeit zur Verfügung stellt, ihm gegenüber immer durch vornehme und gerechte Gesinnung leiten lassen wird. Das sächsische Volk, das Jahrhunderte hindurch eine verfassungsmäßige Selbstverwaltung besaß, die ihm entgegen feierlicher und gesetzlicher Zusicherung widerrechtlich entzogen wurde, erwartet ferner, dass ihm niemals unmöglich gemacht werde, sich als ihres Volkstums bewusste nationale und politische Einheit in aller Zukunft zu behaupten und zu entwickeln, in der Voraussetzung, dass der neue Staat ihm alles gerne bieten und geben wird, was es als seine Lebensbedingung ansieht."
In der Erklärung heißt es weiter, dass die Sachsen auf die Beschlüsse von Karlsburg vertrauten. Sie sähen in deren Verwirklichung „eine dauernde Bürgschaft für den Frieden der Völker". Die Mediascher Erklärung sprach weiter die Hoffnung aus, dass auch die übrigen „deutschen Volksgenossen" Rumäniens dem neuen Vaterland ihre Zustimmung geben würden und dass dieses die „völkische und politische Zusammengehörigkeit aller Deutschen" anerkenne.
Die Erklärung schließt mit den Worten: „Im vollen Bewusstsein der Bedeutung seines Entschlusses, betrachtet sich das sächsische Volk von heute an als ein Glied des rumänischen Reiches, seine Söhne und Töchter als Bürger dieses Staates. Es bittet Gott, dass er den verantwortungsvollen Schritt, den es zu tun sich verpflichtet fühlte, zum Guten lenke und mit seinem Segen begleite."
Die gesamte rumänische Presse begrüßte die Mediascher Anschlusserklärung. Schon am 10. Januar 1919 übergab eine sächsische Abordnung mit Adolf Schullerus an der Spitze die Anschlusserklärung dem Präsidenten des Leitenden Regierungsrates in Hermannstadt. In seiner Antwort auf die Vorstellungen der Sachsen antwortete dessen Vorsitzender Iuliu Maniu: „Das sächsische Volk kann sicher sein, dass das rumänische Volk, welches Hunderte von Jahren um seine Entknechtung und den Erhalt seiner geschichtlichen Rechte gekämpft hat, immer Verständnis haben wird für das Festhalten der Sachsen an ihrer Eigenart, an ihren kulturellen und wirtschaftlichen Einrichtungen und dass es ihm ferne liegen wird, diese anzutasten..."
Vom 28. bis 30. Januar wurde die sächsische Abordnung, als sie die Anschlusserklärung in Bukarest überreichte, überaus freundlich von der Regierung und vom König Ferdinand empfangen. Es gab sogar ein Festbankett zu Ehren der sächsischen Delegation im königlichen Schloss von Cotroceni, wo ihren Mitgliedern auch Königin Maria, der Kronprinz Karl und die Prinzessinnen vorgestellt wurden. König Ferdinand, der nach der Überreichung der Anschlusserklärung eine längere Rede hielt, betonte, dass die Sachsen ihre Sprache und Kultur, die sie „als heiliges Gut" hochhielten, in Zukunft in voller Freiheit ausüben könnten.
(Fortsetzung folgt)
König Ferdinand erhielt in der rumänischen Geschichtsschreibung auch den Beinamen „der Loyale“.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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