Loyalität gegenüber Monarchie und Vaterland
31.03.11
Die Beziehungen zwischen den Königen von Hohenzollern-Sigmaringen und den Deutschen Rumäniens/ Von Michael Kroner
Karl II. (1930-1940)
(I)
Kronprinz Karl hatte 1919, nach seiner Scheidung von Zizi Lambrino und seiner „Verbannung“ zu den Gebirgsjägern im nordsiebenbürgischen Bistritz, Gelegenheit, mit Sachsen in Verbindung zu kommen. Er hat in Bistritz an deutschen Veranstaltungen, auch an einem Ball im Haus des Gewerbevereins, teilgenommen und das Weihnachtsfest nach deutscher Art mit dem Bürgermeister der Stadt, Carl Sanchen, gefeiert. In den Jahren danach hat er gemeinsam mit der königlichen Familie oder allein Siebenbürgen und das Banat besucht. In Hermanstadt interessierten ihn vor allem die Kavallerieoffiziersschule und deren Reitervorführungen sowie der Tourismus. Oft hielt er sich in Kronstadt auf. Am 18. September 1932 erschien der König im selbst gesteuerten Kraftwagen, von Sinaia kommend, in Kronstadt und besuchte die Schwarze Kirche sowie das Burzenländer Sächsische Museum. Überall, wo er auftrat, war er ein gern gesehener Gast.
Zwischen König Karl II. und den Deutschen Rumäniens hat es nicht ein so inniges Verhältnis wie zu seinem Vater gegeben. Karl war in Rumänien geboren, betrachtete sich als Rumäne, war aber zugleich auf seine Hohenzollern-Herkunft und Verwandtschaft stolz. Vor seinem Besuch in Deutschland im Jahr 1938 hieß es in einer vertraulichen Information der „Deutschen Volksgemeinschaft“ an reichsdeutsche Stellen, Karl II. fühle sich nicht als Deutscher, sondern als Rumäne englischer Abstammung. In seiner Familie spreche er englisch. Mit den politischen und kirchlichen Vertretern der Rumäniendeutschen sprach er jedoch deutsch, wenn es sich nicht um eine offizielle Begegnung in Anwesenheit eines größeren Kreises handelte.
Die Abgeordneten der „Deutschen Fraktion“ haben vor allem im Parlament durch ihren Sprecher Hans Otto Roth als Antwort auf die Thronreden ihre Position zu der Landespolitik dargelegt und ihre Anliegen formuliert. Anlässlich der Inthronisation Karls II. am 8. Juni 1930 erklärte Roth im Namen der deutschen Parlamentsfraktion: „Gebe Gott, dass die Beschlüsse des heutigen Tages in entscheidender Weise zur Konsolidierung beitragen, die der höchste Zweck unserer Bestrebungen bleiben muss. Zugleich gebe ich der Hoffnung Ausdruck, dass das Ergebnis des heutigen Tages auch für die ethnischen Minderheiten der Anfang einer neuen Ära und einer ernsten und aufrichtigen Annäherung zwischen den Völkern unseres Landes sein möge.“ Sonst bezogen sich die Stellungnahmen immer wieder auf Forderungen nach angemessener finanzieller Unterstützung der konfessionellen deutschen Schulen und gegen die Verdrängung der deutschen Unterrichtssprache in den Staatsschulen der Bukowina und Bessarabiens, sowie nach Schaffung eines Minderheitenschutzgesetzes. Allgemein erklärten sich die deutschen Abgeordneten im Namen ihrer Wähler bereit, bei der Lösung der anstehenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Probleme loyal mitzuarbeiten.
Roth hat auch in persönlichen Begegnungen König Karl II. über die Lage der deutschen Minderheit informiert. Zu einer ersten Aussprache kam es im Herbst 1930 in Schäßburg anlässlich des Königsbesuchs zu den Militärmanövern in diesem Raum. Der „Großkokler Bote“ begrüßte den hohen Gast am 23. Oktober mit „Heil dem König!“. Aus Klausenburg kommend, wurde er von einer Ehrenkompanie mit Blaskapelle, die rumänische Königshymne spielend, und mit gehisster Staatsflagge sowie von den Stadthonorationen und anderen Politikern auf dem Bahnhof willkommen geheißen. Dann folgte ein Triumphzug durch das Spalier der Bevölkerung aus Stadt und Land. „Soll es nicht ein Symbol sein“, fragte die Lokalzeitung, „dass die erste feldmäßige Übung unter den Augen des Königs gerade im Zentrum des Landes stattfindet? Sind nicht in diesem Gebiet die drei großen wichtigsten Nationen Romäniens, Romänen, Deutsche und Ungarn, vereint und beweisen, dass alle ihren König mit Herzlichkeit aufnehmen und willig dem Heere bieten, was es zur Durchführung seiner Übungen bedarf.“ Dem fügte die Zeitung hinzu: „Wie die Bergglocke mit weithallendem und tiefem Ton den Willkommengruß entsendet, so klingt aus der Seele der sächsischen Bevölkerung ein Heil dem König, aufrichtig und treu und von der starken Überzeugung getragen, dass die Harmonie zwischen Herrscher und Volk durch gegenseitiges Vertrauen sich immer mehr vertieft und auch für uns eine schönere und bessere Zukunft bedeutet“. Das sächsische Volk habe großes Vertrauen zu der Persönlichkeit Sr. Majestät, von der es eine segensreiche Regierung für sich und das ganze Land erhoffe.
Der rumänische König hat auch Gespräche mit dem evangelischen Bischof Friedrich Teutsch und dessen Nachfolger Viktor Glondys und dem katholischen Bischof von Temeswar, Augustin Pacha, geführt, sich anerkennend über deren positive Einstellung zur Krone und Rumänien geäußert. Friedrich Teutsch wurde 1932 zu seinem 25jährigen Bischofsjubiläum mit dem Großkreuz des Sterns Rumäniens, einer der höchsten Auszeichnungen des Königreichs, geehrt. Zu seinem 80. Geburtstag am 16. September 1932 erhielt Teutsch den Orden „Pentru Merite“ mit einem königlichen Glückwunschschreiben in deutscher Sprache als Ausdruck der Anerkennung „für die dem siebenbürgisch-sächsischen Volke, der evangelischen Kirche des gesamten Landes und damit zugleich dem rumänischen Staate erwiesenen treuen Dienste“. Dazu noch der Vermerk: „Wollen Sie in dieser Auszeichnung zugleich Meinen Königlichen Dank für Ihre gesamte Lebensarbeit sehen, aus der Ich nicht zuletzt ihre wissenschaftliche Tätigkeit hervorhebe.“
Als Pacha 1930 als Diözesanbischof von Temeswar vor dem König den Eid auf die rumänische Verfassung ablegte, beglückwünschte dieser ihn für seine bisherige Tätigkeit und betonte, dass er in dem Eid eine Gewähr dafür sehe, dass das Volk seiner Diözese in Treue zu König und Vaterland stehe. Der König versicherte dem Bischof, dass er allen Bewohnern, gleich welcher Nationalität, gewogen sei, ebenso die ihm unterstellten Behörden.
Pacha geriet aber bald in Verruf, nachdem er zusammen mit dem Abgeordneten Franz Kräuter 1934 von Reichskanzler Adolf Hitler in Audienz empfangen worden war, ohne darüber das Kultusministerium oder den rumänischen Gesandten in Berlin vorher in Kenntnis gesetzt zu haben. Es folgte eine Interpellation im Parlament und eine Pressekampagne gegen den Bischof und Kräuter, obwohl sie den Reichskanzler darum gebeten hatten, reichsdeutsche Stellen sollten das kirchliche Leben in Rumänien nicht stören. Langsam glätteten sich die Wogen, und Pacha wurde 1938 vom König in den Senat berufen.
Die 30er Jahre waren ein politisch spannungsgeladenes Jahrzehnt, in dem die so genannten Volksdeutschen in den Sog des Nationalsozialismus gerieten. König Karl II. hat darüber und zu anderen Fragen mit dem evangelischen Bischof Viktor Glondys das Gespräch gesucht. So zum Beispiel am 13. Oktober 1937, als er feierlich die Einführung der elektrischen Beleuchtung in mehreren Gemeinden des Hermannstädter Gebiets eröffnete und anschließend den Bischof zum Abendessen in den königlichen Hofzug einlud. Dabei ließ er sich über die Lage der Kirche und die völkische Bewegung informieren. Schlussfolgernd sagte der König, wie Glondys in seinem Tagebuch festgehalten, „dass es unser (der Sachsen) natürliches Recht sei, den religiösen Zusammenhang mit der Kirche Deutschlands zu pflegen und auch völkisch den Zusammenhang mit dem deutschen Volk aufrecht zu halten und fügte hinzu, dass uns das gute Recht nicht genommen werden dürfe. Aber es sei selbstverständlich, dass wir zu beachten hätten, dass wir Bürger des rumänischen Staates seien“. Ein Jahr später betonte der König wiederum in einem Gespräch mit dem evangelischen Landesbischof, „er habe volles Verständnis für die Pflege und den Aufbau engster kultureller Beziehungen der Deutschen in Rumänien mit dem Muttervolk. Aber – und dabei hob er den Zeigefinger – er müsse aber nachdrücklichst warnen vor politischer Beeinflussung aus dem Reich. Die deutschen Minderheiten in Rumänien seien rumänische Staatsbürger, deren Loyalität es ablehnen müsse, politische Befehle vom Ausland zu erhalten…Würde festgestellt, dass die deutsche Volksgruppe politische Weisungen aus dem Ausland entgegennehme, so sei das Vertrauen in ihre Loyalität erschüttert und das könne nicht ohne schwerste Rückwirkung für die Lage der Volksgruppe bleiben.“ Über den Inhalt dieses Gesprächs wurde auch das Kulturamt des Auswärtigen Amtes in Berlin informiert.
Aus dem Tagebuch Glondys geht ferner hervor, dass sowohl er als auch das Landeskonsistorium dem König zum Geburtstag und zu anderen Anlässen Glückwunschtelegramme schickten, die immer höflichst in deutscher Sprache beantwortet wurden.
Anlässlich der Herbstmanöver bei Großschenk im Oktober 1937 besuchte Karl II. Hermannstadt und Mediasch, wo ihm auch seitens der Sachsen ein entgegenkommender Empfang bereitet wurde. In Mediasch stieg er aus dem Auto, bestaunte die evangelisch-sächsische Kirche samt Kirchenkastell und ließ sich dann vom Stadtpfarrer durch das Gotteshaus führen. Vorher hatte er die in den Jahren 1934-1936 errichtete orthodoxe Kathedrale besichtigt. Dabei soll der rumänische Protopop das Gespräch auf den Forkeschgässer Torturm gebracht haben, der abgerissen werden müsste, um den Blick auf die Kathedrale frei zu geben. Der König soll sich jedoch für die Erhaltung dieses Denkmals ausgesprochen haben.
In der deutschen Presse Rumäniens wurde Karl II. überschwänglich gelobt.
(Fortsetzung folgt)
König Karl II (rechts) mit seinem Sohn Mihai auf dem Titelblatt des US-Magazins „Life“ (1940)
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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