Loyalität gegenüber Monarchie und Vaterland
07.04.11
Die Beziehungen zwischen Karl II. (1930-1940) und den Deutschen Rumäniens (II)/ Von Michael Kroner
Anlässlich des Königsbesuchs in Hermannstadt am 1. Juli 1938 schrieb das bedeutendste Organ der Siebenbürger Sachsen: „In der erlauchten Person unseres Herrschers sehen wir heute mehr denn je den ruhigen Punkt in der Flut der politischen Erscheinungen, die unantastbare, alle Wechselfälle des Geschehens überdauernde und überragende Autorität, die Verkörperung eines Staatsgedankens, der in seinem Inbegriff die gesamte bodenständige Bevölkerung unseres Landes und damit auch die deutsche Volksgruppe umfasst.“ Anders lautete die inoffizielle Information der „Volksgemeinschaft“ an reichsdeutsche Stellen vor dem Deutschland-Besuch Karls II im Jahr 1938. Darin hieß es unter anderem: „Rumänien wird durch König Karl autoritär geführt. Sein Bestreben hat in erster Reihe das Ziel, seine Dynastie zu festigen und sicher zu stellen. Erst in zweiter Reihe kümmert er sich um das Wohl des Landes.“ Dann werden seine Frauen- und andere Affären erwähnt. An anderer Stelle des Schriftstückes wird auf die Beziehungen zwischen dem König und der deutschen Minderheit eingegangen, mit der Feststellung: „Bezüglich der deutschen Volksgruppe Rumäniens wünscht er, dass diese seinem Beispiel folgt, ihr Volkstum aufgibt und als Mittelstand im rumänischen Volk aufgeht.“ Dieses Beispiel zeigt, dass man zwischen offiziellen Bekundungen und der realen Einschätzung unterscheiden muss. Karl II. erfreute sich aber auch in der rumänischen Öffentlichkeit eines nicht guten Renommees. so dass die Einschätzung der Volksgemeinschaft nicht abwegig ist. Während der Herrschaft Karls II. ist erstmals der Posten eines Unterstaatssekretärs innerhalb der Regierung für Minderheiten geschaffen worden, und das nicht zufällig in dem von Nicolae Iorga, dem einstigen Lehrer des Königs und nationalitätenfreundlichen Historiker und Politiker, geführten Kabinett (18. April 1931 bis 31. Mai 1932). Mit der Leitung des Minderheitenressorts wurde Rudolf Brandsch betreut. Eine wesentliche Besserung in der Minderheitenpolitik konnte jedoch nicht erreicht werden. Nach dem Rücktritt der Regierung Iorga wurde der Posten zwar nicht aufgelöst, jedoch hinfort mit rumänischen Politikern besetzt. Erst im Jahr 1940 trug der König Hans Otto Roth das Generalkommissariat für Minderheiten an. Roth lehnte jedoch ab, da die politischen Umstände nicht günstig waren .
Rumänien sah sich in der Zwischenkriegszeit mit revisionistischen Forderungen der Nachbarstaaten Ungarn, Sowjetunion und Bulgarien konfrontiert. Die Rumäniendeutschen haben in all den Jahren solche Forderungen abgelehnt und sich für die Integrität des rumänischen Territoriums ausgesprochen. Bereits im Jahr 1927 legte H. O. Roth in einem Artikel der Zeitschrift „Ostland“ den Standpunkt der Rumäniendeutschen dar. Diese würden innerhalb Rumäniens, so der sächsische Abgeordnete, keine Ausscheidung deutscher Verwaltungsgebiete fordern, sondern bloß das Recht sich als „einheitliche Nation“ zu organisieren, die Muttersprache frei zu gebrauchen sowie kommunale Selbstverwaltung anstreben. Die Deutschen stünden zur territorialen Integrität Rumäniens, sie seien keine Irredentisten.
Als in den 30er Jahren die revisionistischen Forderungen Ungarns zunahmen, haben die Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen öfter ihre Treue und Loyalität gegenüber dem rumänischen Staat öffentlich bekundet. Auf einer Kundgebung in Temeswar am 28. Mai 1930, zu der sich trotz strömendem Regen 40.000 Menschen eingefunden hatten, erklärte Senator Emmerich Reiter im Namen der Schwaben: „Wenn das rumänische Volk heute im ganzen Lande gegen den Versuch, die Grenzen (Rumäniens) umzustürzen, Protest erhebt, so entsteht die Frage, wie sich das deutsche Volk aus Rumänien dazu verhält. Wir bleiben treue Staatsbürger, wir kämpfen mit dem rumänischen Volk, bleiben treu unserem Vaterland und erfüllen unsere Pflicht.“ Einen Monat zuvor hatte der Abgeordnete Hans Beller vor 30.000 Teilnehmern auf einer Versammlung in Arad zu derselben Frage Stellung bezogen: „Millionen von Menschen“, so erklärte er, „sind in dieser Stunde in allen Städten Rumäniens versammelt, um die Revision seiner Grenzen zurück zu weisen. Tausende deutscher Männer nehmen an den Kundgebungen teil unter dem Begriff der Treue und Pflichterfüllung, die für das deutsche Volk kein leerer Begriff sind. Wir bekennen uns zu dem Staat, dessen Bürger wir sind.“ Am 10.September 1939 erschien im „Siebenbürgisch-Deutschen Tageblatt“ ein Artikel unter dem Titel „Unsere Haltung“, in dem es hieß: „Es ist jetzt der Augenblick gekommen, wo wir wieder einmal klar und eindeutig unsere Haltung dem rumänischen Staate gegenüber zum Ausdruck bringen… Wir sind loyale Staatsbürger dieses Staates. Verbunden und verwurzelt mit unserer heißgeliebten Heimat, stehen wir in altbewährter Treue zu Herrscher und Regierung unseres Vaterlandes…“
Ein umfassendes Bekenntnis zu Monarchie und Vaterland legte H. O. Roth im Namen der deutschen Volksgruppe im Oktober 1939 bei der Aufnahme von Kronprinz Michael in den Senat ab. „Wir sind stets gute und zuverlässige Bürger unseres Staates gewesen und wollen es auch fernerhin sein“ so der sächsische Parlamentarier. „Wir sind gleichzeitig auch gute Deutsche, die an ihrem Volkstum mit ganzer Hingabe festhalten. Darin liegt für uns kein Zwiespalt, sondern vielmehr der Ansporn, einer größeren, völkerverbindenden Aufgabe zu dienen. Seine Majestät, der König (Karl II.), hat immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass unser Dasein in Rumänien auch für den rumänischen Staat und das rumänische Volk von Vorteil ist. Er hat uns gleichzeitig die Versicherung gegeben, dass wir unser Deutschtum in vollem Umfang behalten und pflegen sollen. Nach königlichem Willen ist ein Kind unseres Volkes gemeinsam mit Eurer königlichen Hoheit (mit Kronprinz Michael) erzogen worden. Wir sehen darin eine symbolische Handlung des Königs, der offenbar Gewicht darauf legt, dass Eure königliche Hoheit schon in jungen Jahren Angehörige der deutschen Volksgruppe nach Gesinnung und Charakter kennen lernen. Die in der Jugend von unserem Volkstum empfangenen Eindrücke nehmen Eure königliche Hoheit nunmehr in die Arbeit des Mannesalters. Wir sind überzeugt, dass Eure königliche Hoheit dem väterlichen Beispiel folgen wird und dereinst ein gerechter Herr und König sein werden. Unsere vertrauensvollen Beziehungen zum Herrscherhaus werden uns andererseits auch in Zukunft den Mut geben, offen zu bekennen, wenn wir Not leiden und offen aussprechen, wenn wir glauben, dass die Gerechtigkeit uns gegenüber nicht erfüllt ist. Dafür wollen wir treu hinter König und Vaterland stehen. Möge Gott Eure königliche Hoheit zum Heile des Landes und zum Heile der in unserem Vaterland lebenden Völker reich segnen.“
In seiner Antwort auf die Thronrede Karls II. vom 17. März 1940 sprach Roth im Abgeordnetenhaus zusätzlich die Bereitschaft der Rumäniendeutschen aus, gegebenenfalls mit der Waffe in der Hand an Seite des rumänischen Volkes das Land zu verteidigen und durch Spenden zur Stärkung der Armee beizutragen. Auf einer Schwabenversammlung in Lenauheim am. 18. August 1940 sprachen sich die Teilnehmer gegen die Abtretung rumänischen Gebiets an Ungarn aus.
Im Jahr 1940 hat die Führung der Sachsen den Wiener Schiedsspruch zwar bedauert, weil dadurch zum ersten Mal in der Geschichte ihr Volk auf zwei Staaten verteilt wurde, ihn aber auf Anweisung von Berlin akzeptiert.
Das Loyalitätsbekenntnis der deutschen Minderheit Rumäniens ist jedoch als Folge der nationalsozialistischen Bewegung, wenn auch nicht allgemein, doch bei deren Anhängern zum Teil aufgeweicht worden, indem sie meinten, auch gegenüber Deutschland verpflichtet zu sein.
(Fortsetzung folgt)
Foto: Der Thronsaal in Bukarest.
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