Märchenhafte Stimmung und atemberaubende Musik
24.06.10
„Carmina Burana“ für Kronstadt aufgeführt
Die Kronstädter feierten ihre Stadt am vergangenen Donnerstag mit einer festlichen Aufführung von Carl Orffs „Carmina Burana“ am alten Marktplatz.
Rund 220 Musiker beteiligten sich am Konzert: der Chor der Kronstädter Oper, die Chöre „Astra“, „Melos“ und „Canzonetta“, der Bachchor der Schwarzen Kirche, zwei Kinderchöre des Musiklyzeums „Tudor Ciortea“ Kronstadt, begleitet vom Kronstädter Philharmonischen Orchester unter der Leitung von Steffen Schlandt, der das Projekt initiiert hat.
Die szenische Kantate, deren Uraufführung 1937 stattfand, basiert auf Texten aus der mittelalterlichen Handschrift „Carmina Burana“ („Beurer Lieder“ oder „Lieder aus Benediktbeuern“) , die 1230, ungefähr zur Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung Kronstadts auf Pergamentblätter geschrieben wurde.
Die Texte bleiben auch nach acht Jahrhunderten überraschend aktuell und umfassen weltliche Themen wie die Wechselhaftigkeit von Glück, die Flüchtigkeit des Lebens, die Freude über den Frühling. Auch Trinken, Glücksspiel und Wollust kommen in den Texten vor.
Die Schlichtheit von Orffs Musik wurde von den Musikern am Donnerstag hervorgehoben, die stets prägnanten, tänzerischen Rhythmen in Abwechslung mit ruhigen Melodien unterstrichen die Lebendigkeit des Werkes. Raffinierte und archaisierende Harmonik wurde mit Simplizität dem Publikum geschenkt. Dem gigantischen Ensemble gelang es homogen zu bleiben und inspiriert die konstante Abwechslung von heidnisch, rudimentär, sanft, ehrlich, kernig und lebenskräftig wieder zu geben.
Die Stadt als Konzertsaal schenkte dem Abend eine wunderbare Stimmung: der alte Marktplatz in der Abendsonne, der Blick auf die Schwarze Kirche, die Bühne – als griechischer Tempel gestaltet, die Hauptdarsteller und die Stadtwächter in mittelalterlichen Kostümen, der Klang der ältesten Glocke Kronstadts im Rathausturm ließen die Musik noch kräftiger erscheinen.
Bemerkenswert war auch die entspannte Stimmung im Chor trotz der schwierigen Partitur. Die üblichen Grenzen zwischen Laienmusiker und Profis verschwanden, es blieben nur die Konzentration auf den Taktstock des Dirigenten und die Begeisterung für die Musik. Die heiteren Stimmen der Kinder wirkten erfrischend. Es gelang dem Dirigenten, das massive Ensemble meisterhaft zu leiten, nicht nur in ausdrucksvollen „Tutti“, sondern auch in atemberaubenden Generalpausen und als Begleitung der Solostimmen in besonders schwierigen Passagen.
Marian Pop (Bariton) erwies sich als erfahrener Sänger des Soloparts und erlaubte sich große Freiheit im Gesang wie im Bühnenspiel. Stets unterstützt vom Ensemble, war der Effekt seiner wunderschönen Stimme in „Estuans interius“, „Ego sum abbas“ und „Dies, nox et omnia“ bezaubernd. János Szerekován (Tenor) sang „Cignus ustus cantat“ mit nostalgischer und zugleich humorvoller Empfindsamkeit, denn in der Arie geht es um einen „gebratenen Schwan“, der sich seiner Jugend entsinnt und seinen jetzigen Zustand beklagt. In „Stetit puella“ glänzte die Stimme von Irina Iordachescu (Sopran) und die Glocke am Rathausturm erklang an dieser Stelle wie wenn ihre Klänge in der Partitur vorgesehen wären. Die sanfte Sopranarie „Dulcissime“ wurde von der Dämmerung am alten Marktplatz magisch begleitet. In der beeindruckenden Stimmung wuchs die Musik der Hymne „Ave formosissima“ in einem imposanten Crescendo und die Wiederholung des Eingangschors „O Fortuna“ schloss den Kreis. Der Marktplatz, der selten so voll ist, ertönte in lautem Applaus und „Standing Ovations“. Ein musikalisches „Alles Gute“ für die Stadt Kronstadt und Feuerwerke vor der Bühne schlossen den Abend ab.
Christine Chiriac
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(v.l.) Marian Pop (Klausenburg), János Szerekován (Budapest), Irina Iordachescu (Bukarest) und Steffen Schlandt waren die Hauptdarsteller des Abends.
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Fast zu eng für das zahlreiche Kronstädter Publikum wirkte der alte Marktplatz, der schöne „Konzertsaal“ für Orffs Meisterwerk.
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Rund 220 Musiker zu leiten ist kein Kinderspiel. Steffen Schlandt gelang es meisterhaft.
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Auf dem großen Bildschirm links neben der Bühne sind die Turmbläser zu sehen.
Fotos: die Verfasserin
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