„Man muss wissen, in welchem Umfeld man lebt“
15.04.10
Heidrun Junesch will Jugendlichen die siebenbürgisch-sächsische Geschichte näher bringen
Wieso heißt Brasov auf deutsch Kronstadt? Tartlau soll Prejmer sein? Und wenn Heidrun Junesch so gut deutsch spricht, dann kommt sie wahrscheinlich aus Deutschland. Für einige Honterus-Schüler waren das Fragen die sie neugierig machten, auf das, was ihnen Frau Junesch beim Kronstädter Forum zu erzählen und zu zeigen hatte. Jeden letzten Mittwoch im Monat treffen sich rund ein Dutzend Neuntklässler für eine Stunde mit der Deutschlehrerin Junesch und erfahren dabei einiges über die Geschichte der Siebenbürger Sachsen.
„Das Katharinentor ist ja vor unserer Nase und die Schwarze Kirche liegt gegenüber der Schule“ sagt Heidrun Junesch, die für diese Begegnung mit den Schülern wie auch für den Deutschkurs den sie beim Forum leitet, aus Tartlau nach Kronstadt pendelt. Heute ist sie in Rente, aber der Ruhestand kann ermüdend wirken, wenn man keine sinnvolle Aufgabe findet. Für die Rentnerin Junesch gibt es vieles zu tun: beim Forum, wo sie ab 2008 stellvertretende Vorsitzende des Kreisforums ist und den Deutschkurs und nun auch den Geschichtekurs für Jugendliche leitet – aber auch in Tartlau, wo sie das Ortsforum neu beleben will. Zusammen mit einer Freundin soll dort eine deutsche und eine englische Kindergartengruppe als Privatinitiative ins Leben gerufen werden. Kinder und Jugendliche könnten auch erste Tanzschritte deutscher Volkstänze einüben – Heidrun Junesch freut sich, wenn sie dabei helfen kann. Als ehemalige Deutschlehrerin, ab 1982, an der Tartlauer Allgemeinschule und am Agrarlyzeum ist sie vielen Tartlauern gut bekannt und wird für ihren Einsatz geschätzt.
Schüler aus den Burzenländer Ortschaften wissen besser Bescheid über Sachsen und ihre Geschichte als manche Kinder aus der Großstadt Kronstadt. Sie bekommen etwas mit, so weiß es Junesch, von ihren Eltern und Nachbarn, von älteren Leuten aus dem Dorf. „Asta am învatat de la sasi“ - „Das habe ich von den Sachsen gelernt“ ist ein Satz den man hören kann und der Kinder hellhörig machen kann. Denn sie wollen genauer wissen, wie und was es einmal gegeben hat. Die Neugierde ist da, das Interesse ist geweckt. Heidrun Junesch will mit ihrem kostenlosen Kursangebot (in deutscher Sprache gehalten) eine Informationslücke füllen, die manchmal, trotz Schulunterricht, bestehen bleibt. „Ich habe festgestellt, man weiß viel zu wenig von uns Sachsen. Es handelt sich dabei nicht um eitlen Stolz. Man muss wissen, in welchem Umfeld man lebt“, sagt sie.
Die gebürtige Petersbergerin (geborene Otters) hat 1973 in Hermannstadt ihr Philologiestudium (Deutsch und Rumänisch) beendet. Nach der Wende hat sie ihre Masterarbeit über „Lexikalische und morphologische Besonderheiten im Tartlauer Dialekt“ ebenfalls in Hermannstadt verteidigt und so ihre Prüfung in europäischen Studien bestanden. Ihr Kurs mit den Honterusschülern wird nicht mit einer Prüfung enden, sondern, wenn alles gut läuft, mit der Verwirklichung eines interessanten Projektes: Die Jungen und Mädchen (die Jungen sind zahlenmäßig besser vertreten, darum sollen sie zuerst genannt werden) werden versuchen durch Fotos zu dokumentieren, wie sich Kronstadt verändert hat. Alte Fotos aus der Zwischenkriegszeit die Heidrun Junesch in einem Jekelius-Band gefunden hat, dienen dabei als Vorlage. Neue Fotos derselben Standorte schießen dann die Schüler und alles könnte eine Broschüre über „Kronstadt einst und heute“ ergeben. Das wäre auch der schönste Dank den sich Heidrun Junesch für ihren ehrenamtlichen Einsatz vorstellen kann.
Ralf Sudrigian
Heidrun Junesch versucht die Schülern des Honterus-Lyzeums die Geschichte der Siebenbürger Sachsen näher zu bringen.
Foto: der Verfasser
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