Mehr Rechte für Radfahrer
02.10.14
Mit dabei bei der Kronstädter „Critical mass“
Es war am letzten Freitag im August 2014 . Wie jeden Monat startete die Critical mass um 18.00 Uhr vor dem Rathaus in Kronstadt. Und ich war dabei! 15 km auf einem Leihrad durch die Stadt geradelt, zusammen mit ca. 200 Gleichgesinnten. Das war das Größte, der Höhepunkt meines Urlaubs! Die Leihradstation befindet sich im Schatten des alten Rathauses am Marktplatz und wird an sonnigen Tagen von Mittwoch bis Sonntag gerne genutzt.
Nach mehr als 10 Jahren mache ich wieder Urlaub in der alten Heimat, in Kronstadt, der Stadt, wo ich in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts zur Schule gegangen bin. Durch das soziale Medium facebook habe ich schon seit mehr als einem Jahr Kontakt zu Robert Lazar und dem Verein mit dem radelnden Bären als Logo „Brasovul pedaleaza“. Wie oft saß ich an meinem Bildschirm in Duisburg und sah diese herrlichen Aufnahmen von ihren Ausflügen in die Karpaten oder die Kurzfilme von der Critical mass durch Kronstadt und bekam Heimweh nach dem Burzenland. Im facebook-jargon hörte sich das so an: Ich werde mich einmal in diesem Jahr vor Ort einfinden! Und so war es auch. In Kronstadt angekommen, warnen mich alle Freunde vor dem Radfahren aus Sorge um mein Leben. Und es ist tatsächlich nicht ungefährlich, durch die Stadt oder auch in die benachbarten Dörfer mit dem Rad zu fahren… Also gibt es Handlungsbedarf und dafür setzt sich eine kritische Masse Radfahrer jeden letzten Freitag im Monat in Bewegung!
Die Critical Mass (dt. kritische Masse) in Kronstadt ist Teil einer international Bewegung, bei der sich mehrere nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer (hauptsächlich Radfahrer) scheinbar zufällig und unorganisiert treffen, um mit gemeinsamen Fahrten durch Innenstädte, ihrer bloßen Menge und dem konzentrierten Auftreten von Fahrrädern auf sich aufmerksam zu machen und „mit dem Druck der Straße mehr Rechte für Radfahrer und vor allem eine bessere Infrastruktur und mehr Platz einzufordern“. Der Slogan „Wir blockieren nicht den Verkehr – wir sind der Verkehr“ wird weltweit verwendet. In Kronstadt sind diese Demonstrationen mit der Polizei abgesprochen. Mindestens ein Dienstwagen eskortiert die Truppe. Wenn die Ampel auf rot schaltet, dürfen die Radfahrer weiterfahren, während die Autos an den Kreuzungen oder in Kreisverkehren warten müssen, bis die Ordner mit den gelben Warnwesten sie wieder freigeben.
Die erste Critical mass in Kronstadt kam im Juni 2007 zustande. Als Robert Lazar die Organisation Ende 2008 als Vorsitzender des Vereins „Brasovul pedaleaza“ übernommen hat, kamen schon so ca. 100 Personen zum monatlichen Radfahren zusammen.
Die Menschenmasse bewegt sich an diesem letzten Freitag im August 2014 bei schönstem Sonnenschein friedlich radfahrend durch die Stadt, Familien mit Kindern, alt und jung. Jedes Mal ist es die gleiche Strecke bei jedem Wetter außer bei Sturm und Hagel, Eis und Schnee. Man möchte auch in Kronstadt die Situation für Radfahrer verändern. Mehr Menschen sollen dieses gesunde, umweltfreundliche, leise Verkehrsmittel ohne Feinstaubemissionen und CO2-Ausstoß im Alltag und in der Freizeit nutzen. Die rund 15 Kilometer lange Strecke führt aus dem historischen Teil der Stadt hinaus in das Neubaugebiet Astra und übers Bahnhofsviertel wieder zurück zur kapitolinischen Wölfin vor dem Bürgermeisteramt.
Am Ende der Tour werden die Räder hochgehoben, wie überall auf der Welt.
Brunhilde Böhls,
Duisburg
„Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt: Um Veränderungen zu bewirken, ja, um überhaupt erst ein Nachdenken über den Status quo in Gang zu bringen, muss man durch eine sichtbare andere Praxis Diskussionen auslösen und zu Änderungen verführen. Alternative urbane Bewegungen (wie critical mass, urban gardening, transition town etc. Anm. der Verfasserin) geben – wie es sonst nur der Kunst gelingt – mit ihrem Handeln einen Vorschein der Zukunft. Ernst Bloch nannte das realisierte Utopien. Sie sind in allen Bereichen wirksam, die das städtische Leben ausmachen. Und sie zeigen, dass eine Trennung immer sinnloser wird, denn alles hängt mit allem zusammen, Bildung mit Ernährung und Gesundheit und Energie und Verkehr und Wohnen und Erholung und Arbeit ...“
(Aus ZEIT Online: Critical Mass - Mehr als eine Party auf Rädern)
Der Start der „Kritischen Masse“ erfolgte vor dem Bürgermeisteramt. Foto: die Verfasserin
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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