Mehrere Veranstaltungen im Jubiläumsjahr
10.02.10
Corona 775 - Die erste urkundliche Erwähnung von Kronstadt - 1235
Das Jahr 2010 steht im Zeichen der 775-Jahrfeier seit der ersten bekannten urkundlichen Erwähnung von Kronstadt als „Corona" im Jahre 1235. Den Auftakt zu diesem Jubiläum bildete das von den Organisten Eckart Schlandt und Steffen Schlandt gestaltete Konzert zur Jahreswende am 31. Dezember 2009 in der Schwarzen Kirche, wobei Stadtpfarrer Christian Plajer zu historischen Daten aus der Kronstädter Geschichte sprach.
Das Bürgermeisteramt und die Kreiskulturdirektion beabsichtigen ebenfalls, diesem Jubiläum verschiedene Veranstaltungen zu widmen, was sehr lobenswert ist.
Eine erste uns bekannte Jubiläumsaktion wurde vom Kronstädter Kreismuseum im Jahre 1971 gestartet, um ein 700-Jahre-Jubiläum von Kronstadt auf Grund einer Urkunde von 1271 zu feiern. Da aber von mehreren Fachleuten nachgewiesen werden konnte, dass 1271 nicht die erste Erwähnung von Kronstadt sei und sich auf das Burzenland bezog, verzichteten die Behörden auf das Jubiläum.
Eine neue Initiative für ein Stadtjubiläum von Kronstadt gab es im Jahre 1985 für ein 750-Jahre-Jubiläum seit der ersten urkundlichen Erwähnung von 1235. Diesmal war den Behörden die Feier unangebracht, weil sich diese Erwähnung auf die Sachsen bezog und nicht auf die Rumänen oder die Daken, wie bei den Jubiläen von Klausenburg, Karlsburg oder Turnu Severin. Trotzdem haben die Kronstädter sächsischen Historiker Dr. Maja Philippi und Gernot Nussbächer durch mehrere Artikel in der deutschsprachigen Lokalpresse versucht, dies Jubiläum ins Bewusstsein der Leserschaft zu bringen. Den Auftakt dazu hatte schon im Jahre 1984 der stattliche Band „Beiträge zur Geschichte von Kronstadt in Siebenbürgen" gemacht, herausgegeben als Band 17 des „Siebenbürgischen Archivs" von Dr. Paul Philippi, der damals aber nur wenigen Kronstädtern bekannt und zugänglich war.
Nach diesen Vorerinnerungen kommen wir jetzt zur Sache und stellen die erste heute bekannte schriftliche Erwähnung von Kronstadt aus dem Jahre 1235 vor.
Sie lautet „Claustra sororum….in Hungaria assignata est paternitas dyocesis Cumanie Corona". Übersetzt heißt das: „Schwesternklöster .. in Ungarn ist zugeschrieben die Vaterschaft (solcher Klöster) in Corona im Bistum Kumanien und in Villa Hermanni (Hermannsdorf, heute Hermannstadt) im Bistum Siebenbürgen". Dieses Zitat stammt aus dem „Catalogus Ninivensis", einem Verzeichnis der Klöster des Prämonstratenserordens vom Anfang des 13. Jahrhunderts, das im Kloster Ninove bei Mecheln nördlich von Antwerpen - Anvers im nördlichen Belgien gefunden wurde. Es ist jedoch nur in einer Abschrift des Bruders Marcus Annaert aus dem Jahre1498 - dem Geburtsjahr von Honterus - erhalten geblieben, die sich heute im erzbischöflichen Archiv in Mecheln oder Mâlines befindet.
Der „Catalogus Ninivensis" wurde breiteren Kreisen erst bekannt, als im Jahre 1949 P. Norbert Backmund mit der Veröffentlichung seines Werkes „Monasticon Praemonstratense" (Die Klöster des Prämonstratenserordens) begann, in dessen drittem Band im Jahre 1956 dann auch der volle Wortlaut des „Catalogus Ninivensis" veröffentlicht wurde.
Die Prämonstratenser sind ein katholischer Mönchsorden, der im Jahre 1120 vom Heiligen Norbert gestiftet wurde. Eine dem Stifter vom Himmel gezeigte Wiese im Walde (pratum monstratum) in der Nähe von Reims in Frankreich war der erste Versammlungsort des Ordens, der 1121 dort auch das erste Kloster errichtete, das den französischen Namen „Prémontré" erhielt. Der Orden wuchs sehr schnell und so erklärt sich auch, dass er nach einem Jahrhundert auch in den südöstlichsten Gebieten des katholischen Abendlandes - in Siebenbürgen - seine Niederlassungen hatte.
In der ungarischen Forschung erschien auf Grund des Werkes von Backmund erstmals im Jahre 1957 - im „Kunstgeschichtlichen Anzeiger" - ein Hinweis auf die erste Erwähnung von Corona im Jahre 1234, der vom verdienstvollen Geographiehistoriker György Györffy in seinem großen Werk über die „Geschichtliche Geographie Ungarns in der Arpadenzeit" im Jahre 1963 aufgegriffen wurde.
So gelangte dieser Hinweis auch zur Kenntnis der siebenbürgischen Forscher und der Kronstädter Geographiehistoriker Dr. Paul Binder (1935 - 1995) war der erste, der darüber im Jahre 1964 eine umfassende Arbeit veröffentlichte: „Etimologia, sensul ini]ial si evolu]ia numelui topic 'Bra{ov'“ , in dem Sammelband „Limb² {i literatur²“ (VIII).
Erst später brachte der damalige Direktor des Kronstädter Staatsarchivs, Tiberiu Coliban das vollständige dreibändige Werk von Backmund nach Kronstadt und da erst konnte der volle Wortlaut des „Catalogus Ninivensis" untersucht werden. Dabei wurde festgestellt, dass die Jahreszahl 1234 tatsächlich im Verzeichnis vorkommt, dass aber die Angaben über Kronstadt und Hermannstadt eigentlich aus dem Jahre 1235 stammen.
Im Jahre 1235 reiste der Prämonstratenserabt Fredericus de Hamborn (bei Duisburg) nach Ungarn und Siebenbürgen, um die dortigen Klöster seines Ordens zu „visitieren". Nach seiner Rückkehr verfasste er über die Anzahl und Lage der Prämonstratenserklöster einen Bericht, der aber nicht erhalten geblieben ist. Auf Grund dieses und anderer Berichte wurde ein Verzeichnis der Ordensklöster angelegt, das sich der oben genannte Bruder Marcus Annaert 1498 abschrieb.
Interessant ist, dass laut dem „Catalogus Ninivensis" Corona in dem Kumanischen Bistum liegt. Dieses wurde nach der Vertreibung des Deutschen Ritterordens aus dem Burzenland (1225) im Jahre 1228 gegründet und umfasste Gebiete am Außenrand des Karpatenbogens und auch das Burzenland, aus dem mehrere Pässe in diese Gebiete führten.
Die erste Erwähnung von Kronstadt wurde bald darauf auch in der Arbeit des Kronstädter Geschichtsprofessors Franz Killyen (1903 - 1974) über die Bildung des Kronstädter Komitats (Studii {i articole de istorie, VII, 1965) erwähnt und wenig später von dem aus Hermannstadt stammenden Kirchenhistoriker Karl Reinerth untersucht (Archiv für Kirchengeschichte, 1966).
Eine umfassende Arbeit über „Einige Probleme betreffend die erste urkundliche Erwähnung Kronstadts" veröffentlichte dann der schon oben genannte Forscher Dr. Paul Binder im Jahrbuch des Kronstädter Kreismuseums (Cumidava III, 1969). Er wies nach, dass dieses „Schwesternkloster in Corona" neben der Katharinenkapelle südwestlich der heutigen Schwarzen Kirche lag.
Die heilige Katharina von Alexandrien, eine frühchristliche Märtyrerin, die am 25. November 307 auf Befehl des römischen Kaisers Maximinus hingerichtet wurde, war die Schutzheilige der sogenannten „Beginen", der Witwen und unverheirateten Frauen, die sich zu einem andächtigen Leben verbunden mit Arbeit und Wohltätigkeit in sogenannte Beginenhöfe zurückzogen, ohne eigentliche Nonnen zu sein, und die vom Prämonstratenserorden geistlich betreut wurden. Möglicherweise war der Kronstädter Beginenhof noch bis Ende des 13. Jahrhunderts von den Prämonstratensern betreut, aber mit dem Niedergang des Ordens besonders nach dem Mongolensturm von 1241 übernahm später der Zisterzienserorden die Betreuung der Beginen in Siebenbürgen. So wurde die Kronstädter Katharinenkapelle der Zisterzienserabtei von Kerz unterstellt.
Die Fundamente der Katharinenkapelle wurden zuerst 1976 im Keller des C-Gebäudes des heutigen Honterus-Lyzems festgestellt, 1559 wurde an dieser Stelle die sogenannte „kleine Schule" errichtet.
Anstelle des östlich davon gelegenen dazugehörigen Klosters war schon im Jahre 1541 auf Anregung von Johannes Honterus ein neues Schulgebäude errichtet worden, die „große Schule", wo heute das B-Gebäude des Honterus-Lyzeums steht.
Westlich der Katharinenkapelle gab es später den „Katharinenhof", einen Gebäudekomplex mit zwanzig Wohneinheiten (Zimmern). Das älteste erhaltene Steuerverzeichnis von 1480 verzeichnet im „Sent Katrinen Hoff" fast ausschließlich weibliche Bewohner. Wahrscheinlich lag diese Wohnanlage westlich der Katharinenkapelle, etwa dort, wo sich heute der Gebäudekomplex mit der Adresse Paul-Richter-Straße Nr. 5 befindet, das frühere „Alumnat" und spätere „Honterushaus", wie jetzt noch auf der Marmortafel über dem Eingangstor zu lesen ist. Der Ausdruck „Katharinenhof" wurde später im Mittelalter dem westlichen Teil des Kirchhofs gegeben und bei Anlegung des neuen Grundbuchs im Jahre 1872 wurde sogar das heutige Haus Marktplatz Nr. 17 auf der Ostseite der Schwarzen Kirche als auf dem Katharinenhofe gelegen verzeichnet, während das „Adressen-Buch der Stadt Kronstadt" für 1873 das gleiche Haus als am Apfelmarkt stehend anführt, nur der eigentliche Kirchhof wird dort als „Katharinenhof" bezeichnet.
So ist also heute genau bekannt, auf welche Stelle sich die erste bekannte schriftliche Erwähnung von Kronstadt aus dem Jahre 1235 bezieht, und zwar auf die heutige Adresse Honterushof Nr. 3, das B-Gebäude des Honterus-Lyzeums. Dürfen wir den zuständigen Stellen vorschlagen, im Jahre 775 „ab urbe Coronae prima documentatione" am Gebäude im Rahmen der geplanten Jubiläumsfeierlichkeiten eine entsprechende Inschrift anzubringen? Es gibt da einige blinde Fensternischen, wo diese Inschrift sehr wohl ihren Platz finden könnte.
Über spätere urkundliche Erwähnungen von Kronstadt wollen wir in zwangloser Folge berichten.
Gernot Nussbächer
Erste schriftliche Erwähnung von Kronstadt 1235, in einer Abschrift aus dem Jahre 1498.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
Redaktion: 500.030 Braşov, Str. GH. Baiulescu 2,
Fernruf und Telefax: 0040 -(0)268/475 841,
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Schriftleiter: Elise Wilk.
Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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