Meinungen
07.04.16
Was Straßennamen aussagen
In der Kronstädter Inneren Stadt gibt es seit knapp zwei Wochen Täfelchen an rund 20 Straßen die unter dem mit fettgedruckten Buchstaben hervorgehobenen aktuellen offiziellen Straßennamen auch ältere rumänische sowie deutsche Bezeichnungen derselben Straße anführen. Dort wo es der Fall ist, werden bei historischen Persönlichkeiten oder Schriftstellern deren Lebensdaten angegeben. Die den Straßennamen angefügten Jahreszahlen informieren, ab wann oder in welchen Zeitintervallen diese Bezeichnung im Umlauf war.
Wenige wussten wohl, dass der Rosenanger auch Trompeterturm am Rathaus hieß oder das die Hirschergasse im Laufe der Zeit auch Rosa Luxemburg, Kotzenmarkt oder Theatergasse genannt wurde. Nun haben Touristen, sowie jene Kronstädter die zu wenig über ihre Stadt Bescheid wissen, einen weiteren stichhaltigen Beweis vor Augen, dass diese Stadt eine deutsche Vergangenheit hat. Die zweisprachigen Tafeln haben einen rein informativen Charakter und könnten vielleicht auch in dem Sinne verstanden werden, dass die deutschen Namen Geschichte sind. Dem ist nicht so: diese Straßennamen „leben“ auch heute noch und werden im Alltag von den Kronstädter Sachsen genutzt. So gesehen ist die Initiative des Innerstädtischen Vereins „Zusammen für die Entwicklung der Gemeinschaft“ (AICD) ein Kompromiss. Man erinnert an die alten rumänischen und deutschen Bezeichnungen (warum nicht, dort wo es der Fall ist, auch an die ungarischen?) aber man wagt nicht den Schritt, wieder, wie vor dem Zweiten Weltkrieg, dreisprachige (rumänisch, ungarisch, deutsch) Straßenschilder einzuführen – was auch beim Kronstädter Deutschen Forum begrüßt werden würde.
Dreisprachige Straßenschilder wären der Beweis einer bestehenden ethnischen und kulturellen Vielfalt und nicht, wie die neuen Täfelchen an manchen Straßenabschnitten, lediglich der Hinweis auf eine historische, von den Siebenbürger Sachsen geprägte Etappe in der Stadtgeschichte. Dass solche Schritte unternommen wurden, ist zu begrüßen. Es hat dafür recht lange gedauert, nun ist es soweit – rechtzeitig vor der Wahlkampagne zu den Lokalwahlen. Als so selbstverständlich sollte so was nicht gelten. Denn, wie Arnold Ungar informierte, konnten die Kronstädter Forumsmitglieder und nun unsere Leser erfahren, dass es auch Leute gibt, die keine ungarischen oder deutschen Bezeichnungen auf der öffentlichen Domäne neben der offiziellen rumänischen akzeptieren wollen: Der Kronstädter Senator Sebastian Grapa (UNPR) hat im Januar dem Stadtrat schriftlich eine Mahnung zugeschickt in der er fordert, dass allein Rumänisch im öffentlichen Raum gelten darf. Also wäre es verfassungswidrig, dass z.B. an den Stadteinfahrten und -ausfahrten Brasov – Brasso – Kronstadt zu lesen ist. Solche überholte Stellungsnahmen sind große Ausnahmen. Sie sollten aber nicht verschwiegen werden.
Ralf Sudrigian
Die neuen Tafeln geben Auskunft über ältere rumänische und deutsche Straßen- und Platzbezeichnungen, wobei die meisten deutschen auch heute noch den Sachsen geläufig sind. Foto: der Verfasser
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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