Meinungen, Vorschläge, Standpunkte
26.07.12
Aus dem Diskussionsforum der Kronstädter Forums-Webseite
Die Deutsche Schule
Der deutschsprachigen Unterricht in Kronstadt war einer der meist diskutierten Themen auf der Webseite. Das verwundert nicht, denn die Schule ist eng verbunden mit der Zukunft der Kinder aber auch der Gemeinschaft. Sie gilt als wichtiger Faktor einerseits zur Förderung der deutschen Sprachkenntnisse andererseits aber auch der deutschen Kultur und der Erhaltung der kulturellen und nationalen Identität.
Schon die Bezeichnung „deutsche Schule“ ist fraglich. Die Sprachkompetenz der Schüler und leider, von Fall zu Fall, auch der Lehrer hat abgenommen. Das belegen die schwächeren Ergebnisse der Prüfungen fürs deutsche Sprachdiplom in den letzten Jahren. „Ich denke, diese Ergebnisse deuten letztendlich auch darauf hin, dass sich die Schule schön langsam nicht mehr wie eine 'deutsche Schule' im Sinne von 'muttersprachlich' verhält, sondern wie eine 'scoala cu predare intensiva in limba germana', ob sie nun so heißt oder anders. Möglicherweise wird sie von einem Großteil der Schüler längst so wahrgenommen“, schreibt Christine. Wie kann die Schule besser werden oder anders gefragt, wie kann ihr Niveau beibehalten werden, wohlwissend, dass sie sich eines guten Rufes erfreut und heute fast ausschließlich von Kindern aus nichtdeutschem Elternhaus besucht wird?
Anca spricht diese Sachlage an und geht auf die Gründe dafür ein. „Weshalb kommen viele rumänische und ungarische Kinder in unsere deutschen Schulen? Weil ihre Eltern unsere Kultur schätzen? Leider nur in den wenigsten Fällen. Sie suchen den leichten Weg zu überdurchschnittlich guten Deutschkenntnissen und alles andere wird durch Nachhilfestunden geregelt. Wenn in unseren Schulen etwas an deutscher/sächsischer/schwäbischer Kultur weitergegeben werden soll, muss auch an den Eltern gearbeitet werden, erst recht dann an den Kindern. Wer soll das tun? Wer sind unsere Lehrer? Wie viele gehören der Minderheit an und haben Deutsch zur Muttersprache? Wie viele haben Interesse an unserer Tradition und Kultur? Wie viele nehmen die kulturellen Angebote von Forum, Kirche usw. wahr? Leider nur sehr wenige. Wenn nicht einmal die Grundschul- und Deutschlehrer der Honterusschule alle Muttersprachler sind, sondern das eher die Ausnahme darstellt, dann spreche ich mich für eine drastische Reduzierung der Klassenzüge aus. Für mich ist das sehr wichtig: Die Kinder in den Kindergärten und Schulen sollen nicht nur Deutsch lernen, sondern tatsächlich etwas von der Tradition und Kultur jener Minderheit mitnehmen, dessen Schule sie besuchen. Eine Minderheit lebt nämlich nicht nur durch die eigenen Mitglieder weiter, sondern auch im Bewusstsein ihrer Umgebung. Das ist für die Zukunft unserer Minderheit wichtig.“ Richard wirft dieselbe Frage auf: „Wäre es vielleicht nicht besser weniger Klassen zu haben, wofür man noch die Lehrkräfte besorgen kann?“ Er stellt auch die Frage, ob die Schulleitung sich Gedanken um diese Entwicklungen und den damit verbundenen problematischen Aspekte macht und ruft zu einem Brainstorming auf. Hinzu kommt auch sein Vorschlag um finanzielle Engpässe zu überwinden und die miserablen Lehrerlöhne aufzubessern. „So wie man im XIX. Jahrhundert Häuser gestiftet hat, um aus den Mieten Altenheime zu finanzieren, wovon die deutsche Gemeinde auch heute noch vorbildliche Einrichtungen für unsere Senioren finanzieren kann, genau so könnten sich gewisse Strukturen einigen, um alternative Einnahmequellen für das deutsche Unterrichtssystem zu sichern. Damit könnte man die Lehrerstellen attraktiver machen und sogar eine Konkurrenz aufbauen.“ Paul unterstreicht auch die Folgen der viel zu kleinen Lehrerlöhne „Bis die Lehrer nicht ein vernünftiges Entgelt für ihre Arbeit bekommen, sehe ich keine große Chancen für eine Besserung in der Schule. Als Lehrer muss man einen 2. Job oder Nachhilfe in Betracht ziehen, um über die Runden zu kommen. Da bleibt nicht viel Zeit / Lust für andere Sachen.“ Selbstverständlich ist das nicht nur ein Problem der deutschen Schulen, sondern des gesamten rumänischen Unterrichtssystems. Aber wer gut Deutsch spricht und schreibt, findet leichter besser bezahlte Arbeitsstellen – nicht nur im Ausland, sondern selbst in der Kronstädter Gegend wo deutsche oder rumänisch-deutsche Firmen angesiedelt sind. Trotz allem vergisst Paul nicht, auch auf das außerschulische deutsche Kulturangebot hinzuweisen: „Es freut mich, dass es trotzdem noch Oasen gibt, wo die Kinder Deutsch reden können. Die Kirche gibt sich da Mühe (Canzonetta, Jugendstunde, Kinderclub u.a.). Das Jugendforum hat weiterhin auch für Jugendliche einige Kreise wo die deutsche Sprache noch gefördert und gepflegt wird. Und wer weiß, vielleicht gibt es bald auch was für Studenten (zumindest wäre mir jetzt im Moment nichts dergleichen bekannt).“
Albrecht geht vor allem auf die Rolle der Schule in Sachen Identitätsbewahrung ein, auf die Berücksichtigung der Eltern: „Die Kinderstube prägt den Menschen. Also ist da eine Strategie und deren Umsetzung gefragt, an der sich nicht nur Pädagogen gerne beteiligen sollen. Es gibt eine Menge Aktionen, wo die Eltern der Kinder eingebunden werden können, um dann beste Ergebnisse in unser Aller Sinne zu erzielen. Diese Kinder sind die zukünftigen Kulturträger und daher kann nie früh genug mit der Bildung begonnen werden.“ Und nachher klingt es poetisch: „ Wir aber wollen kleine Quellen entstehen lassen, um durch lebendige Bächlein erfrischende Flüsse und grüne Landschaften zu haben.“ Alexander ist optimistisch und glaubt, dass die Schule durch neue Initiativen und aktive Mitgestaltung am besten unterstützt werden kann. „Ein gangbarer Weg zur Verbesserung scheint mir die Installation von deutschen Diskussionszirkeln zu sein, ob in der Schule oder parallel dazu, spielt nur eine untergeordnete Rolle, wichtig daran wäre zum Einen die Übung der deutschen Sprache, zum Anderen die Möglichkeit durch die Wahl der Themen und entsprechender Moderatoren auch konkret Standpunkte und Kultur bekannt machen zu können. Dazu braucht es keine Organisationen, sondern Initiative!“
Angesprochen wurde, wie das Richard bereits angedeutet hatte, auch die Möglichkeit einer „Privatisierung“ des deutschen Schulunterrichts mit allen erhofften Vorteilen betreffend Qualität und Seriosität aber auch der möglichen Nachteile in Sachen Begleitung und Kontrolle über diese so verantwortungsvolle Arbeit. Anca äußert sich wie folgt in diesem Sinne: „Wichtig wäre dann, nicht irgend eine deutsche Privatschule entstehen zu lassen, mag sie noch so gut sein, sondern an ihrer Entstehung auf die eine oder andere Weise aktiv mitzuarbeiten. Mittel und Wege lassen sich erfahrungsgemäß finden.“
(Auswahl und Zusammenfassung: Ralf Sudrigian)
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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