Museumsdirektor oder Likörfabrikant?
06.10.23
Julius Teutsch (1867 – 1936) ein ausgesprochener Autodidakt
Es ist anzunehmen, dass Julius Teutsch auf die Liste der Ehrengräber, in seiner Qualität als Gründer des Burzenländer Sächsischen Museum gekommen ist und nicht als bedeutender Likörfabrikant. Jedem Kronstädter klingt der Name Julius Teutsch sehr vertraut im Ohr, vielleicht weil es noch wenigstens zwei weitere Julius Teutsch in Kronstadt gab, nämlich den Maschinenfabrikanten J. Teutsch und den Drogisten J. Teutsch. In diesem Beitrag ist die Rede von dem Likörfabrikanten, bekannter ist er aber geworden als der Gründer des BSM.
Julius Andreas Heinrich Teutsch ist am 27. Juni 1867 in Kronstadt als Sohn des Likörfabrikanten Andreas Julius Teutsch und der Julie Luise Ernestine geb. Rauss, geboren. In einer kurzen autobiografischen Notiz schreibt er über sich selber: „Nach Beendigung der vier Untergymnasialklassen in Kronstadt trat ich als Praktikant in die F. Jekelius-sche Apotheke (Ferdinand Jekelius, 1817-1877, „Zur Hoffnung“, Purzengasse 27) ein und wurde nach dreijähriger Praxis und nach Ablegung einer Prüfung, Assistent der Pharmacie. Im Jahre 1886 zog ich zur Universität nach Wien, wo ich auch das Einj. Freiwilligen Jahr in der Apotheke des Garnisonsspital Nr. 2 diente.”
Dem Tagebuch des Arztes Eduard Gusbeth entnehmen wir folgenden Abschnitt zum Tode des Vaters, welcher während des Studiums in Wien erfolgte: “15. Juli 1890. Julius Teutsch, Besitzer des beliebten Liqueurgeschäftes „Zum roten Krebs“, von dem vor 2 Tagen noch Jedermann geglaubt hätte, er könne ein alter Mann werden, wurde heute begraben. Er ist auf der Jagd in Krizba (Krebsbach) von seinem besten Freund durch einen unglücklichen Zufall erschossen worden. Er befand sich im besten Mannesalter von 48 Jahren."
Zu diesem tragischen Vorfall gibt es einen Beitrag seines Urenkels, des Malers und Lehrers, Kaspar Teutsch, in der Neuen Kronstädter Zeitung vom 14. Dez. 2012
Da war der Sohn des Verstorbenen gerade 23 Jahre alt und musste zusammen mit seiner Mutter die Likörfabrik übernehmen. Sowohl Fabrik als auch Ausschank befand sich am Rossmarkt Nr. 2-4. Das Haus Nr. 2 war, nach dem Tod von Friedrich Ridely im Jahre 1899, ins Eigentum der Ev. Kirchengemeinde gekommen und das Haus Nr. 4 war seit 1867 im Familienbesitz des Augenarztes August Fabritius. Auf diesem Haus befindet sich auch heute noch, mit vielen Farbschichten übermalt, das alte Nummernschild mit dem Straßennamen in den drei Landessprachen.
Die Lieblingsbeschäftigungen von Julius Teutsch waren aber nicht die Pharmazie oder das Verwalten der Likörfabrik, sondern die volkskundlichen und vorgeschichtlichen Forschungen im Burzenland. J. Teutsch war eng befreundet mit seinem Berufskollegen, dem Apotheker Eugen Neustädter, Betreiber der Apotheke „Zum Schutzengel“ auf der Kornzeile Nr. 6. Dessen Sohn, der Schriftsteller Erwin Neustädter beschreibt in seinem Buch „Im Glanz der Abendsonne“ einen Ausflug zum Salomonsfelsen mit Krippes, das war der Kosename von Julius Teutsch, zu Ausgrabungen. Bei diesem Ausflug haben sie auch eine steinzeitliche Handmühle gefunden die dann im späteren Museum ausgestellt wurde. In einem weiteren Kapitel des gleichen Buches beschreibt Erwin Neustädter den Fund des Hockergrabes bei der Baustelle für die Erweiterung des Sparkassagebäudes Klostergasse Nr. 2. Da war der Dichter ungefähr 10 Jahre alt und der Sohn des Forschers zwei Jahre jünger und für die beiden Kinder waren das sehr beeindruckende und prägende Ausflüge.
Als Wissenschaftler war Julius Teutsch Autodidakt. Seine ganze Freizeit galt dieser Beschäftigung. Seine persönliche Sammlung wurde immer größer und es mussten größere Räume her. Am 3. Februar 1908 trafen sich im Gasthaus “Zum alten Rathaus“, das war auf der Kornzeile Nr. 2, fünf Herren, lauter Sammler, und beschlossen ihre Sammlungen zusammenzulegen um sie öffentlich ausstellen zu können. Das waren zuerst 2 Zimmer am Rosenanger Nr. 6, das Haus gehörte seiner Mutter, und die fünf Herrn waren außer dem Initiator noch Friedrich Deubel, Selchwarenfabrikant, Gustav Treiber, Ingenieur, Ed. Julius Lehmann, Lithograf und Franz Podek, städt. Beamter. Schon am Sonntag, 12. Juli des gleichen Jahres konnte das Museum eröffnet werden. Diese zwei Räume erwiesen sich schnell als zu klein, und so mieteten sie die Räume am Rossmarkt Nr. 2 von der ev. Kirchengemeinde. Im Nachbarhaus Nr. 4 des Augenarztes August Fabritius waren schon die Ausgrabungsfunde von Julius Teutsch, z.B. das Hockergrab, und mit dem Einverständnis des Eigentümers wurde eine Verbindungstüre gebrochen. Zu Ostern 1909 konnten die neuen Räume für die Besucher geöffnet werden. Das Museum erhielt den Namen „Burzenländer sächsisches Museum“, bekam ein Statut und es wurden alle Genehmigungen angefordert. Auch die Anzahl der Mitglieder wächst, Julius Teutsch ist Vorsteher, Josef Gräf, Juwelier ist Schriftführer, Franz Podek ist Kassier, und als Mitglieder kommen dazu Ernst Hausmann, Präparator, Prof. Julius Römer, G. Theis, Kaufmann und Josef Schuller, Chemiker.
Der ganze Werdegang des Burzenländer sächsischen Museums kann in seinen Berichten verfolgt werden in denen auch sehr viele wissenschaftliche Beiträge der Forscher erscheinen. Im Jahr 1913 wurde durch die Vereinigung des Gymnasialmuseums mit dem BSM und der Überlassung von Räumlichkeiten von Seiten der ev. Kirchengemeinde die Entwicklung des Museums auf eine neue Basis gestellt. Aber der beginnende 1. Weltkrieg hat andere Prioritäten in den Vordergrund gebracht. Eine Zeitlang wurde das Museum militärisch bewacht und anschließend nach Budapest ausgelagert. Die Bestände sind intakt geblieben, aber bedeutende Unterstützer sind in diesen Jahren gestorben, Vizegespann August Jekelius, Glashändler Alfred Jekelius und Franz Podek. Friedrich Stenner, welcher 1919 die Schriftführung übernommen hatte starb 1924.
Julius Teutsch starb am 26. April 1936 im 69. Lebensjahr. Die Eröffnung der neuaufgestellten Schausammlungen und die Feier des 30-jährigen Jubiläums konnte er nicht mehr erleben. Stadtpfarrer Dr. Konrad Möckel hat bei dieser Gelegenheit eine Rede gehalten, weil zugleich mit diesem Jubiläum auch die Übergabe des BSM an die Honterusgemeinde stattgefunden hat. „Wir gedenken zugleich in großer Dankbarkeit all der Männer, die vor dem heutigen Geschlecht das Werk in treuer Arbeit geführt haben. Allen voran Julius Teutsch, dessen Walten im Museum noch in unser aller frischem Gedächtnis ist und dessen Namen für dies Werk so unsagbar viel bedeutet”.
Die nächste Ansprache war die des aktuellen Leiters des BSM, Dr. Erich Jekelius.
„Als wir nach dem Tode unseres Julius Teutsch verwaist dastanden, legte sich die Verantwortung, die er 28 Jahre lang getragen, schwer auf unsere Schultern. So sehr war Julius Teutsch mit dem Begriff des Museums in der Vorstellung des Publikums zu einer Einheit verschmolzen, dass schon vor Jahren, lange vor seinem Tode, immer wieder besorgte Zweifel geäußert wurden, ob das Museum auch nach einem eventuellen Ableben des Julius Teutsch aufrechterhalten werden könne.“
Er wurde in der Familiengruft D23, wo auch seine Eltern ruhen, am Friedhof Innere Stadt beigesetzt. Seine Frau Caecilie Anna Auguste geb. Seitz, welche er in Wien beim Studium kennengelernt hatte, folgte ihm nach 8 Jahren.
Sie hatten vier Kinder die das Erwachsenenalter erreicht haben. Die Tochter Gertud Irene, verheiratet in erster Ehe mit dem Ökonomen, Wilhelm Fraetschkes und in zweiter Ehe mit Vicegespann, Ludwig Servatius. Sie wurde in der Gruft der Familie Servatius B4 beerdigt. Das zweite Kind die Tochter Irene verh. Papp. Das dritte Kind war der Sohn Julius Emil welcher die Likörfabrik weiter führte. Das vierte Kind war die Tochter Herta, verehelicht mit dem bekannten Kronstädter Fotografen Heinrich Gust. Sie wurde in der Gruft der Familie Gust, B16 beerdigt.
Das Museum überlebte den 2. Weltkrieg, aber nicht die Zeit danach. Nach dem Bombenangriff auf Kronstadt vom 4. April 1944 wurde der Bestand, zu seinem Schutz, verstreut. Ein Teil existiert noch in verschiedenen Museen aber der Großteil ist zerstört, und zwar nicht durch Bomben. Alfred Prox, der letzte Leiter des Museums, beschreibt dessen Ende in seinem Artikel „Zur Auflösung des Burzenländer sächsischen Museums in Kronstadt und zum Verbleib seiner Bestände“ in der Zeitschrift für Siebenbürgische Landeskunde Nr. 1, 1997
Peter Simon
Foto: Julius Teutsch beim Begutachten eines sächsischen Kruges.
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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