Musikalische Premiere: der Bartholomäer Konzertsommer
22.07.10
Paul Cristian veranstaltet Kammermusikabende mit Schwerpunkt Barock
Eine neue Konzertreihe beginnt diese Woche in Kronstadt auf Initiative des Organisten Paul Cristian. Sie soll nicht nur das musikalische Sommerangebot der Stadt bereichern, sondern auch ein traditionsreiches Kirchengebäude, die Bartholomäer Kirche, in den Mittelpunkt des musikalischen und touristischen Interesses rücken. Das Eröffnungskonzert findet am Freitag, 23. Juli, mit dem Auftritt des Ensembles „Quartetto Brassovia“ (Roxana Bârsan - Violine, Emin Curtgeafar - Oboe, Alexandra Enache - Cello, Paul Cristian - Cembalo) statt. Im Programm steht Musik von Marini, Marais, Purcell, Falconiero, Albinoni und Merula. Am 30. Juli lädt Paul Cristian zu einem Orgelkonzert mit Werken von Vivaldi-Bach, Pachelbel, Bruhns, Liszt, Mendelssohn und Gigout ein. Am 6. August ist Cipriana Smarandescu (Italien) mit einem barocken Programm für Cembalo zu hören. Die Reihe wird am 14. August abgeschlossen, mit geistlichen Arien vorgetragen von Daniela Radulescu (Sopran), Lena Meuser (Mezzosopran) und Silviana Cirdu (Orgel). Die Veranstaltungen sind mit freiem Eintritt und finden jeweils um 19 Uhr in der Bartholomäer Kirche statt. Paul Cristian ist 34 Jahre jung und seit 2004 Organist der Kirchengemeinden A.B. Kronstadt-Bartholomae und Rosenau. Zudem unterrichtet er an der Kronstädter Musikhochschule Orgel als Wahlfach. Auf der Musikszene der Stadt ist er sehr präsent, vor allem wenn es um Barockmusik geht: Er spielt Orgelkonzerte in der Schwarzen Kirche und viel Kammermusik. In einem Gespräch mit Redakteurin CHRISTINE CHIRIAC stellt er sich, seine Tätigkeit und seine Projekte vor.
Wie kam es zur Veranstaltung einer neuen Konzertreihe?
Voriges Jahr hatten wir zwei „Notfall-Konzerte“: zu dem Zeitpunkt konnten wir nicht anderswo spielen und entschieden uns, ziemlich im letzten Augenblick, in der Bartholomäer Kirche aufzutreten. Obwohl wir die Konzerte recht spät ankündigten, waren sie überraschend gut besucht. Dieses Jahr hatte ich zwei Anfragen für Konzerte und dachte gleich daran, eine Konzertreihe zu veranstalten. Im August gibt es schon das „Diletto musicale“ in Tartlau, aber im Juli ist kammermusikalisch nicht viel los: Leider ist in diesem Jahr aus Geldmangel auch das Kammermusikfestival der Kronstädter Philharmonie ausgefallen. Außerdem finde ich es schön, wenn die Bartholomäer Kirche für das Publikum geöffnet wird, ich habe viele Bekannte, die sie noch nie besucht haben.
In welchem Zustand ist die Orgel in Bartholomae?
Ich repariere und stimme gerade an ihr, der Winter hat sie ein bisschen mitgenommen und sie muss gepflegt werden. Sonst ist sie in gutem Zustand. Ich finde, es ist ein gelungenes Instrument, auch nicht romantisch, auch nicht neubarock. Sie wurde 1923 von Leopold Wegenstein aus Temeswar gebaut, das Gehäuse ist von Johann Prause. Was ich lustig finde, ist, dass Wegenstein für das restliche Gehäuse anscheinend die Kisten genommen hat, in denen die Pfeifen transportiert worden sind. Generalrepariert wurde die Orgel 1998 von Hermann Binder. Von der Disposition her hat sie sowohl sehr romantische Register, als auch laute Trompeten und Cornett – man kann ein vielfältiges Repertoire auf ihr spielen.
Denkst Du daran, diese Sommer-Konzertreihe in Zukunft fortzusetzen?
Ja, ich würde in Bartholomae gerne viel Kammermusik machen. Auch heuer haben wir ein Cembalokonzert, etwas Besonderes, da müssen die Leute die Ohren spitzen. Vielleicht gelingt es mir zudem, im September in Rosenau Orgelkonzerte zu veranstalten, wenn die dortige Orgel schon restauriert ist und wieder gespielt werden kann. Ich mache schon seit langem auf dem Festival für alte Musik in Miercurea Ciuc mit. Das dortige Barockorchester, geleitet von Ulrike Titze aus Dresden, probt sehr viel, hat jedoch nur einen einzigen Auftritt im Rahmen des Festivals. Vielleicht gelingt es mir einmal, das Orchester nach Kronstadt zu bringen. Es sind über zwanzig gute Musiker, die aus verschiedenen Städten kommen und Gambe, Barockkontrabass, Violone oder Barockcello spielen. In Miercurea Ciuc musizieren wir von früh bis spät und es macht doch viel mehr Spaß als es anstrengt. Es wäre schön, auch in Kronstadt aufzutreten.
Wann hast Du mit Musik begonnen?
Schon als Kindergartenkind nahm ich Klavierunterricht, aber so gut wie nie bei meinem Vater (Horia Cristian, Anm. d. Red.), sondern immer bei jemand anders. Das ging einige Jahre bis ins Gymnasium, als ich drei oder vier Jahre lang Pause machte – ich rebellierte sozusagen. Ich habe das Honterus-Lyzeum abgeschlossen und irgendwann in der 12. Klasse bei Hans-Eckart Schlandt den Orgelunterricht begonnen. Ich hatte zwar noch Gottesdienste gespielt und ging gerne auf Orgelkonzerte. Ich dachte jedoch erst spät daran, Orgel ernsthaft zu studieren. Mein Studium habe ich in Kronstadt bei Hans-Eckart Schlandt abgeschlossen. 2000 bis 2001 habe ich in Sanktgeorgen Klavier unterrichtet, dann, von 2001 bis 2004, mein Konzertdiplom in der Schweiz in Lausanne bei Jean-Christophe Geiser gemacht und nach der Rückkehr noch Orgelbau in Honigberg gelernt.
Was machst Du am liebsten? Orgelmusik, Orgelbau, Klavier, Kammermusik, Begleitung?
Am liebsten begleite ich, fast lieber als solo zu spielen. Orgelbau ist für mich sehr hilfreich, denn ich komme immer wieder an Orgeln, die nicht in allerbestem Zustand sind. Zur Kammermusik kam ich noch als kleines Kind, denn mein Vater probte zu Hause mit dem Ensemble für alte Musik „Cantus Serenus“. Ich bin sozusagen damit aufgewachsen.
Dirigierst du auch?
Als ich zur Kirchengemeinde Bartholomae kam, versuchte ich, den Chor wieder ins Leben zu rufen. Leider gelang es nicht. Ich war ein Jahr lang auch in Honigberg und Petersberg als Chorleiter tätig – dort waren noch genug Choristen, aber ich konnte sonntags an den Gottesdiensten nicht teilnehmen, da ich schon in Kronstadt beschäftigt war. Ich bereitete den Chor vor und hatte dann keine Ahnung, wie er eigentlich gesungen hatte.
Du musizierst oft mit Deiner Frau (Elena Cristian) zusammen. Ist sie auch Kronstädterin?
Ja, sie ist Kronstädterin und hat hier von klein auf Violine gelernt. Jetzt haben wir zwangsläufig eine Pause vom gemeinsamen Musizieren genommen, denn sie schreibt gerade ihre Doktorarbeit.
Lernen Deine Kinder schon Musik?
Es ist noch ziemlich früh: meine Kinder sind dreieinhalb und zweieinhalb. Mara hat aber schon eine Zehntelgeige und übt fleißig und Tom wird wahrscheinlich eher Schlagzeug lernen wollen.
Vielen Dank für Deine Antworten!
Paul und Elena Cristian sind dem Kronstädter Publikum schon seit Jahren bekannt.
Foto: Dieter Drotleff
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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