Noch einen Winter im Gehege
05.11.09
Zu Besuch bei den Wisenten im Bosau-Pass
Die Landschaft könnte nicht passender sein: eine ausgedehnte, leicht gewellte Wiesenfläche, begrenzt irgendwo, weit im Hintergrund, von einem Laubwald der eine sanft ansteigende Hügelkette bedeckt. Übersieht man den Maschendrahtzaun mit elektrischer Warnanlage so könnte man fast glauben, die Gegend sei unbewohnt. Es ist das Gehege des Wisent-Reservats im Bosau-Pass, im Grenzbereich der Kreise Kronstadt/Bra{ov und Buz²u.
Hier wurden vor einem Jahr die ersten sechs Jungtiere in ein zehn Hektar großes Gehege ausgesetzt: zwei Bullen und vier Kühe mit einen Durchschnittsalter von etwa einem Jahr. Heute sind die Exemplare ausgewachsen, angepasst und es wird schon wieder Nachwuchs erwartet. Und seit einigen Wochen gibt es auch eine zweite Serie von „Umsiedlern“ im Reservat, nämlich fünf Exemplare aus Frankreich.
Den Wisent, auch Europäischer Bison genannt, gibt es in Europa nur noch in Reservaten und Tiergärten. Über den letzten frei lebenden wissen wir, dass er 1927 im Kaukasus erlegt wurde. Dabei war er, dass belegen Knochenfunde, einst sehr weit verbreitet, fast überall in Europa. Der heutige Bestand an europäischen Wisenten geht auf genau zwölf Exemplare zurück welche in den 1930er Jahren noch in mehreren Zoologischen Gärten lebten. Nach und nach erreichte der Bestand mehrere Tausend wobei es über die Jahre auch Kreuzungen mit dem amerikanischen Bison gegeben hat.
Damit ist die noch vor einigen Jahrzehnten vom Aussterben bedrohte Art gerettet worden und bevölkert heute schon mehrere Reservate, darunter auch das im Bosau-Pass. Hier haben die nun zwölf Tiere ein Gehege zur Verfügung welches ab Frühling nächsten Jahres um 80 Hektar Wald erweitert wird. Eine Investition welche sich durchaus gelohnt hat, denn der Tierbestand steigt nun auch auf natürliche Weise, nicht nur durch Umsiedlung und... die Anlage wurde zu einer Touristenattraktion. Die verkauften Eintrittskarten sind der handfeste Beweis, dass Reisende und Urlauber beim Gehege gerne eine Pause einlegen oder sogar extra anreisen um die Wisente zu bewundern. In der Saison 2009 gab es Wochenende mit sogar 400 zahlenden Besuchern. Pro Tag!. Und es werden bald mehr sein, dann wenn auch der vorgesehene Gebäudekomplex, mit Gaststätte und Übernachtungsmöglichkeit fertig gestellt sein wird. Ein Vorhaben an dem die ganze Gemeinde Vama Buz²ului mitwirkt, wie unschwer bei der Aufnahme der fünf neuen Bewohner festzustellen war. Am eifrigsten bemühten sich die Kinder der kleineren Klassen die – unter Aufsicht – alles Wissenswerte über die Geschichte der Wisente auf Schautafeln in einer Ausstellung vorbereitet hatten. Da kann man erfahren, dass der Bison bonasus schon von Plinius dem Älteren beschrieben wurde wobei es offen bleibt, welche Untergattung den alten Griechen bekannt war. Später finden wir Wisente sogar in römischen Arenen wo Gladiatoren gegen sie antraten, wohl in einer frühen Form der spanischen Stierkämpfe.
Auch in der mittelalterlichen Literatur finden wir den Wisent öfters, manchmal unter der Bezeichnung „Auerochse“. Im Nibelungenlied wird die Stimme Dietrichs von Bern mir dem Röhren eines Auerochsen verglichen.
Die neuere Geschichte dieser Riesen mit sanften Augen beginnt am 26. August in Berlin, mit der Gründung der „Internationalen Gesellschhaft zur Erhaltung des Wisents“. Den Gründern dieser Gesellschaft ist es zu verdanken, dass schon nur einige Jahre später, in Posen das erste Gehege mit einem Wisentpaar angelegt werden konnte. 1930 wurde dann ein Zuchtbuch angelegt in welchem alle ausfindig gemachten Exemplare erfasst und vermerkt sind. Darunter auch die nun elf Exemplare aus dem Gehege im Bosau-Pass.
Hans Butmaloiu
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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