Preh: Guter Start in Rumänien
05.05.11
Gespräch mit Geschäftsführer Matthias Katzenberger
Die 1919 gegründete, heute weltweit tätige Unternehmensgruppe Preh beschäftigt rund 2500 Mitarbeiter in Deutschland, Portugal, Mexiko, den USA und China und produziert Klima- und Fahrerbediensysteme, Sensoren, Steuergeräte und Montageanlagen für renommierte Automobilhersteller wie BMW, VW oder Audi. 2008 hat die Preh-Gruppe auch in Weidenbach/Ghimbav bei Kronstadt/Brasov ein Produktionswerk eröffnet, in dem Lenkrad-Multifunktionsschalter und Klimabediensysteme angefertigt werden. S.C. Preh Romania S.R.L. erreichte 2010 einen Umsatz von 24 Mio. Euro und plant bis Ende diesen Jahres, seine Mitarbeiteranzahl auf 320 zu erhöhen. Geleitet wird das Kronstädter Unternehmen seit Januar 2010 von Matthias Katzenberger, mit dem KR-Redakteurin Christine Chiriac folgendes Gespräch führte.
Herr Katzenberger, das Startjahr der Produktion in Rumänien, 2009, war weltweit von der Wirtschaftskrise geprägt. Inwiefern war das neu gegründete Unternehmen betroffen?
Erfreulicherweise waren die Einbrüche durch die Krise gerade für die Produkte, die wir in Rumänien herstellen, nicht so hoch. Für uns gab es zu der Zeit mehr oder weniger kein Zurück mehr, weil die Planung schon durchgeführt war. Im Endeffekt hatten wir sehr gute Ergebnisse: Ende 2009 hat es in der Automotive-Branche wieder sehr stark angezogen und 2010 war für uns hier in Rumänien ein perfektes Jahr.
Wie kam es zur Entscheidung für Rumänien und für Kronstadt?
In Rumänien war ursprünglich eine Jointventure mit Takata Petri in Arad, unserem größten Kunden, geplant. Aus verschiedensten Gründen hat man sich letztendlich anders entschieden, aber ein Produktionsstandort in Osteuropa war auch aufgrund der niedrigen Produktionskosten ganz klar vorgesehen. Ein kleineres Team von Preh hat mehrere Standorte in Rumänien analysiert, und im Endeffekt fiel die Entscheidung für Kronstadt, weil hier für uns die besten Bedingungen vorhanden waren. Durch den ICCO-Industriepark in Weidenbach standen schon die Fabrikhallen zur Verfügung. Teilweise gab es an anderen Standorten in Rumänien Schwierigkeiten mit der Energie- oder der Wasserversorgung, was hier in Kronstadt nicht der Fall war. Zudem waren die zentrale Lage von Kronstadt und das Umfeld für uns sehr wichtig.
Vor wenigen Wochen wurde die Joyson Investment Holding aus Ningbo, China, Mehrheitsgesellschafter der Preh-Gruppe. Wie kam es dazu? Wird der Gruppe etwa vorgeworfen, dass Preh „chinesisch wird“?
Ende 2010 wurde ein Jointventure mit Joyson gegründet. Nun hat Joyson zu 74,9 Prozent Preh gekauft - die bisherigen Mehrheitsgesellschafter, die Deutsche Beteiligungs AG und das Management von Preh bleiben mit 25,1 Prozent beteiligt. Wir versprechen uns daraus, in den chinesischen Markt dementsprechend einzusteigen, da China den größten Wachstumskurs weltweit hält. Für Preh wird sich im Prinzip nichts ändern, Preh bleibt Preh, der Name und die Standorte bleiben erhalten, die Entwicklung wird weiterhin von Deutschland aus koordiniert. Das Thema wurde im Vorfeld natürlich auch mit unseren Hauptkunden besprochen und es kamen keine negativen Reaktionen. Wie allgemein bekannt, sind die meisten großen Unternehmen auch in China vertreten, denn dies bedeutet in erster Linie die Erschließung neuer Marktchancen.
Viele ausländische Unternehmen haben in den vergangenen Jahren ihren Start in Kronstadt gemacht. Gibt es auch eine „nicht positive“ Konkurrenz?
Aufgrund dessen, dass die Wirtschaft wieder stark anzieht und es in den Firmen zurzeit sehr viel Arbeit gibt, müssen wir alle vorsichtig sein, um uns nicht gegenseitig die guten Mitarbeiter wegzunehmen. Für jede Firma ist es wichtig, sein Stammpersonal, die z.T. in monatelanger Ausbildung eingelernten Mitarbeiter, über längere Zeit halten zu können, denn sie sind tatsächlich das wichtigste Potenzial in einer Produktion.
Gibt es Wahrnehmungsunterschiede und Schwierigkeiten mit dem rumänischen Personal im Sinne der Einhaltung der deutschen Standards?
Ich muss sagen, ich bin sehr positiv überrascht: die Mitarbeiter lernen willig und finden schnelles Verständnis für die neuen Anlagen. Natürlich gibt es auch ein paar negative Abweichungen, aber wir und unsere deutsche Muttergesellschaft in Bad Neustadt a. d. Saale sind sehr zufrieden mit der Entwicklung des Unternehmens in Rumänien. Wir hatten auch in dieser Hinsicht „Glück“ mit der Krise, denn viele anderen Firmen haben Mitarbeiter entlassen, was uns zu Gute gekommen ist. Wir können sagen, dass Personal nie wirklich ein Problem war. Die Strategie von Preh ist eigentlich so, dass die Funktionen in der Geschäftsleitung aufgeteilt werden: der Geschäftsführer, der für Produktion und Qualität zuständig ist, kommt aus Deutschland, der Geschäftsführer für Personal und Logistik ist meistens ein Einheimischer - in unserem Fall Frau Mihaela Forgaciu.
Gab es auch weitere positive Überraschungen in Rumänien?
Positiv ist in erster Linie, dass wir auf einem hohen Level produzieren, mit wirklich wenig Reklamationen von den Kunden. Im Endeffekt kann man die Produktionsqualität ganz leicht an den Reklamationen der Kunden messen und erfreulicherweise schneiden wir sehr gut ab. Für mich persönlich war zudem das Leben hier in Kronstadt eine positive Überraschung. Bevor ich das Angebot bekam, hierher zu kommen, war ich noch nie in Rumänien. In Deutschland herrscht leider noch die Meinung, dass Rumänien nicht unbedingt ein lebenswertes Land ist. Mittlerweile lebe ich in Kronstadt seit über einem Jahr und bin vom genauen Gegenteil überzeugt.
Welches sind die Schwierigkeiten für eine deutsche Firma hierzulande?
Ich möchte eigentlich gar nicht von Schwierigkeiten sprechen. Wir sind bisher sehr zufrieden. Sicher, es hat ein wenig länger gedauert, bis wir die offizielle Produktionsgenehmigung hatten, aber da ist unser Vorteil, dass Frau Forgaciu aus Rumänien kommt und das ganze Prozedere kennt. Das hilft natürlich unwahrscheinlich.
Ist Kronstadt Ihr Lieblingsort in Rumänien oder gibt es andere?
Ich habe an Wochenenden ein paar Städte besucht: Schäßburg hat mir sehr gut gefallen. Die Altstadt ist wunderschön, weil alles noch alt belassen ist, die Straßen mit den Pflastersteinen, all die Gebäude. Es ist meiner Meinung nach sehr wichtig für Rumänien, dieses Erbe zu erhalten und nicht kurzfristig zu denken. Hermannstadt ist auch ein schönes Städtchen. Und natürlich ist Rumänien landschaftlich sehr schön.
Foto 1
„Pre(h)mium Qualität“ auch in Rumänien - Die Produktionshalle von Preh Weidenbach/Kronstadt
Foto: Preh
Foto 2
Matthias Katzenberger leitet Preh Rumänien seit Januar 2010.
Foto: Christine Chiriac
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
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