Premiere in Mediasch: „Ein Siebenbürger auf dem Weg zu den Sternen“
01.09.11
Dokumentarstreifen über die ersten Lebensjahrzehnte des Raketenforschers Hermann Oberth / Von Hansotto Drotloff (Alzenau)
Am 18. Juni 2011 erlebte das Kino „Mediensis“ in der Kokelstadt eine nicht ganz alltägliche Kinopremiere: Der Dokumentarstreifen „Ein Siebenbürger auf dem Weg zu den Sternen“ ist dem Pionier der Weltraumfahrt Hermann Oberth gewidmet, der auch respektvoll als „Vater der Weltraumfahrt“ bezeichnet wird. Die beiden aus Bukarest kommenden Produzenten, Nick Langa, mit Mediascher Wurzeln, und Stefan Elefteriu, beschränken sich in diesem Streifen auf Oberths erste Lebensjahrzehnte, auf die Zeit von der Geburt bis 1938, die für die Entwicklung seiner bahnbrechenden Ideen entscheidenden, überwiegend in Siebenbürgen verlebten Jahre. Anlass der Premiere war das vierte Treffen der Mediascher Sachsen in ihrer Heimatstadt, zu der das örtliche Demokratische Forum, die Stadtverwaltung, die Evangelische Kirchengemeinde und die Heimatgemeinschaft Mediasch eingeladen hatten.
Während das Licht im Saal langsam erlischt und die Wirklichkeit um die Zuschauer herum versinkt, schiebt sich von links ein riesiger roter Jupiter auf die dunkle Leinwand, um gleich mit einer stetigen Drehbewegung in dem Milliarden Sterne umfassenden All zu verschwinden. Das Aufleuchten des Filmtitels „Ein Siebenbürger auf dem Weg zu den Sternen“ fesselt urplötzlich unsere Aufmerksamkeit. Hätten wir es nicht schon vom Plakat her gewusst, dass Hermann Oberth damit gemeint sei, so hätte das Motto des Films: „Wir sind nicht mehr geneigt, die Grenzen der irdischen Atmosphäre als Grenzen unserer Existenz zu akzeptieren“ uns endgültig drüber aufgeklärt. 1932 in einem Beitrag für die in Bukarest in rumänischer Sprache erscheinende Zeitschrift „Natura“ abgedruckt, bringt der Satz wie kaum ein anderer jene Überzeugung zum Ausdruck, die Oberth schon seit frühen Jugendtagen geleitet hat. Es ist das Verdienst der beiden Bukarester Dokumentarfilmer, in ihrem Film aufzuzeigen, wie sich Oberths Ideen über die Möglichkeit, das Schwerkraftfeld der Erde zu verlassen, entwickelt haben und wie seine konkreten Vorschläge zum Bau von flüssigkeitsgetriebenen Raketen praktisch umzusetzen wären. Diese Thesen nahmen bereits währen Oberths Schulzeit an der Bergkirche zu Schäßburg Gestalt an und erreichten einen ersten Höhepunkt beim Vorlegen seiner Dissertation nach einigen Studienjahren an deutschen Universitäten.
Ein kurze Exkurs in die Geschichte eines der ältesten Träume der Menschheit – des Traums vom Fliegen, in dem der Name des Hermannstädter Ingenieurs Conrad Haas nicht fehlen durfte, leitet den Film ein. In den kommenden dreißig Minuten wird der Zuschauer in einem fulminantem Wirbel von Bildern und Worten hundert Jahre in der Zeit zurück versetzt in das Haus des Hermannstädter Chirurgen Julius Oberth und seiner aufgeschlossenen Gattin Valerie, geborene Krasser, wo Hermann 1894 das Licht der Welt erblickte und eine Erziehung genoss, dank derer sich sein Genius frei entwickeln konnte. Die Filmemacher versäumen nicht jene Prophezeiung Friedrich Krassers aus dem Jahre 1869 zu zitieren, dass der Mensch in einhundert Jahren den Mond betreten werde. Dass sie sich beinahe auf den Tag genau erfüllen würde, und dass es gerade der eigene Enkel sein würde, der entscheidend dazu beitrug, dass die Mondlandung möglich wurde, hatte Krasser freilich nicht ahnen können. Oberths Lebensweg folgend, den sein Biograph Hans Barth in zahlreichen Büchern akribisch nachgezeichnet hat, führt uns der Film durch die alten sächsischen Städte Hermannstadt, und Schäßburg, und später, nach Matura und Kriegsdienst, zum Studium nach Budapest, München und Göttingen, und über Heidelberg, Klausenburg und Schäßburg schließlich an das Stephan-Ludwig-Roth-Gymnasium nach Mediasch. Historische Fotografien geschickt mit Filmaufnahmen von heute verbindend, wohl dosiert mit Überblend- und Animationstechnik umgehend, lassen uns die Filmemacher die Höhen und Tiefen von Oberths frühen Forscherjahren miterleben. Davon seien hier nur die wichtigsten kurz gestreift. Da ist zunächst seine Promotionsprüfung in Klausenburg mit dem bahnbrechenden Werk „Die Rakete zu den Planetenräumen“, das die Professoren in Heidelberg zuvor mit der eigenartigen Begründung abgewiesen hatten, es sei „für die Astronomen zu technisch, für die Physiker und Maschinenbauer zu phantastisch und für die Mediziner abseits jeder Realität“. Wozu die Feststellung passt, Oberths Geist und die Genialität seien seiner Zeit offenbar weit voraus gewesen – und Professoren wie Augustin Maior in Klausenburg haben dies offenbar erkannt und gewürdigt. Gezeigt werden Bilder von den Dreharbeiten für Fritz Langs letzten Stummfilm „Die Frau im Mond“, für den Oberth als technischer Berater nach Berlin-Babelberg gerufen wurde – und auch die parodistische Replik der „Mediascher Raketenfahrt zum Mond“ bleibt nicht unerwähnt. Nur wenigen dürfte die Audienz beim rumänischen König Carol II. in Bukarest bekannt sein, nach der Oberth uneingeschränkte Unterstützung seitens der Mediascher Fliegerschule erhielt und auf deren Gelände er 1935 eine kleine flüssigkeitsgetriebene Versuchsrakete startete. Und damit endet auch der Streifen: Vor dem Hintergrund der Berge am nördlichen Kokelufer, festgehalten auf einer alten Fotografie, erhebt sich eine weiß glänzende Rakete in den Himmel, den Weg vorwegnehmend, den Oberth mit seinen Erfindungen geebnet hat. Die kleine Animation soll daran erinnern, dass Mediasch einer der ersten Orte weltweit ist, wo Flüssigraketen gezündet wurden.
Bei der Premiere wurde eine Version mit deutsch gesprochenem Text und rumänischen Untertiteln gezeigt, als Zeichen des Respekts vor der sächsischen Gemeinschaft, welcher Oberth entstammte. Bei der Produktion des Films wurden die beiden Dokumentarfilmer von der Heimatgemeinschaft Mediasch e. V. unterstützt, die bisher teilweise unveröffentlichtes Material aus ihrem Archiv zur Verfügung stellte, bei der Erstellung der deutschen Textfassung behilflich war und auch die Kontakte zu den Verantwortlichen vor Ort herstellte, um die Premiere beim vierten Mediascher-Treffen zu organisieren.
Der neue Oberth-Streifen gehört zu einer Serie von vier Filmen der Dokumentarfilmer Stefan Elefteriu und Nick Langa mit dem Titel „Siebenbürgische Geschichten“ („Povestiri transilvane“). Von dem Wunsch beseelt, etwas über den rumänischen Beitrag zur kulturellen Vielfalt Europas zu berichten, stellen sie Badea Cârtan vor, den wissensdurstigen Bauern aus Cârtisoara (in dem Streifen „Lumina cunoasterii“), die „Transhumanta“ – die traditionelle Schafweidewirtschaft in den Karpaten („Urmând steaua ciobanului“), den lustigen Friedhof in Sapanta („Moartea ca o gluma“) und nicht zuletzt eben den Siebenbürger Sachsen Hermann Oberth. Bewusst wollen die Filme dem leider allzu oft vermarkteten „Dracula-Image“ ein geistiges Siebenbürgen entgegen setzen.
Stefan Elefteriu hat bei zahlreichen Dokumentarfilmen aus Kunst und Wissenschaft als Komponist, Produzent und Audio-Video-Editor mitgewirkt, die er mit diversen nationalen und internationalen Filmgesellschaften produziert hat. Hervorzuheben wären „Faust“, „Die ‚Calusari’“, „Die Präsenz der Japaner entlang der Donau“, „Gopo, ein Name, der Legende wurde“, die Serienfilme „Vergessene Berufe“ und „Höhlen in Rumänien“, sowie zahlreiche Spielfilme („Damen Tango“, „Bericht über die Lage der Nation“ etc). Für seine Arbeit wurde er vielfach geehrt, so mit dem Filmmusikpreis des Verbands der Filmschaffenden in Rumänien (2004) und mit dem das Ehrendiplom des Nationalen Filmzentrums und der „Animafilm“-Studios für sein Gesamtwerk im Bereich des rumänischen Trickfilms.
Nick Langa, dessen Familie teilweise aus Mediasch stammt, hat als Location Manager, Produzent und Drehbuchautor bei den Serienfilmen „Vergessene Berufe“ und „Höhlen in Rumänien“, „Die Kinder aus Constanta“, „Rückkehr nach Rumänien“ und „Menschen wie du und ich“ mitgewirkt.
Nach der Premiere des vierten Films der Serie bereiten die Produzenten den Vertrieb im Set vor. Sobald sie marktreif vorliegen, soll die rumänische Version in Mediasch, im Hermann-Oberth-Gedenkhaus, öffentlich vorgestellt werden. Eine zweisprachige Version soll in Nürnberg im Rahmen einer deutsch-rumänischen Kulturveranstaltung lanciert werden, dort, wo sich mit dem Hermann-Oberth-Haus in Feucht ein weiterer wichtiger Ort des Gedenkens an den genialen Erfinder befindet.
Damit soll es aber, wenn es nach dem Willen der Produzenten und auch jenem der HG Mediasch geht, nicht getan sein. Nick Langa und Stefan Elefteriu hat Hermann Oberth so sehr in den Bann gezogen, dass sie der Persönlichkeit und dem Gesamtwerk des Raketenforschers gerne einen abendfüllenden Film widmen würden. Es schwebt ihnen vor, die Mittel des klassischen und des modernen Films, die sie meisterlich beherrschen, zu nutzen, um das Gedankengut des genialen Erfinders darzustellen. Es wird eine Aufgabe der nahen Zukunft sein, für ein solches Vorhaben entsprechende Unterstützung zu finden. Wünschen wir den beiden Produzenten Glück hierbei und hoffen bald auf einen Film über „den ganzen Hermann Oberth“.
Werke von Hermann Oberth (Auswahl)
* Die Rakete zu den Planetenräumen. 1923. (Nachdruck: Michaels-Verlag, 1984)
* mit Franz von Hoefft, Walter Hohmann, Karl Debus, Guido von Pirquet und Willy Ley): Die Möglichkeit der Weltraumfahrt.
* Allgemeinverständliche Beiträge zum Raumschiffahrtsproblem. Sander, Hachmeister & Thal, Leipzig 1928.
* Wege zur Raumschiffahrt. 1929. (Nachdruck: VDI-Verlag, Düsseldorf, 1992)
* Forschung und Jenseits. Baum, Pfullingen 1930.
* Menschen im Weltraum. Neue Projekte für Raketen- und Raumfahrt. 1954.
* Das Mondauto. 1959.
Stoff und Leben. Betrachtungen zum modernen Weltbild. Der Leuchter-Otto Reichl, Remagen 1959.
* Katechismus der Uraniden. Haben unsere Religionen eine Zukunft? Gedanken aus philosophischen Vorträgen und zum Teil noch unveröffentlichten Schriften. 1966.
(Quelle: Wikipedia)
Raketenpionier Hermann Oberth (1894 - 1989)
Foto: collectionspace.it
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