Schäßburg gewidmetes historisches Kompendium
15.07.10
Neunter Band der Serie „Aus Urkunden und Chroniken“ von Gernot Nussbächer erschienen
Pünktlich zu den in Schäßburg Ende Juni stattgefundenen Kulturtagen die heuer unter dem Motto „Ein Leben für Volk und Kirche: Hans Otto Roth 1890 – 1953“ standen, erschien der 9. Band der Serie „Aus Urkunden und Chroniken“ von Gernot Nussbächer den er ausschließlich der Geschichte dieser unter UNESCO-Denkmalschutz stehenden Stadt widmete, deren Altstadt 1999 auf die Weltkulturerbeliste aufgenommen wurde. Von der Stadt wurden im Laufe der Geschichte zahlreiche Reisende und Besucher fasziniert. Charles Boner schrieb 1868 in seinem in Leipzig erschienen Band „Siebenbürgen. Land und Leute“: „Auf der Höhe selbst stehen die Kirche und das Gymnasium, zu welchem eine lange, gerade, bedeckte Treppenflucht führt. Man wird nicht müde, in diesen engen Straßen und Gängen umherzuklettern und dabei in die Hofräume hinter den Häusern zu blicken, da man bei jedem Schritt irgend eine neue Entdeckung macht und neue Veranlassung zum Staunen findet“.
Der neunte Band der Serie erfreute sich gleich bei seinem Erscheinen der Anerkennung von Fachleuten und den an Geschichte interessierten Lesern und hätte es verdient sowohl in Schäßburg als auch am Erscheinungsort in Kronstadt im aldus Verlag, in Anwesenheit des Autoren vorgestellt zu werden. Doch wer den Historiker Gernot Nussbächer kennt, weiß, dass dieser aus Bescheidenheit, sicher meistens am falschen Platz, die öffentlichen Auftritte meidet zum Leid sowohl der Fachleute und Leser, als auch des Verlagshauses. Doch dem Entscheid des Autoren muss man sich fügen. Daher sind Rezensionen und Vorstellungen seiner Bücher um so wichtiger, um breite Kreise auf jede Neuerscheinung von Gernot Nussbächer aufmerksam zu machen, da alle seine Werke Bezugsschriften sind auf die immer wieder zurückgekommen wird, in Bibliographien als eine kompetente und genaue Informationsquelle dienen. Nach dem Modell der bisher erschienen Bände in dieser Serie, hat Gernot Nussbächer auch in diesem Kompendium seine bisher in verschieden Publikationen erschienen Artikel und Forschungsbeiträge zur Geschichte dieser Stadt zusammengefasst. Wie er selbst im Vorwort zu dem Band betont, sind die Beiträge das Ergebnis von fast einem halben Jahrhundert Beschäftigung mit der Geschichte von Schäßburg. Seinen ersten Bezug zu Schäßburg fand er anlässlich einer im Jahre 1956 stattgefundenen Schulreise in diese Stadt. Nach Abschluss des Geschichtsstudiums in Klausenburg wurde er 1962 an das Regions-Staatsarchiv von Kronstadt versetzt wobei ihm die Ordnung des alten Schäßburger Stadtarchivs anvertraut wurde. In den Jahren 1963 – 1964 wurde Gernot Nussbächer für die Leitung der Filiale des Schäßburger Staatsarchivs delegiert, so dass seine Bindungen zu den Archivbeständen noch enger wurden. Ab 1965 hat Gernot Nussbächer dann immer wieder heimatkundliche Artikel über Schäßburg und dessen Geschichte in den deutschsprachigen Publikationen des Landes „Neuer Weg“ (ab 1993 ADZ und dem von dieser herausgebrachten Deutschen Jahrbuch für Rumänien), in der „Volkszeitung“ und ab 1968 in deren Nachfolgerin, der „Karpatenrundschau“, in der „Hermannstädter Zeitung“, in der ungarischen Kronstädter Wochenschrift, in anderen rumänischen Veröffentlichungen, den Lesern geboten.
Nicht alle Aspekte aus der Geschichte von Schäßburg konnten von dem Autoren erforscht werden auch weil viele schriftliche Quellen zur Geschichte der Stadt verloren gegangen sind. Gernot Nussbächer gliedert seine Beiträge die in diesem Band enthalten sind, in fünf thematische Kapitel: Schäßburg im Wandel der Jahrhunderte; Schäßburger Baudenkmäler; Zünfte und Zunfttürme in Schäßburg; Zur Kulturgeschichte von Schäßburg; Schäßburger Persönlichkeiten. Um nur einige besondere Aspekte aus der Geschichte dieser Stadt hervorzuheben denen sich der Historiker in unermüdlicher Forschungsarbeit widmete, möchten wir auf einige kurz eingehen. Bezüglich der schriftlich überlieferten Geschichte der Stadt bezieht sich der Autor auf die Urkunde von 1298 aus der hervorgeht, dass Schäßburg damals schon eine städtische Ansiedlung gewesen sein muss, da es in dieser ein Dominikanerkloster gab und solche wurden nur in entwickelten Ortschaften gegründet. Besonderes aufschlussreich ist dann der nächste Beitrag der sich auf die älteste Urkunden über Schäßburg bezieht. Der Historiker findet auch eine neue Erklärung des Ortsnamens der Kokelstadt die er in einem weiteren Beitrag deutet. Anlässlich der 700. Jahresfeier der Stadt die 1980 begangen wurde, hat Gernot Nussbächer damals eine Übersicht bezüglich des Lebens in dieser Stadt vor 400 Jahren erstellt, ein Beitrag der viele Daten aus der Stadtgeschichte belegt.
Was die Schäßburger Baudenkmäler betrifft, sind diese besonderes von Interesse auch für den breiten Leserkreis da sich der Autor in fünf Beiträgen dieses Kapitels u.a. auf die Schülertreppe bezieht, auf die Verteidigungsanlagen, auf den Goldschmiedturm und die Oberste Schanze in der Stadt. In dem nächsten Kapitel, jenem über die Zünfte und Zunfttürme, bezieht sich der Autor auf das Gewerbe im 15. Jahrhundert in Schäßburg, auf die einzelnen Zünfte aber auch auf die Türme dieser Zünfte. Alle Daten sind bestens dokumentiert durch die Angaben aus den erhaltenen Urkunden die der Autor einsehen konnte. In dem Kapitel zur Kulturgeschichte der Stadt bezieht sich der Historiker vor allem auf die Schulgeschichte und den im Ausland eingeschriebenen Studenten aus der Kokelstadt. Sehr aufschlussreiche Daten bietet Gernot Nussbächer über einige der wichtigsten Persönlichkeiten aus der Geschichte von Schäßburg: Christian Schesäus, Martin Eisenburger, Andreas Teutsch, der Archäologe Carl Seraphin, der Stadtarchivar Fritz Schuster. Und, wie gewöhnlich, kommt der Autor dem Leser und Forscher stark entgegen indem er abschließend zu dem Band noch einmal die Geschichte der Stadt zusammenfassend in Jahreszahlen vom Gründungsjahr 1191 (1198) bis 1980 vorstellt.
Am Ende jedes einzelnen Beitrages bietet der Autor eingehende bibliographische Daten. Im Anhang zu dem Band sind die biographischen Daten des Historikers zusammengefasst, wobei man Informationen über seine Tätigkeiten, die bisher erhaltenen Ehrungen, über seine Veröffentlichungen, Mitarbeiten an anderen Bänden und eine Übersicht der Themen der einzelnen Bände der Serie „Aus Urkunden und Chroniken“ erhält. Das Ortsnamenverzeichnis der deutschen Benennungen mit den entsprechenden rumänischen Namen schließt den Band ab der unter sehr guten drucktechnischen Voraussetzungen und auch reich illustriert von dem Kronstädter aldus Verlag, Inhaberin Astrid Hermel, herausgebracht wurde. Doch muss erneut die unermüdliche Arbeit hervorgehoben werden die Gernot Nussbächer zur Erforschung der Vergangenheit der Geschichte Siebenbürgens leistet. Sie wird immer wieder in neuen Veröffentlichungen den Lesern und Forschern zugänglich gemacht und erleichtert dadurch deren Arbeit beträchtlich, da er diese schriftlichen Nachschlagwerke zur Verfügung stellt. Der Historiker ist auch ständig bemüht neue Quellen zu erschließen, wie er das auch heuer tut, in dem Jahr in dem 775 Jahre seit der ersten urkundlichen Erwähnung von Kronstadt begangen werden. Durch das Erscheinen dieses neunten Bandes wurde ein weiterer wichtiger Baustein zur Geschichtsschreibung getan.
Dieter Drotleff
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