Sein Zuhause hier gefunden
04.08.11
In Deutschland geboren, in Namibia lange gelebt, in Kronstadt ansässig geworden. Peter Arnold Hann hat vieles zu erzählen.
Seit Monaten gehört Peter Arnold Hann schon fast zu unserem täglichen Gast in der Redaktion der „Karpatenrundschau“ und Lokalvertretung der ADZ in der Goldschmiedgasse (M. Sadoveanu-Straße) von Kronstadt. Seit Oktober 2010 weilt er in Rumänien. Auf der Suche nach der deutschsprachigen Zeitung von der er gehört hatte, diese aber nicht im Freiverkauf fand, versuchte er es auch in der Redaktion. Seither, auch wenn er einige Tage aus der Stadt unter der Zinne fehlt, die ihm sehr ans Herzen gewachsen ist, beantragt er die in der Zwischenzeit erschienen Ausgaben, die er nicht nur eingehend liest, sondern gelegentlich die für ihn wichtigen Passagen mit dem Stift unterzeichnet und in seine Dokumentation legt. Verständlich somit, dass man gegenseitig neugierig auf einander wurde. Zu dem war er in den 22 Jahren, die er in Namibia gelebt hat, auch journalistisch aktiv, als Außenmitarbeiter der dort erscheinenden ältesten deutschen Publikation Afrikas, die „Allgemeine Zeitung“, und des deutschsprachigen Rundfunks seitens der Hörerinitiative.
Obwohl er 1946 in Deutschland, in Gelsenkirchen geboren wurde, hat er stets ein großes Interesse an der Heimat seiner Mutter gehabt. Geschichte, Brauchtum, Sitten Siebenbürgens sind ihm sehr vertraut und führten dazu, Sammler alter Landkarten Transsilvaniens (und nicht nur) zu werden. Die älteste Originalkarte die er besitzt, stammt aus dem Jahre 1566. Und seine in Kronstadt in der Katharinen-Gasse bezogene Wohnung, hat er mit Ansichten von Kirchenburgen Siebenbürgens geschmückt. Doch lassen wir Peter Hann selbst zu Wort kommen, so wie er es jedes Mal bei seinen Besuchen in der Redaktion tut.
Die Mutter die aus Deutsch-Weißkirch im Repser Gebiet stammte, hatte einen Arbeitsplatz bei einer gut betuchten Familie in Bukarest gefunden. Von da kam auch der Rat in den Wirren des Krieges, sich eine bessere Zukunft zu sichern. 1944 zog sie nach Wien, wo sie auch ihren Ehegatten kennen lernte, und von da weiter nach Deutschland ins Ruhrgebiet. So entkam sie der Deportation nach Russland, nicht aber auch zwei ihrer Schwestern in der Heimat. Um sie scharten sich später mehrere Weißkircherinnen die über ihr Heimatdorf sprachen, Erinnerungen austauschten, wobei sie in ihrem Kopf nur den Gedanken hatten: „Wir gehen nach Hause“. Somit war das Zuhause Deutsch-Weißkirch/Viscri auch in der Fremde als Ziel geblieben.
Als Kind war Peter Zeuge dieser Gedanken und Aussprachen, lernte natürlich Sächsisch verstehen, nicht auch sprechen. Die Schule besuchte er in Gelsenkirchen und ging in die kaufmännische Lehre bei Karstadt. In den da verbrachten 27 Jahren u.a. in Zelle, Limburg, Karlsruhe, Neu-Münster, Ludwigsburg, Essen, wo er schließlich im Zentraleinkauf tätig war, ist er alle Stufen durchgegangen. Spezialisiert hatte er sich besonders auf den Handel mit Porzellan- und Glaswaren sowie mit Bildern, und eignete sich somit auch viele Kunstkenntnisse an. Den ersten Besuch in Rumänien machte er 1963 - er erinnert sich auch heute, wie er im Nobelhotel Aro-Palace zwölf Tage wohnte und dabei auch Kronstadt kennen lernte. Es folgten jährliche Besuche, vor allem in Deutsch-Weißkirch, wo die Großmutter und eine Tante, eine weitere in Reps und ein Onkel in Ziedt/Veseud lebten. „Wir Deutsch-Weißkircher sind etwas schwierig, vielleicht auch durch die Abgeschiedenheit. Hier wurden längere Zeit die Trachten getragen als sonst wo“, betont heute Peter Hann der zu den Wurzeln seiner Vorfahren zurückgefunden hat.
Und plötzlich machte er Schluss und wollte in den „Busch“ ziehen, wie er seinem überraschten Arbeitgeber von Karstadt erklärte, nachdem er zwei Mal in Namibia auf Besuch geweilt hatte. In der Hauptstadt Windhuk eröffnete er sich einen Laden, zehn Jahre war er selbständig da. Begeistert war er hier von der Kreativität und dem Zusammenhalt der in Namibia lebenden großen deutschen Gemeinschaft und somit ist es nicht verwunderlich, wenn er immer wieder Vergleiche zwischen dieser und den Siebenbürger Sachsen macht. Zwischendurch hatte er ein Jahr auch in Spanien verbracht.
„Ich bin nicht ein Mensch der besitzen, sondern der bewahren will“ ist ein Leitgedanke, den er von seiner Großmutter regelrecht geerbt hat. So machte er Schluss in Namibia (Südwestafrika) und kam vergangenen Herbst nach Siebenbürgen, in die Heimat, wie er betont. Für ihn sind Deutschland oder Namibia kein Zuhause mehr. Seine Absicht war, das Elternhaus der Mutter in Deutsch-Weißkirch zu restaurieren und darin zu leben, als lebendige Begegnungsstätte zu bewahren. Erbschaftsansprüche ermöglichten dieses nicht, so wurde es an die Stiftung „Mihai Eminescu Trust“ verkauft. Seinen Erlösanteil stellt er für die Friedhofspflege und Treppenreparatur am Glockenturm zu Verfügung. Somit entschloss er sich für Kronstadt als Wohnsitz, wo er auch andere Möglichkeiten findet, am Leben der deutschen Gemeinschaft, am Kulturleben allgemein teilzunehmen, auch wenn er selbst vorläufig diesbezüglich noch nicht viel getan hat, wie er zugibt. Anderseits muss man sich auch bewusst sein, „wenn man als Minderheit in der Mehrheit lebt, müssen wir trachten uns nicht zu isolieren“.
Dieter Drotleff
Peter Hann bei der Zeitungslektüre.
Foto: der Verfasser
Die Kronstädter Wochenschrift "Karpatenrundschau" erscheint als Beilage in der "Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien".
Herausgeber: Demokratisches Forum der Deutschen im Kreis Kronstadt
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Redaktuere:Ralf Sudrigian, Hans Butmaloiu, Christine Chiriac (Redakteurin, 2009-2014), Dieter Drotleff (Redaktionsleiter 1989 - 2007)
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