Statue von Alexandru und Ioan Lapedatu enthüllt
21.11.19
Die Zwillingsbrüder waren bedeutende Kulturschaffende und Politiker des 19. Jahrhunderts
In festlichem Rahmen und doch nicht viel Aufsehen erregend, wurde im Gheorghe-Dima-Park vor dem Andrei-Saguna-Kolleg das Standbild der Zwillingsbrüder Alexandru I. Lapedatu und Ioan I. Lapedatu enthüllt. Die vom Bildhauer Ion Bolborea geschaffene, im Freien stehende Skulptur der Parkanlage, bereichert das Stadtbild, das nicht viel an derartigen Werken bieten kann. Zu den bekanntesten Statuen gehören sicher das Denkmal des Reformators und Humanisten Johannes Honterus, das neben dem Theater befindliche Standbild von Andrei Muresanu, vor der Kreisbibliothek die Statue von George Baritiu, dessen Namen die Institution auch trägt, die Büste des Komponisten Ciprian Porumbescu am Eingang zu dem Park, wo die neue Statue enthüllt worden ist. Bis nächstes Jahr soll voraussichtlich ein Denkmal in Erinnerung des Aufstandes der Lastkraftwagenbauer vom 15. November 1987 vor dem Kreiskrankenhaus an Stelle des jetzigen Marterl stehen, ein Werk ebenfalls vom Bildhauer Ion Bolborea, der für seine Kunstwerke in Bukarest u.a. neben der Nationaltheater und dem umstrittenen Kartoffel-Denkmal am Platz der Revolution bekannt wurde. Und nun besteht die Absicht seitens des Kronstädter Bürgermeisteramte, auch ein Denkmal Königin Maria zu widmen, dessen Platz vor dem Gebäude des Hauptpostamtes stehen soll, wo in den fünfziger Jahren das Standbild des sowjetischen Diktator Stalin, nach dem die Stadt auch wenige Jahre benannt worden war, das Umfeld beherrschte.
Doch wer sind die Zwillingsbrüder denen das Standbild gewidmet wurde und welches sind ihre Verdienste? Geboren wurden die beiden 1876 in Cernatu, Teil der heutigen Stadt Sacele. Nach Besuch der Schule in ihrem Geburtsort hat Alexandru Medizin in Jassy studiert, anschließend Philologie und Philosophie in Bukarest, erwarb die Lizenz in Geschichte und Erdkunde. Noch während der Studienzeit erhielt er den Preis der Bukarester Universität für seine Arbeit „Die Geschichte der Zünfte bei den Rumänen“. 1904 wurde er Sekretär der Kommission für Baudenkmäler. Als Anerkennung seiner wissenschaftlichen Tätigkeit wurde zum Mitglied der Rumänischen Akademie ernannt. Mehrere seiner Arbeiten sind rumänischen Fürsten gewidmet. Im Herbst 1918 wurde er Berater für geschichtliche und ethnographische Fragen der rumänischen Delegation bei der Friedenskonferenz von Paris. 1920 gründete er in Klausenburg gemeinsam mit Ioan Lupas das Institut für Nationale Geschichte. 1923 erfolgte seine Ernennung als Kulturminister, und 1935 als Vorsitzender der Rumänischen Akademie. In den kommunistischen Nachkriegsjahren wurde er verhaftet und kam ins Gefängnis von Sighetul Marmatiei, wo er 1950 starb.
Sein Bruder Ioan I. Lapedatu hat die Real– und Höhere Handelsschule in Kronstadt besucht. Von 1898 – 1904 studierte er in Budapest. 1905 nahm er an der Organisation der Ethnographie- und Geschichtsausstellung in Hermannstadt, an der Gründung des Museums des rumänischen Kulturvereins ASTRA teil. Er wurde mit der Leitung der Siebenbürgischen-Bank aus Broos und der der Versicherungsgesellschaft in Hermannstadt jeweils als Direktor beauftragt. Am 1. Dezember 1918 beteiligte er sich an der Großen Nationalversammlung von Karlsburg. Ab 1. Januar 1922 wurde er Professor an der Höheren Handels- und Industrieakademie von Klausenburg, 1928 wurde er zum Direktor der Nationalbank gewählt und zum Ehrenmitglied der Rumänischen Akademie. Er starb 1951, ein Jahr nach seinem Bruder. Beide fanden schließlich ihre letzte Ruhe auf dem orthodoxen Friedhof Groaveri in der Kronstädter Schützenwiesen-Gasse.
Beide haben eine entscheidende Rolle bei der Vereinigung Siebenbürgens mit Rumänien gespielt, was auf den Sockel des nun enthüllten Denkmals, vom Historiker Ioan Opris auch festgehalten wurde: „Die Zwillinge Lapedatu, sind durch ihr Leben und Werk, hervorragende Persönlichkeiten der Generation der Großen Vereinigung“. Opris widmet sich seit Jahren der Geschichte und der Persönlichkeiten der Vereinigung von 1. Dezember 1918.
Die Initiative zur Errichtung diese Denkmales ging von der Stiftung Lapedatu aus, die von Nachkommen dieser Persönlichkeiten in Leben gerufen wurde. „Es war ein Versuch, diese beiden außergewöhnlichen Persönlichkeiten ihrer Zeit zu ehren, aber auch den Kronstädtern und den Schülern des Andrei-Saguna-Kolleg die Möglichkeit zu bieten ihr Wissen zu ergänzen, denn viele wissen es nicht, dass die Brüder Lapedatu nicht nur Kronstädter sondern auch Schüler dieses Kolleg waren“ betonte Andreas Wild, stellvertretender Vorsitzender der Lapedatu-Stiftung. Vor der feierlichen Enthüllung am Freitag, dem 8. November, fand in der Aula des [aguna-Kolleg eine wissenschaftliche Tagung statt, bei der das Leben und Schaffen der beiden geehrten Persönlichkeiten gewürdigt wurde. Univ.-Prof. Dr. Ioan Opris, der bisher mehrere wissenschaftliche Arbeiten den Brüdern Lapedatu gewidmet hat, der Historiker Mircea Musat seitens der Nationalbank Rumäniens, Akademiemitglied Dr. Razvan Theodorescu ehemaliger Generaldirektor der Rumänischen Fernsehgesellschaft (TVR) und Kulturminister, die Schriftstellerin Ana Blandiana, Gründerin und Vorsitzende der Stiftung Alianta Civica, Initiatorin der Gedenkstätte von Sighet, dem einzigen Museum landesweit das in einem ehemaligen Gefängnis eröffnet worden ist, sprachen vor den Teilnehmern. Zahlreiche Kulturvertreter aus mehreren Landesteilen, Vertreter des ASTRA-Kulturvereins, Lehrer und Schüler des [aguna-Kollegs beteiligten sich an der Tagung wie auch an der anschließenden Enthüllung des Denkmales. Dieses stellt die in Bronze gegossenen Gestalten der beiden Persönlichkeiten dar. Das Standbild hat eine Gesamthöhe von 3,5 m, und dem Sockel. Errichtet wurde dieses unter der Schirmherrschaft der Rumänischen Akademie der Wissenschaften, der Nationalbank Rumäniens (BNR) und des Kronstädter Bürgermeisteramtes.
Dieter Drotleff
Die kürzlich enthüllte Statue der Brüder Lapedatu auf der Wagner-Zeile ist ein Werk des Bildhauers Ion Bolborea. Foto: der Verfasser
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