Streng wissenschaftlich und germanistisch über Humor
13.05.10
Zwei neue germanistische Bücher im aldus-Verlag erschienen (I) / Von Prof. Dr. Mariana Lazarescu
Seit mindestens einem Jahr scheint uns ein Schlagwort tagtäglich, in all unseren Tätigkeiten zu verfolgen: die Krise. Sie ist allgegenwärtig, ein unerwünschter Gast in der Welt und auch bei uns. Die Krise scheint aber die Germanistik in Rumänien nicht allzu stark zu beeinflussen. Germanistinnen und Germanisten haben ihre Beschäftigungen, die jenseits von Geld und Böse stehen. Sie unterrichten, sie forschen, sie lehren, sie prüfen, sie lesen, sie korrigieren, sie leiten Projekte an, sie veröffentlichen usw. Sie haben oft keine Zeit zu essen, zu schlafen, spazieren zu gehen, aber sie leisten einiges auf geistigem Gebiet. Zwei dieser Leistungen sind die vor kurzem im aldus-Verlag erschienenen Buchveröffentlichungen, die im Folgenden vorgestellt werden.
Es handelt sich in erster Linie um den 316 Seiten starken XII. Tagungsband Kronstädter Beiträge zur germanistischen Forschung, erschienen in der Reihe Academica 12 im aldus-Verlag Er enthält Beiträge, Aufsätze und Studien, die voriges Jahr auf der Arbeitstagung der Kronstädter Germanistik vorgetragen wurden. Das Thema war „Lach-Geschichte(n). Humor und seine Spielarten in der deutschen Sprache und Literatur“ und so lautet auch der Titel des Bandes. Organisiert wurde die XII. Arbeitstagung zwischen dem 26. und 29. März 2009 von der Germanistikabteilung des Lehrstuhls für Fremdsprachen und Literatur an der „Transilvania“-Universität Kronstadt in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft der Germanisten Rumäniens (Zweigstelle Kronstadt). Das Erscheinen dieses Bandes wäre ohne den unermüdlichen Einsatz von Carmen Elisabeth Puchianu nicht möglich gewesen. Sie veranstaltete in diesem Jahr schon zum XIII. Mal eine germanistische Arbeitstagung, die landesweit und sogar im Ausland bekannt und geschätzt ist. Sie schafft es in jedem Jahr, die Geldgeber für die Tagungsorganisation und für die Publikation des Tagungsbandes zu finden, was heutzutage eine mindestens so große Leistung wie das Verfassen von wissenschaftlichen Aufsätzen ist. Es ist für die Germanistinnen und Germanisten zur Gepflogenheit und Selbstverständlichkeit geworden, jedes Jahr vor oder nach Ostern in die Stadt am Fuße der Zinne einzukehren und hier zu tagen. Es ist eine Art Frühlingserwachen, könnte man sagen. Es erwartet sie jedes Mal eine kompetente und geistreiche Gastgeberin mit ihrem Team, die sie mit leiblicher und geistiger Nahrung, mit Wissenschaft und Theater gut versorgen. Carmen Puchianu versteht es nämlich, Provinz und weite Welt geschickt zu verbinden.
Dem Inhaltsverzeichnis des Bandes ist eine Vielfalt von Beiträgen aus den Bereichen Literatur, Sprache und Didaktik rund um das Thema des Lachens zu entnehmen. Referiert wurde streng wissenschaftlich und germanistisch über Humor, Ironie, Witz, Schwank, Parodie, Komik, über Lachen literarisch, linguistisch und didaktisch, über „Lachen menschlich und sprachlich“. Fragestellungen wie z.B. „Haben die Deutschen Humor oder sind sie zum Lachen“ klingen bekannt, denn alle Deutschlehrer beschäftigen sich mit Klischees und Stereotypen. Tragik kann zum Lachen herausfordern, Theoretiker behaupteten, das Spektrum des Lachens spielt sich zwischen Sinnlichkeit und intellektueller Leistung des Formgebens ab. Aus dem Band konnte ein Beitrag über den politischen Witz der sozialistischen Gesellschaft nicht fehlen. Der Kommunismus war eine Maschine zur antikommunistischen Witzproduktion und das Lachen hatte eine befreiende Wirkung, nach der Wende büßte der politische Witz seine Würze ein. Das verkehrte Auge oder die Ästhetik der Parodie ist tief im menschlichen Geist und in seiner Wahrnehmung der Wirklichkeit verwurzelt, liest man in einem weiteren Beitrag. Wortspiel und Komik ergeben Sprachwitz, der oft unübersetzbar ist. Witze, die durch Verstoß gegen den Common-Sense oder das Kontextwissen produziert werden, sind einfacher zu übersetzen. Aber Lachen ist ein angeborenes Ausdrucksverfahren des Menschen, es ist die natürliche Reaktion auf etwas als lustig, erheiternd oder komisch Empfundenes, ein „Phänomen der Abfuhr seelischer Erregung“, um mit Freud zu sprechen. Das Lachen kann sogar den Tod bewirken, wie Nietzsche meinte: „Nicht durch Zorn, sondern durch Lachen tötet man.“ Lachen ist möglich auch beim Lesen eines Krimis und man kann es mit textlinguistischen Mitteln erfassen. Wenn man an die Redewendungen in der deutschen Umgangssprache denkt, dann vergeht einem das Lachen, so viele sind es. Außer den Arbeiten, die das Thema Humor und Lachen oder Witz in der Werbung, Wirkung des ironischen Schreibens u.v.m behandeln, gibt es Beiträge über Projekte zur Förderung von Zwei- und Mehrsprachigkeit, über die Darstellung der Gewalt in der deutschen Phraseologie, Notizentechnik im Konsekutivdolmetschen. Lach-Geschichten können im DaF-Unterricht erfolgreich verwendet werden, erfahren wir weiterhin. Man könnte noch viele Facetten und Nuancen aufzählen, die das Phänomen des Lachens kennzeichnen und in den Beiträgen ausführlich behandelt wurden. Der Band bringt zum ersten Mal eine Auswahl von Rezensionen, deren Gegenstand Bücher rumäniendeutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller bzw. Germanistinnen und Germanisten aus dem In- und Ausland darstellen. Beabsichtigt wird die Reihe in naher Zukunft auch als Online-Publikation zugänglich zu machen. An dieser Stelle sei allen Referentinnen und Referenten für ihre Beiträge gedankt, denn „ridendo castigat mores“, pflegten die alten Römer zu sagen und ihnen muss man glauben.
(Fortsetzung folgt)
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