Umstellungen beim Törzburger Schloss
17.06.10
Nicht alles soll sich um Dracula drehen
Seit dem 1. Juni 2009 befindet sich das Törzburger Schloss wieder im Besitz seiner rechtmäßigen Erben: der Erzherzog Dominik von Habsburg und seine Schwestern. Die Befürchtungen, dass das Schloss für den Publikumsbesuch geschlossen wird, erwiesen sich als ungerechtfertigt. Bei der zweiten Konferenz für Hotellerie und Tourismus, die der Deutsche Wirtschaftsklub Kronstadt am 3. und 4. Juni im Kronstädter Aro-Palace-Hotel mitveranstaltet hat, stellten Dominik von Habsburg und der Generalmanager des Schlosses, Alexandru Priscu, ein neues Konzept für diese erstrangige touristische Sehenswürdigkeit vor.
„Draculas Schloss“ - unter diesem „Markenname“ lockt das Törzburger Schloss nach wie vor, vor allem im Sommer, zahlreiche Touristen aus aller Welt nach Törzburg/Bran. Laut Priscu sind es rund 500.000 im Vorjahr gewesen. Das Peles-Schloss in Sinaia kam vergleichsweise auf 300.000 Besucher. Dracula sei der große Förderer, sagt Dominik von Habsburg (siehe Kurzgespräch). Die große Besucherzahl bringt auch Probleme mit sich, weil das Schlossareal nicht sehr groß ist und dem Touristenansturm nur schwer standhalten kann. Um die Schlangen bei der Eintrittskasse zu mindern, denkt Priscu daran, per Handy-Kurzmitteilung (SMS) eine moderne zeitsparende Zahlungsmöglichkeit anzubieten. An dem Schloss gewinnen nicht nur die Eigentümer, sondern die ganze Ortschaft, die Region und auch das ganze Land.
Aber nicht alles soll Dracula im Mittelpunkt haben. Die Eintrittskarte zum Schloss soll die Möglichkeit bieten, einen Einblick in die Geschichte und die Kunst Rumäniens zu gewinnen und das nicht nur auf das Mittelalter beschränkt. Besser zum Zug soll der „smarte“ Teil des Dracula-Mythos gelangen – also nicht nur Gruselgeschichten um blutsaugende Vampire, einen untoten Grafen und bleiche Fräulein. Das Schloss auf dem Bergfelsen mit seinem knarrenden Fußboden und Türen im Dämmerlicht zu erleben, ist bereits jetzt auch für kleinere Gruppen möglich – in einer Nachtrunde die freitags, 23.45 Uhr, startet. Das Umfeld, die Atmosphäre spricht schon allein für sich und bietet sich für solche Aktionen an, sagt Priscu. Er weist auch auf andere Angebote , die sich nach dem Prinzip „Qualität, nicht Quantität“ richten. Einem Paar ein Schloss für ein Abendessen zur Verfügung zu stellen - Romantischeres gibt es kaum – selbstverständlich für Leute die dafür, vielleicht einmal im Leben, auch bereit sind, tief in die Tasche zu greifen. Der schöne Innenhof soll bereits in diesem Sommer für kurze Theateraufführungen eine malerische Kulisse sein. Weil aber nur rund 50 Zuschauer da Platz finden, haben solche Aufführungen auch eine exquisite Note. Wöchentlich oder einmal in zwei Wochen sind solche Darbietungen geplant – je nach Nachfrage. Vor dem Schloss könnte ein mittelalterlicher Spielplatz eingerichtet werden, das Teehaus der Königin Maria soll wieder eröffnet werden, der alte Verwaltungssitz und ein Haus der Prinzessin Ileana (Dominiks Mutter) könnten einen Komplex bilden, wo Dracula nichts verloren hat. Zuviel Mittelalter, so Priscu, wäre kontraproduktiv. Es sei bereits zur Mode geworden mittelalterliche Festspiele zu organisieren, mit Rittern, Hexen und Gauklern – so dass verschiedene Städte und Orte sich gegenseitig Touristen abspannen. Törzburg/Bran will das bieten, was es einmalig macht: das Schloss, die Landschaft, die Königin Maria, die lokale Volkskunst. Das Schloss soll nicht abgekoppelt sein vom Umfeld. So könnten dann auch die Touristen nicht nur einige Stunden, sondern einige Tage in der Ortschaft bleiben. Bran/Törzburg habe das Potential für Alternativen, ist sich Pri{cu sicher. Stadteinwohner kommen nicht nach Törzburg um ihre Freizeit in Restaurants und Clubs zu verbringen. Sie wollen aus der Großstadt in die Natur flüchten, wandern, grillen, Heuduft schnuppern, das Leben am Land genießen.
Die Umstellung vom staatlichen Museumsbetrieb auf Management eines Baudenkmals im Privatbesitz (hierzulande noch eine Seltenheit) war nicht einfach. Das Kulturministerium hat bekanntlich sämtliche Kollektionen die im Staatsbesitz waren aus dem Schloss geräumt. In 45 Tagen musste alles neu ausgestattet werden mit Sammlungen aus dem Besitz der Familie von Habsburg. Ein Großteil des Personals wurde behalten, musste aber umdenken lernen. „Das Lächeln gehört zum Beruf, wenn man mit Touristen arbeitet“, sagt Priscu. Ohne gute Beziehungen zu den Lokalbehörden könne man im Alleingang wenig erreichen. Beim Schloss gäbe es noch vieles zu verbessern; die Betriebskosten seien hoch; vom Profit müsse vieles reinvestiert werden. Mit der Befürchtung, das Geld könne ins Ausland geschafft werden und nicht in der Region bleiben, liege man völlig daneben.
R. Sudrigian
Die Törzburg ist weltweit als „Dracula Castle“ bekannt.
Foto:Hans Butmaloiu
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