Unter einem guten Stern gelebt
24.03.11
Ansprechendes, abendfüllendes Programm anlässlich des 150. Geburtsjubiläums des Komponisten Rudolf Lassel
Dem am 15. März 1861 in Kronstadt geborenen Komponisten, Organisten, Chordirigenten, Musikpädagogen Rudolf Lassel wurde ein abendfüllendes Programm genau am Stichtag seiner Geburt gewidmet, gestaltet von mehreren Musikformationen und Solisten das bestens bei den anwesenden Musikfreunden angekommen ist. Hauptinitiator war ebenfalls ein Kronstädter junger, vielseitiger Musiker, Steffen Schlandt, der nur wenige Tage davor seine Dissertation an der Musikakademie von Klausenburg verteidigte und nun den Titel als Doktor der Musikwissenschaften durch Fleiß und Begabung erlangt hat. Seine bisherige Erfahrung in der Organisierung der jährlichen Musikreihe Diletto Musicale in Tartlau, der Musica Coronenis in Kronstadt, lässt bei Steffen Schlandt immer neue Ideen zur Gestaltung musikalischer Veranstaltungen aufkommen die bei den Musikfreunden Anerkennung finden. So auch im Falle der Rudolf Lassel-Feier in der er dessen Leben und Schaffen präsentierte, wobei er betonte, dass in Kronstadt viele Musiker gelebt haben, doch nur wenige unter einem so guten Stern. Seine Power-Point-Präsentation wurde von acht musikalischen Einlagen begleitet um so dem Publikum ein Teil des Werkes Rudolf Lassels in Erinnerung zu bringen und zu genießen. Die eigene vielseitige musikalische Ausbildung von Steffen Schlandt kam an diesem Abend wieder zum Ausdruck: als Referent, Interpret, Chordirigent. Gefühlvoll interpretierte er am Klavier den Jugendidyll-Walzer den Lassel im Alter von 16 Jahren, als „lebensfroher Knabe“ komponiert hat.
Nach dem Studium in Leipzig, anschließend kurzweilig als Gesanglehrer in Kronstadt und dann in Bistritz, erhält Rudolf Lassel 1887, die Organistenstelle in der Schwarzen Kirche. Zum ersten Mal belegt eine Person gleichzeitig die Stelle als Organist und auch als Kantor. Steffen Schlandt bot Aufschluss über die Organisten und Kantoren bis zu Lassel. Zwischendurch interpretierte der Canzonetta-Jugendchor, bestehend aus Schülern der Honterusschule, „Ein kleines Lied“ wobei Chorleiterin Ingeborg Acker auch als Solistin auftrat nachdem die geladene Sängerin erkrankt war. Die Klavierbegleitung sicherte wieder Steffen Schlandt. Anschließend unterstrich der Referent einige weitere Aspekte aus dem Schaffen Lassels. Er war es der 1900 das Chorbuch der evangelischen Landeskirche vereinigte. 1912 organisierte er ein Konzert zum Gedenken an die Opfer der Titanic, 1917 spielte er auf der Orgel der Schwarzen Kirche anlässlich des Besuches von Kaiser Wilhelm. 1907 wurde zum ersten Mal unter seiner Anleitung eine Bachkantate in Kronstadt aufgeführt. Zum rumänischen Königshaus hatte er auch gute Beziehungen und spielte mehrmals im Schloss Peles. Es war auch der Augenblick des Abends an dem der Bachchor „Die Betglocke“ gekonnt interpretierte. Rudolf Lassel hatte 1894 den Schülerkirchenchor gegründet der dann unter seiner Leitung gemeinsam mit dem Männergesangverein bei verschiedenen Festlichkeiten auftrat.
In der Aula der Honterusschule war nun ein weiterer musikalischer Höhepunkt eingeschaltet worden. Ein Streichquartett bestehend aus Elena Cristian, Valentin und Oana Jeinov, Alexandra Enache interpretierten gefühlvoll das „Quartett in B Dur“. Leider sind Werke von Lassel auch verschollen. Doch die erhaltenen zeugen von einer einfühlenden Musikalität wie in „Amor im Pensionat“ ein Singspiel – nach einem Text von Julius Römer - für Frauenstimmen und Klavier an dem dieses Mal Eckart Schlandt die Begleitung sicherte. Die guten Stimmen, zum Teil auch als Soloparts, die rhythmische Aufführung zeigte auch, dass der Bachchor über guten Nachwuchs verfügt, was durch die Qualität der Stimmen hervorging.
Dass ein Kantor Polkas, Walzer, fröhliche Musik komponiert war auch nicht etwas Alltägliches. Doch der Tod seines Sohnes Erwin der 1915 im Krieg gefallen war, konnte von dem Komponisten niemals überwunden werden. Er sah in diesem einen Nachfolger seiner Tätigkeit, doch sollte es anderes kommen. Ein Großteil der Familie Lassel – allein in der Gruft am Innerstädtischen Friedhof von Kronstadt sind 30 Angehörige beigesetzt - war musikalisch begabt. Rudolf Lassel starb im Januar 1918 an den Folgen einer Lungenentzündung. Ingeborg Acker, mit ihrer aussagekräftigen Altstimme, begleitet von Steffen Schlandt am Klavier, interpretierte das Lied von Helene Lassel „Banger Abend“ das diese ihrem Bruder Rudolf gewidmet hatte. Von ihr sind vier Lieder hinterlassen geblieben deren Partituren durch Zufall in der Vorbereitung dieses Abends gefunden wurden. Einen krönenden Abschluss fand der Abend durch den mit dem Jugendbachchor vereinigten Bachchor, geleitet von Steffen Schlandt der auch am Klavier begleitete, mit der Interpretierung der Lieder „Laß dich nur ja nichts dauern mit Trauern“ und „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser“.
Werke von Rudolf Lassel werden weiterhin im Repertoire dieser Chorformationen nicht nur in diesem Jubiläumsjahr zu hören sein. Und, wie Steffen Schlandt ankündigte, wird heuer auch ein Heft mit allen Chorwerken von Rudolf Lassel herausgebracht werden. An dem C- Gebäude der Honterus-Schule in dem der Komponist seine letzte Lebenszeit verbrachte, wird eine Gedenktafel enthüllt werden. Über Leben und Schaffen des Kronstädter Musikers können die Bücher von Wolfgang Sand „Rudolf Lassel“ und von Egon Hajek „Die Musik“ als sehr aufschlussreiche biographische Arbeiten eingesehen werden.
Es war ein schöner in Erinnerung bleibender Abend, gewidmet einem der populärsten Kronstädter Musiker, ein Abend zu dessen Gelingen die ganze Familie Schlandt wesentlich beigetragen hat und dafür gebührende Anerkennung verdient. Die Ambiente der Aula der Honterus-Schule war die geeignete Stelle dieser Veranstaltung, dafür gilt auch der Schulleitung besonderer Dank.
Dieter Drotleff
Foto 1:
Über Leben und Schaffen von Rudolf Lassel sprach gut dokumentiert, Steffen Schlandt als Musikwissenschaftler.
Foto 2:
Der Canzonetta-Schülerchor geleitet von Ingeborg Acker, wobei diese auch den Solopart bestritt, erregt Aufsehen bei jedem Auftritt.
Foto 3:
Reichen Applaus erhielt das Kronstädter Streichquartett nach der Interpretierung des Quartett in B Dur von Rudolf Lassel.
Foto 4:
Das Singspiel für Frauenstimmen und Klavier „Amor im Pensionat“ zeugte vom Können der Interpreten, von deren Freude an der Musik.
Fotos: der Verfasser
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